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Trau niemals einem Callboy! (German Edition)

Trau niemals einem Callboy! (German Edition)

Titel: Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
Autoren: Birgit Kluger
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jemand.
    Mit einem erschreckten Ausruf bleibe ich stehen, als ich den Fremden sehe. Wer ist das? Und vor allem, was hat er hier zu suchen?
    Der Eindringling beachtet mich nicht, was nicht weiter verwunderlich ist, denn er scheint zu schlafen. Sein Kopf liegt in einer seltsamen Position auf der glatt polierten Oberfläche der Theke. Und dann ist da noch etwas …
    Ein dunkler Fleck, der sich deutlich auf seinem hellen Jackett abzeichnet. Ich kenne diese rostrote Farbe, versuche trotzdem, eine plausible Erklärung dafür zu finden. Vielleicht hat er an einer schmutzigen Wand gelehnt und nicht gemerkt, dass er das Kleidungsstück besser in die Wäsche tun sollte. Vielleicht … ist er tot?
    Er sieht aus, als sei er tot. Sehr tot.
     
    Ich mache einen zögerlichen Schritt auf den Mann zu.
    „Geht es Ihnen nicht gut?“ Meine leisen Worte verlassen nur zaghaft meine Lippen; er hat sie bestimmt nicht gehört. Mit einem Räuspern versuche ich es noch einmal. „Hallo? Sind Sie wach?“
    Blöde Frage. Ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der weniger wach aussah. Um nicht zu sagen, noch lebloser. Dann bemerke ich sein Auge. Es blickt starr geradeaus an die Decke, so als sei da oben etwas Faszinierendes zu sehen. So faszinierend, dass er seinen Blick nicht davon losreißen kann.
    Schweißtropfen treten auf meine Stirn. Kalter Schweiß. Mein Herz fängt an zu rasen, und ich merke, wie ich zu hyperventilieren anfange, denn eines ist klar: Meine erste Vermutung war richtig. Der Fremde, der irgendwie in unser Haus eingedrungen ist, ist nicht nur tot. Nein, das traf ihn unfreiwillig. Es sei denn, er hätte selbst ein kreisrundes Loch in die Rückseite seines Jacketts geschnitten. Ein Jackett, das voll Blut ist.
    In dem Versuch, mich zu beruhigen, schließe ich die Augen. Probiere einige tiefe Atemzüge. Keine Chance. Ich bin froh, dass ich es überhaupt schaffe, Luft in meine Lungen zu zwängen. Ich muss die Polizei anrufen. Genau! Nachdem ich damals nicht wegen Körperverletzung eingebuchtet wurde, schaffe ich es dieses Mal vielleicht, wegen Mordes ins Gefängnis zu kommen.
    Allein der Gedanke an ein Verhör führt dazu, dass meine Beine wegknicken wie dürres Laub. Ich kann das nicht! Ich kann nicht die Polizei anrufen! Du musst , rufe ich mich zur Ordnung. Was soll ich auch sonst tun?
    Nach einer Weile habe ich mich soweit beruhigt, um aufstehen und zu dem Telefon, das auf einem Tischchen im Flur steht, wanken zu können. Ich will gerade die Notrufnummer eintippen, als die Worte, die ich zu dem Polizisten gesagt habe, mir durch den Kopf schießen: „Hier kommt niemand herein, ohne dass wir es merken. Dieses Haus ist besser gesichert als ein Hochsicherheitstrakt.“
    Meine Hand, die noch immer den Telefonhörer hält, sinkt nach unten. Wenn ich jetzt die Polizei anrufe, werden sie denken, ich sei es gewesen.
     

2
     
    Vielleicht habe ich mich getäuscht! Möglicherweise war es eine Halluzination, hervorgerufen von den Schlaftabletten. Ich muss an die ellenlange Liste der Nebenwirkungen denken, die auf dem Beipackzettel stehen und die ich nicht gelesen habe. Jede Wette, dass Wahnvorstellungen zu den gelisteten Übeln zählen, die einen heimsuchen können, wenn man das Zeug über längere Zeit schluckt. Genau. Das wird es sein.
    Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich so darüber freuen kann, unter psychischen Störungen zu leiden. Mit neuem Mut eile ich den Flur entlang. Kann es kaum erwarten, dieses Missverständnis aus der Welt zu räumen. Das hätte ich mir gleich denken können. Nie wieder nehme ich eine Schlaftablette. Nie …
    Verflixt! Noch immer sitzt dieser Fremde, der so blöd war, sich umbringen zu lassen, auf dem Barhocker.
    „Was verdammt noch mal soll ich jetzt tun?“, brülle ich den Toten an. Aber der antwortet mir nicht.
    Mit einem Mal wird mir schwindlig. Mit einem Stöhnen lasse ich mich zu Boden sinken. Irgendwie fehlt mir die Kraft, aufzustehen und das zu tun, was ich tun muss. Die Polizei rufen, erklären, warum ich so tat, als sei alles in Ordnung. Ich konnte ja nicht ahnen, dass tatsächlich jemand in das Haus eingedrungen ist. Die Alarmanlage war eingeschaltet! Das weiß ich genau. Schließlich musste ich sie deaktivieren, bevor ich die Tür öffnete.
    Also hat jemand das Haus betreten und wieder verlassen, der den Code kennt. Und es gibt nur drei Menschen, die ihn kennen, Ron, meine Mutter und ich.
    Ron … oder ich! Einer von uns beiden hat einen Mord begangen, und ich bin mir ziemlich sicher,
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