Traveler - das Finale
eröffnet. Seine beiden besten Schüler, Marco Martinez und Tommy Wu, hatten den auf die Schaufensterscheibe gemalten Schriftzug nicht verändert, aber zusätzlich auf dem Erdstreifen neben dem Gehweg ein Schild aufgestellt. Auf dem Schild waren vier junge Männer abgebildet – ein Schwarzer, ein Weißer, ein Latino, ein Asiate – die bei verschiedenen Capoeira-Übungen in der Luft schwebten. DENKE
NACH. FÜHLE. SEI AUTHENTISCH, stand darunter. VERTEIDIGE DICH!
»Müssen wir einbrechen?«, fragte Gabriel.
»Ich hatte früher einen Schlüssel für Notfälle versteckt. Vielleicht gibt es ihn noch.«
Neben dem Studioeingang stand ein Kaktus in einer Terracottaschale. Priest wühlte in der Erde, bis seine Finger gegen eine Steinattrappe stießen. Er klappte sie auf, holte einen Schlüssel heraus, schloss die Tür auf und führte Gabriel in den Eingangsbereich der Schule.
Die Glasvitrine mit den zahlreichen Karate- und Capoeira-Pokalen stand noch, aber man hatte sie durch einen zweiten Schaukasten ergänzt. An der Wand darüber hing ein gerahmtes Foto des Studiogründers, und darunter war zu lesen: Hollis Wilson. Unser Lehrer. Unser Meister. Unser Anführer. Unter dem Foto stand ein Regal, auf dem die Leute Votivkerzen, jüngst erworbene Goldmedaillen und zusammengefaltete Briefchen hinterlassen hatten. Priest klappte einen der Zettel auf und las: Der Krieger verlässt sich auf sein Gehirn, um bewusst zu handeln, und auf sein Herz, um seinen Instinkten zu folgen. Er hatte ihnen das gesagt. Vor einer Ewigkeit.
»Das ist neu.«
Gabriel lachte. »Du hattest immer schon ein ziemlich aufgeblasenes Ego. Ich hätte aber nie gedacht, dass du dir einen Altar errichten würdest.«
»Genau das ist es. Ein Altar. Es ist, als wäre ich gestorben.«
»Und nun bekommst du die einmalige Gelegenheit, dein Erbe zu betrachten. Ganz offensichtlich hast du mehr als ein Leben verändert.«
Sie durchquerten zwei Umkleiden und betraten den lang gezogenen, fensterlosen Trainingsraum mit verspiegelter Wand, hinter dem das kleine Büro lag. Irgendjemand hatte ein Regal hineingestellt und das Chaos auf dem Schreibtisch
beseitigt. Während Priest die Webkamera aktivierte und den Computer ans Internet anschloss, rief Gabriel Simon Lumbroso an.
»Wir werden der Welt eine Offenbarung bereiten. Sagen Sie den Gruppen, sie sollen sich bereithalten.«
Gabriel setzte sich an den Schreibtisch und schaltete die Webcam ein. Das Gesicht des Travelers erschien auf dem Monitor, lag aber zur Hälfte im Schatten. Priest knipste sämtliche Lampen im Büro an und richtete die Schreibtischlampe auf Gabriel aus. Als alles bereit war, ging Gabriel ins Internet und rief gleichzeitig per Handy den Nachtfalken in London an.
»Hier spricht dein amerikanischer Freund. Die Zeit für unsere Botschaft ist gekommen. Ich bin auf der Webseite, kannst du mein Gesicht sehen? Wie ist der Ton?« Gabriel ließ das Handy sinken und wandte sich Priest zu. »Ich brauche das Mikrofon aus dem Rucksack. Er sagt, ich sei schlecht zu verstehen.«
»Kein Problem.« Priest verband das Audiokabel mit dem Computer und befestigte das Mikro an Gabriels Hemd.
Gabriel schaltete sein Handy aus und justierte die Schreibtischleuchte nach. »Nun bleibt uns nichts, als zu warten. Ich werde mal hören, was draußen in der Wüste los ist.«
Priest verließ das Büro, ging zum Kühlschrank und nahm zwei Wasserflaschen heraus. Eine davon brachte er Gabriel, und dann lief er unruhig im Trainingsraum auf und ab, wobei er sich im Spiegel beobachtete. Was, wenn Tommy oder Marco morgen Früh ins Studio kamen? Würden sie bemerken, dass jemand hier gewesen war? Er hatte Jahre seines Lebens in diesem Raum zugebracht, um andere zu unterrichten und ihnen den Weg in ein besseres Leben zu zeigen. Und nun hatte Hollis Wilson sich in den Hausheiligen verwandelt, in einen Geist, der über eine neue Generation von Schülern wachte.
Als er das Handy klingeln hörte, eilte er ins Büro zurück.
Gabriel lächelte; er sprach mit Maya. »Das ist wunderbar! Okay. Ich verstehe. Sei vorsichtig, und komm in die Stadt zurück, so schnell du kannst. Ich schicke die Nachricht in fünf Minuten ab.«
Gabriel schaltete das Handy ab und fing an, auf der Tastatur zu tippen. »Die Kinder sind am Leben. Maya wird den zuständigen Sheriff anrufen. Sie wird sich in der Nähe verstecken, bis die Polizei auf dem Bergwerksgelände ist.«
»Was ist mit Doyle?«
»Er ist tot. Und wie es scheint, hat Boone Selbstmord
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