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Traummoerder

Titel: Traummoerder
Autoren: Shane Briant
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schliefen.« Sein Gesicht drückte die reine Verzweiflung aus.
    Mit schier übermenschlicher Anstrengung gelang es Dermot, ein paar Worte zu sprechen. »Phoebe Blasé. Warum sie? Was hat sie gemacht?«
    »Na ja, ich musste einige andere auswählen, verstehst du? Unschuldige Menschen, damit man die Verbindung nicht sofort aufdeckt. Manchmal kann die Polizei nämlich ganz schön clever sein. Phoebe Blasés Tod sollte dir einen zusätzlichen Schrecken einjagen. Aber genau da liegt der Hase im Pfeffer. Während ich immer wieder mordete, wurde ich mir einer bis dahin unbekannten dunklen Seite meines Wesens bewusst. Ich fand es ungeheuer aufregend, Richter über Leben und Tod zu sein.« Er lächelte betrübt. »Möglicherweise haben die Erlebnisse im Irakkrieg einen primitiven Charakterzug in mir zum Leben erweckt. Ich weiß es nicht genau. Als Soldat fand ich anfangs das wahllose Gemetzel abscheulich. Nach wenigen Wochen aber tötete ich ohne Hemmungen und staunte selbst über meine Blutgier. Als ich nach Hause zurückkehrte, hatte ich eine gespaltene Persönlichkeit. Ich konnte von Gut zu Böse umschalten, wann immer ich wollte.«
    Dermot konnte allmählich wieder normal sprechen, aber seine Glieder waren immer noch betäubt.
    »Willst du mich im Gefängnis sterben sehen?«, fragte er.
    Nick sah ihn erstaunt an. »O nein! Ganz bestimmt nicht! Meine Güte, wie begriffsstutzig du heute bist! Ich war derjenige, der die Hinweise, die dir die Freiheit gebracht haben, geliefert hat. Alle Beweise kamen auf die eine oder andere Art von mir. Dann erleichterte mir Detective Kandinski die Sache, indem er fünf der Opfer in Verbindung bringen konnte; der gemeinsame Nenner war die Klinik, in der Giselle starb und die Zwillinge verbrannten.«
    Dermot wusste, dass er nur eine Chance hatte. Er musste dafür sorgen, dass Nick weiter redete, bis Neela Hilfe bringen konnte. »Wie hast du Arnold getötet? Du warst doch bei mir, als er anrief.«
    »Ah! Ja, das war ich. Das heißt, ich war bei dir bis zu der Sekunde, in der du das Haus verlassen hast. Dann setzte ich mich auf mein Motorrad. Ich war schneller als du auf all den Nebenstraßen und Abkürzungen. Das hat ausgezeichnet funktioniert.«
    »Aber wie konnte Arnold …?« Die Anstrengung war fast zu viel für Dermot.
    »Du willst wissen, wie ein Zurückgebliebener zusammenhängende Sätze formulieren kann? Ich musste ihn viele Stunden unterrichten, Dermot. Tage. Ja, Wochen. Und ich hielt ihn mit jeder Menge Bier bei Laune. Wir wurden fast Freunde. Für ihn war ich eine Art Vaterfigur. Diese heisere Stimme war eigentlich seine – ich habe sie nachgeahmt. Wir verbrachten Stunden miteinander und tranken zusammen. Er las die Sätze ab, die ich für ihn geschrieben hatte. Ich trug ihm auf, dass er die Worte ganz unten auf der Seite vorlesen solle, wenn du ihm eine Frage stellst, die er nicht versteht. Es ist wirklich erstaunlich, was man von einem Obdachlosen mit leerem Magen verlangen kann. Ich war sozusagen sein Retter, verstehst du? Er konnte nicht schreiben, nur einigermaßen gut lesen – gut für einen Zehnjährigen, meine ich. Ich musste alles in Druckbuchstaben schreiben. Er hat seine Aufgaben wunderbar erledigt. Er hat sogar ganz artig auf mich auf dem Dach der People’s Bank gewartet. Er rechnete mit einem Kasten Bier – wie gewöhnlich. Aber stattdessen belohnte ich ihn mit der Ewigkeit.« Nick lachte. Dann sah er auf seine Uhr. »Genug geplaudert. Wir müssen los, bevor Neela mit der Kavallerie anrückt.«
    Er schleppte Dermot zurück in den Aufzug und stellte mit dem Schlüssel, den er vorher dem Hausmeister gestohlen hatte, sicher, dass niemand den Lift rufen konnte. Nach zwei Minuten waren sie in der Tiefgarage. Nick trug Dermot zu einem Peugeot 207- schwarz mit getönten Scheiben. Er legte seine Geisel neben dem Auto ab.
    »Ein hübsches Auto, nicht? Dies ist mein Zweitwagen. Es gibt so wenige schöne Autos.« Wieder lachte er. Es war kaum zu übersehen, dass er sich köstlich amüsierte. »Natürlich! Das hätte ich fast vergessen – du fährst ja auch dieses Modell. Sehr praktisch; so konnte ich dafür sorgen, dass du in der Nähe der Tatorte gesehen wurdest.«
    Nick öffnete den Kofferraum und hob Dermot hinein, ohne sich um scharfe Kanten zu kümmern.
    »Eines muss ich dir noch erzählen. Ich beabsichtige, weiterhin das zu tun, was mir so viel Freude bereitet. Ich fürchte, ich bin regelrecht süchtig nach dem Tod. Nenn es Besessenheit, wenn du willst. Ich liebe es,
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