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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sonja Ullrich
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ob Sie es
für Gregor, für die verhafteten Kommissare oder für den guten Ruf des Präsidiums
tun. Aber bitte, tun Sie irgendetwas. Sprechen Sie mit dem Staatsanwalt. Lassen
Sie es nicht so weit kommen.«
    Die gitternetzlinienartigen
Falten auf seiner Stirn hatten mittlerweile an Tiefe gewonnen, seine Brauen hoben
sich besorgt. »Frau Roloff. So war doch Ihr Name, oder?«
    Ich nickte.
    »Sie erzählen
da Ungeheuerliches.«
    Ich nickte
erneut.
    »Welch ein
Staat wäre Deutschland, wenn ein alter Mann wie ich, ein Zivilist, in der Lage wäre,
den Apparat der Staatsanwaltschaft außer Gefecht zu setzen? Ich bin nur ein alter
Mann«, wiederholte er.
    »Sie waren
stellvertretender Polizeipräsident!«, erinnerte ich ihn. »Sie können etwas bewegen.«
    »Wieso sollte
ich Ihnen die Geschichte glauben?«
    Erneut wischte
ich mir die Tränen aus dem Gesicht. »Sie werden mir vertrauen müssen.«
    Er lehnte
sich zurück. Und schwieg. Sein Blick bohrte sich durch meinen Schädel. »Sie haben
vielleicht Mut, mich hierher zu bestellen und mir das alles zu erzählen«, sagte
er streng. »Ich könnte Sie verhaften lassen. Sie haben gerade Dienstgeheimnisse
ausgeplaudert.«
    »Ich weiß,
dass Gregor Sie enttäuscht hat«, versuchte ich, zu ihm durchzudringen. »Dass Guido
Sie enttäuscht hat. Aber bitte, lassen Sie sie jetzt nicht fallen. Ich bin mir sicher,
Ihr Sohn bereut mittlerweile, was er da in Gang gebracht hat.«
    »Enttäuscht.«
Fritz Brülling hob den Kopf und schnaubte. Dann sah ich das Funkeln in seinen Augen,
das ich bereits von Guido kannte – jedes Mal, kurz bevor er zu reden anfing. »Guido
stand sich schon immer selbst im Weg. Ich forderte ihn, schenkte ihm nichts. Er
sollte für seine Laufbahn arbeiten und sie sich nicht erschleichen, wie es einige
Brüllings der letzten Generationen getan haben.« Er schüttelte den Kopf. »Wissen
Sie, der Name Brülling war zeitweise ein mächtiges Werkzeug. Aber diese Zeiten sind
vorbei. Meine Dynastie stirbt aus. Erst die kleine Theresa. Dann Julia. Und nun
Arthur.« Ein Schatten jagte über seine Augen. »Und was bleibt? Nur noch Schmarotzer
und Verbrecher.« Plötzlich huschte ein Lächeln über seine Lippen. »Martha, meine
Enkeltochter, ist ein Lichtblick. Sie ist zu einer klugen, mutigen Frau herangewachsen.
Sie will in die Politik einsteigen. Kennen Sie sie?«
    Ich schüttelte
den Kopf. »Ihr Vater ist tot«, erinnerte ich ihn. »Genauso wie Ihre Tante. Lassen
Sie ihr ihren Onkel Gregor. Sie würde daran zerbrechen, ihn die nächsten Jahre nur
noch in der JVA besuchen zu dürfen. Und es Ihrem Onkel Guido womöglich nie verzeihen.«
    Seine Mundwinkel
begannen zu zucken. Womöglich war ich zu weit gegangen. Womöglich hatte ich einen
Nerv getroffen. Seine Stimme wurde strenger. »Guido würde diese Lektion guttun.«
    Mein Herz
rutschte mir in die Hose.
    Dann streckte
er mir die offene Hand hin. »Geben Sie mir Ihr Telefon.«
    Ich zögerte
keine Sekunde.
    Er drückte
ein paarmal auf die Tasten. Anschließend lauschte er dem Freizeichen. »Oskar«, sagte
er schließlich und stand auf. »Hier ist der Fritz. Was ist da los bei euch?« Brülling
senior verließ eilig das Café. Natürlich. An seiner Stelle hätte ich mir wohl auch
keine Gelegenheit gegeben, sein Gespräch zu belauschen. Und dennoch war ich enttäuscht.
    Ich beobachtete
ihn durch die Scheibe, was schwierig war, da er immer wieder aus meinem Blickfeld
verschwand. Wenn ich ihn sah, ertappte ich ihn dabei, wie er mit der freien Hand
herumfuchtelte. Das Gespräch war sehr lebendig. Es sah so aus, als wären Fritz und
Oskar nicht unbedingt einer Meinung.
    Nach etwa
zehn Minuten kehrte er ins Café zurück. Der Wind, den er hinter sich hertrug, wehte
mir ins Gesicht. Mit kalten Händen gab er mir das Telefon. Seine Nase war rot geworden.
    »Was werden
Sie tun?«, fragte ich vorsichtig.
    »Zerbrechen
Sie sich darüber nicht den Kopf«, sagte er und stand auf. »Ich danke Ihnen für Ihre
Offenheit.« Er wies auf Gregors Handy. »Sind Sie unter dieser Nummer zu erreichen?«
    Ich nickte.
    »Gut. Vielleicht
muss ich Sie noch einmal sprechen.« Er ermahnte mich mit dem Finger. »Das beruht
allerdings nicht auf Gegenseitigkeit. Bitte, rufen Sie mich nicht noch einmal an.«
    »Das werde
ich nicht.« Dann stand ich auf und schüttelte seine Hand. »Es war mir eine Ehre,
Sie kennenzulernen«, sagte ich.
    Er nickte
schwach. »Ja. Unter anderen Umständen hätte es mich sicherlich auch gefreut.«
     
    Der Friedhof
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