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Trapez

Trapez

Titel: Trapez
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hat wahrscheinlich was dafür. Hier«, er fummelte an seinem Hemdkragen herum, »komm mal einen Moment her.« Er löste ein kleines Schild vom Schultersaum seines Hemds, ein kleines Oval aus Metall, das dort mit einer Sicherheitsnadel festgesteckt war. Er beugte sich zu Tommy und steckte es an dessen Hemdkragen. »Das ist meine St.-Michael-Medaille, der Schutzheilige der Flieger. Soll dir Glück bringen, okay?«
    Verlegen und neugierig berührte Tommy das kleine Metallstück mit einem Finger.
    »Ich bin nicht katholisch.«
    »Aber ich, und ich werde dich fangen. Vielleicht pa ss t St. Michael darauf auf, dass du mir nicht den Hals brichst.«
    Plötzlich lächelte Mario unter seinen schrägen Augenbrauen. Nicht das gewöhnliche teuflische Grinsen, sondern ein schüchternes, jungenhaftes Lächeln. Er berührte wieder sein blutendes Gesicht.
    »Ich hol’ mir besser ein bi ss chen Eis, und du solltest etwas auf deine Wunden tun. Lauf schon, Tom!«
    Tommy lief und berührte neugierig die kleine Medaille.
    Er wu ss te nicht, dass er sie für den Rest seines Lebens tragen sollte. Nicht so ehrfürchtig wie Mario, sondern einfach, weil er damit damals und später das erste Gefühl vom echten Fliegen verband. Und für das unbestimmte, nie ganz ausgesprochene Wissen, für diese plötzliche Kameradschaft, für diese unerwartete Wärme, die durch Marios übliche Rauheit hindurchschien, wäre er tausendmal gefallen.
    Drei Tage später gelang Tommy sein erster Übergang.
    Als sie nach drei weiteren Wochen Vorstellung Arkansas, Oklahoma und Kansas hinter sich gelassen hatten, winkte Mario Tommy eines Morgens zu sich, während Angelo immer noch im Fangtrapez hing. Angelo rief ihm zu: »Komm mal her, Kleiner. Wollen mal sehen, ob Matt es geschafft hat, dir irgendwas beizubringen.«
    Tommy erstarrte fast auf der Plattform mit plötzlichem Lampenfieber, aber Mario klopfte ihm leicht auf die Schulter.
    »Na los! Versuch das ›Klappmesser‹. Das schaffst du.«
    Tommy schwang sich hinaus, machte die Klappmesserwende, so dass er an den Knien an der Stange hing, dann ließ er los und fiel mit ausgestreckten Handgelenken auf Angelo zu. Er verfehlte. Sein Körper drehte sich ungeschickt, als er ins Netz plumpste und er hörte Angelos grelles Lachen.
    »Ha, ha, du siehst schlimmer aus als Matt, als er zum ersten Mal den dreifachen versuchte.«
    Tommy ballte die Fäuste, seine Augen schmerzten vor Erniedrigung. Er hatte sich bei diesem Fall ein Knie schlimm verletzt. Er war ganz falsch gelandet. Auch Mario lachte auf der Plattform über ihm. Tommy wollte rufen, dass Angelos Schwung kürzer war als Marios, aber bemerkte dann, dass er das nie tun durfte. Er rollte aus dem Netz und versuchte, sein verdrehtes Knie nicht zu belasten.
    »Tut mir leid! Kann ich raufkommen und es noch mal versuchen, Angelo?«
    Nach einer atemberaubenden Stille rief Angelo nur:
    »Sicuro. Komm schon rauf!«
    Da wu ss te er, dass er akzeptiert war. Sie arbeiteten gnadenlos mit ihm, schimpften heftig über seine Fehler, aber ein paar Wochen später, als ihm seine erste Rückkehr zur Plattform gelang, nachdem er beim Fänger angelangt war, musterte ihn Papa Tony mit furchterregendem Stirnrunzeln und sagte: »Mario, du kannst ja damit anfangen, ihm Elissas Nummern beizubringen.«
    Von dem Tag an – außer , wenn sie wirklich auftraten – war er einer von ihnen. Er war bei den normalen Morgenübungen auf dem Trapez dabei, anstatt mit Mario allein zu trainieren. Er stand mit ihnen während der Proben auf der Plattform und lernte, das zurückschwingende Trapez zu fangen und es wieder für den Flieger loszulassen und es für einen zurückkehrenden Flieger aus dem Weg zu nehmen. Aber Mario hatte gesagt, hab Geduld. Mario hatte auch gesagt: Wir haben Big Jim gefragt, ob er mal einen Morgen diese Woche vorbeikommen kann. Das bedeutete, dass er ernsthaft überlegte, Tom zu erlauben, mit ihnen aufzutreten. Er träumte mit offenen Augen auf der hohen Plattform über den Fliegern und war nicht ganz da, als Mario nach oben griff und ihm leicht auf den Arm klopfte.
    »Bist du noch da, da oben? Komm runter und versuch die Duo-Nummer.«
    Damit hatten sie erst vor ein paar Tagen zu üben angefangen. Papa Tony war schon runtergeklettert und zum anderen Ende des Gerüstes gegangen, wo er das zweite Fangtrapez losmachte. Tommy kletterte neben Mario hinunter und half ihm, das normale Trapez aus dem Weg zu schaffen und die etwas breitere Stange für die Duo-Nummer herunterzuziehen. Er ging
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