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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut
Autoren: Jobst Schlennstedt
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genutzt.«
    »Das heißt also –«?«
    »Ja«, fiel Birnbaum Andresen ins Wort. »Jemand hat aller Wahrscheinlichkeit nach versucht, die Frauen mit Trichlormethan außer Gefecht zu setzen. Wir müssen zwar, wie gesagt, noch auf die Laborergebnisse warten, um ganz sicher sein zu können. Aber ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich Ihnen rate, schnellstens die Ermittlungen in Gang zu setzen.« Professor Birnbaum setzte eine ernste Miene auf.
    Andresen wunderte sich über Birnbaum. Er musste sich sehr sicher sein, denn normalerweise ließ er sich nicht zu voreiligen Schlussfolgerungen hinreißen.
    Zurück im Polizeipräsidium nahm sich Andresen ein weiteres Mal die Unterlagen über Brigitte Jochimsen vor. Erst nach einigen Minuten entdeckte er zwei Nachrichten, die ihm jemand auf kleinen gelben Zetteln an den Monitor geklebt hatte. Er sollte so schnell wie möglich Roland Ensink zurückrufen. Das konnte vorerst warten. Die andere Nachricht war von Kregel. Offenbar war die heute Morgen gefundene Leiche nun offiziell als Katharina Kock identifiziert worden. Immerhin hatten sie in diesem Punkt jetzt Klarheit.
    Andresen versuchte sich zu vergegenwärtigen, was sie bislang in Erfahrung gebracht hatten.
    Birnbaum hatte ihnen bestätigt, dass die beiden Frauen mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Fremdverschulden zu Tode gekommen waren. Und sie wussten auch, um wen es sich bei den Frauen handelte. Das war aber auch schon alles, was ihnen an Erkenntnissen vorlag.
    Er rief Ida-Marie an und vereinbarte, am nächsten Morgen über Katharina Kock zu reden. Außerdem mussten sie mit ihren Angehörigen sprechen, falls Kregel damit nicht schon begonnen hatte. Er dachte an entscheidende Details, die bislang fehlten und schnell geklärt werden mussten. An den Tatort und das Täterprofil. Und was war überhaupt mit möglichen Zeugen?
    Andresen fühlte sich müde, legte die Akten beiseite und knipste die Schreibtischlampe aus. Eine Sache wollte er noch erledigen, bevor er nach Hause fuhr.
    Als er vor Sibius' Tür stand, war es kurz vor sieben. Er wollte ihn noch einmal auf die Situation mit Wiebke und Ida-Marie ansprechen, wollte nicht auf sich sitzen lassen, was ihm sein Chef vorgeworfen hatte. Er klopfte und trat ein, ohne auf eine Reaktion zu warten.
    Sibius war nicht mehr da. Das Büro war dunkel, der Schreibtisch längst verlassen. Enttäuscht verließ Andresen den Raum und fuhr mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage. Im Auto schaltete er das Radio ein. Es liefen gerade die Sieben-Uhr-Nachrichten.
    Während er auf die Geniner Straße einbog und sich über einige Verkehrsteilnehmer im Kreisverkehr aufregte, hörte er die Stimme der Nachrichtensprecherin:
    »… die achtunddreißigjährige Frau wurde offenbar Opfer eines Gewaltverbrechens.«
    Sofort drehte er das Radio voll auf.
    »Inwieweit dieser Mord mit dem Tod einer vierundsechzigjährigen Frau, die vor zehn Tagen ebenfalls im Lübecker Klughafen gefunden wurde, in Zusammenhang steht, versucht die Polizei derzeit zu klären.«
    Pause.
    »Und zum Abschluss noch das Wetter …«
    Andresen stellte das Radio wieder leiser und unterdrückte einen Fluch.
    Diese Pressemitteilung war nicht abgestimmt worden. Wer zum Teufel hatte das veranlasst? Was sie derzeit am wenigsten gebrauchen konnten, war eine panische Bevölkerung. Oder war es etwa gar nicht veranlasst worden, sondern durch eine undichte Stelle nach außen gesickert? Wie schon einige Male in der Vergangenheit geschehen? Möglicherweise hatten die Medien aber auch einfach nur eins und eins zusammengezählt?
    Er parkte an der Wakenitzmauer und ging die Große Gröpelgrube hoch. Sein kleines Altstadthaus befand sich auf mittlerer Höhe der Straße. Er hatte gern hier gewohnt, mitten in der Altstadt, immer in der Lage, die meisten Dinge zu Fuß erledigen zu können. Selbst der Bürgermeister hatte gleich in der Nachbarschaft gewohnt.
    Als er das Haus damals gekauft hatte, war es kurz zuvor vollständig saniert worden. Er hatte Glück gehabt, die meisten der ihm angebotenen Häuser waren in einem stark renovierungsbedürftigen Zustand gewesen, die tollen Postkartenhäuser Lübecks alle vergeben. Eines Tages war sein Makler dann mit diesem Objekt um die Ecke gekommen. Andresen hatte nicht lange überlegt. Seine Exfrau war sofort begeistert gewesen und Ole, ihr gemeinsamer Sohn, ebenfalls.
    Sie hatten schöne Jahre in dem Haus verlebt. Nach der Scheidung und Ritas Auszug hatte es zwar Tage gegeben, an denen er es am
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