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Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman

Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman

Titel: Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman
Autoren: Maggy Sehl
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danach“, dozierte Vera, eingehüllt in eine widerliche Wolke aufdringlichen Parfüms. Das wusste ich auch. Ganz unerfahren auf diesem Gebiet war ich schließlich nicht. Aber gestern hatte ich ja auch nicht mit einem solchen Endresultat gerechnet.
    „Trinken ist blöd. Du verlierst unzählige Nervenzellen durch Alkohol, und von Bier bekommt man einen Bauch!“, erklärte Nathan naseweis.
    Die Kinder standen auf und verkrümelten sich, Konrad spielte neben dem Tisch mit alten abgenutzten Holzklötzen und baute gigantische Türme, die er immerzu und voller Freude geräuschvoll einriss. Das schmerzte.
    „Wäre es möglich, heute einen freien Tag zu haben, Herr Brügge?“, wollte ich wissen. Ich hatte wohl gestern irgendwas Pelziges zu mir genommen. Meine Zunge fühlte sich seltsam belegt an. So als wären lauter kleine haarige Noppen zurückgeblieben. Mein Kopf summte, der schale Geschmack in meinem Mund wollte nicht weichen. Ich schüttete das Wasser gierig in mich hinein, nahm eine Tablette.
    „Das geht leider nicht. Die Kinder möchten nach Stralsund, und Vera muss kurzfristig, kaum dass sie angekommen, auch schon wieder los. Als Model im vorgerückten Alter muss sie jeden Auftrag annehmen, den sie bekommen kann!“
    Vera boxte lachend mit ihrer geballten Hand gegen den Brustkorb ihres Platznachbarn.
    „Nein, nein, mein Mann rief an und schlug vor, mit mir gemeinsam zwei Wochen in Italien zu verbringen. Was ich selbstverständlich gerne tun werde.“
    Irritiert nahm ich meine Brille ab und schaute auf Vera. Sie war verheiratet?
    In welchen Sündenpfuhl war ich denn da geraten. Besaßen die Leute in diesem Milieu alle kein Schamgefühl? Sexuelle Aufklärung hin oder her, man, was war denn das für ein Sodom und Gomorrha? Brauchten die das für ihre künstlerische Inspiration? Vera schien meine Irritation aufgefallen.
    „Sind Sie schockiert, Antonia?“
    Ich nickte mechanisch. Ja, das war ich.
    „Mein Mann und ich, das ist eine verzwickte Geschichte. Er arbeitet und lebt in Brüssel und ich in Berlin.“
    Sie schnitt ein Stück Camembert, der bereits ein klein wenig geschmolzen war, von der nett arrangierten Käseplatte und schob ihn sich in den Mund. Mein Magen grollte.
    „Außerdem reise ich, bedingt durch meine Arbeit, viel umher. Wir sehen uns nicht allzu regelmäßig.“
    Aha, aber da muss man halt Prioritäten setzen, dachte ich bei mir.
    „Er ist eigentlich mehr mit seiner Arbeit als mit mir verheiratet, verstehen Sie?“
    Und wenn schon. Dann sollte sie sich eben trennen und mit ihrem Freund zusammenziehen. Was war denn Brügge den Kindern für ein Vorbild, wenn er mit jeder verheirateten Frau anbandelte, die ihm zwischen die Finger kam. Der sollte sich doch inzwischen schon längst die Hörner abgestoßen haben und seinem zweiten Frühling sinnsuchend entwachsen sein.
    Rums, Konrads Bauklötzer stürzten um. Ich nahm mir ein weiteres Aspirin.
    „Nein, verstehe ich nicht, geht mich aber auch gar nichts an, Vera!“, nuschelte ich auf der widerlichen Schmerztablette kauend hervor.
    „Bevor Sie sich ihr hübsches Köpfchen zermartern, mein Mann und ich, wir führen eine offene Beziehung.“
    Mein hübsches Köpfchen? Aha. Die beiden konnten mich doch mal kreuzweise. Dies billige abgedroschene Verhalten, das die sogenannten bourgeoisen unkonventionellen Bohemiens hier vor mir an den Tag legten, war echt zum Schreien. Konnten sie sich selber eigentlich ernstnehmen? Was die hier vor mir abzogen, war wie ein inszeniertes Bühnenstück mit dem eigenen Glauben daran, nur so einen kleinen Hauch Besonderheit in das triste Leben zu bringen, sich von den Normalen abzugrenzen. Ich befand mich in einer irritierenden Parallelwelt. Das war so primitiv. Hatten die das echt nötig? Hatte Brügge das nötig? Warum konnten die sich nicht ganz normal spießbürgerlich benehmen?
    Und eigentlich sollten die mich in meinem Kopfschmerz bitte mal allein und in Ruhe lassen, eine Auszeit, auch nur für einen Tag, wäre jetzt eine recht mildtätige Arbeitgebergeste gewesen. Erholung von den Kindern, diesem wilden Pärchen und meinem gescheiterten Liebesleben, das wäre es.
    „Ähm, offene Beziehung, ja.“
    Pass auf, Toni, nichts sagen, was du hinterher bereuen könntest. Ich biss mir auf die bepelzte Zunge. Stattdessen:
    „Ähm, kann ich nicht doch freibekommen? Nur heute?“
    Brügge schaute mich mit einem leicht blasierten Lächeln an und schüttelte den Kopf.
     
    Auf dem Weg nach Stralsund ins Meeresmuseum, die Kinder
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