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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman
Autoren: Tamara McKinley
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Ausflüchte«, sagte sie forsch, um die aufwallenden Gefühle zu verbergen, die sie zu überschwemmen drohten. »Heute noch gehen wir zu den öffentlichen Vorratslagern und lassen uns alles zusammensuchen, was wir in den nächsten sechs Monaten brauchen. Am besten, du stellst gleich eine Liste auf.«
    Sie wandte sich von ihm ab und ging zu Ezra. Er hatte sich nicht aus seinem Stuhl erhoben und starrte noch immer ins Leere. Sie küsste seine faltige Stirn und strich das schüttere graue Haar zurück. »Ich passe auf dich auf«, raunte sie ihm zu.
    Seine Augen blieben auf einen fernen Punkt gerichtet, und sie hatte keine Ahnung, ob er sich ihrer Gegenwart überhaupt bewusst war. Seufzend ging sie ins Haus. Es war noch viel zu tun, wenn sie bald aufbrechen wollten, und nichts war besser als schwere Arbeit, um sie von Grübeleien abzuhalten.
    In den nächsten Wochen zeichnete sich bei Ernest eine unmerkliche Veränderung ab. Seine Schritte schienen leichter und seine Blicke weniger stumpf. Er besorgte die Vorräte und stellte neue Viehbestände und Saatgut zusammen. Wenn sie dasselbe nur auch von Ezra hätte sagen können, dachte Susan traurig, als sie gerade einen Moment innehielt, um Atem zu schöpfen. Er blieb eine stille, einsame Gestalt in seinem Verandasessel, in Gedanken verloren; das geschäftige Treiben ringsum nahm er gar nicht zur Kenntnis. Sie hoffte inständig, dass die Abreise nach Hawks Head Farm ihm die Chance gäbe, sich zu erholen – das Leben auf andere Weise zu sehen und den für ihn lebenswichtigen Glauben wiederzufinden.
    »Mutter!«
    Susan wirbelte herum, und zum ersten Mal seit Monaten strahlte sie vor Freude über das ganze Gesicht, als sie den gut aussehenden jungen Mann von dem tänzelnden Pferd springen sah. »George«, flüsterte sie. Sie lief die Treppe hinunter auf ihn zu, seine kräftigen Arme umschlossen sie und hoben sie vom Boden, bis ihr vor Lachen die Luft ausging. George hatte offenbar seinen jugendlichen Schwung nicht gänzlich abgelegt, obwohl er schon fast neunzehn war. »Lass mich bitte runter«, keuchte sie. »Es gehört sich nicht, so mit seiner Mutter umzugehen.«
    George setzte sie ab, hielt sie aber an den Händen fest. »Wie läuft denn alles so?«, fragte er ungewohnt ernst.
    Sie gab ihm einen kurzen Bericht und drückte ihn fest an sich. Wie groß er geworden war, dachte sie, wie kräftig und stark nach seinen Jahren auf der Farm. Und wie gut er aussah, das dichte braune Haar, der Bart und die lachenden Augen – kein Wunder, dass die weibliche Bevölkerung von Sydney Town ein Auge auf ihn warf, wenn er aus dem Busch kam. »Schön, dich zu sehen«, sagte sie schließlich. »Dein Vater wird begeistert sein.«
    Er schaute sich um. »Wo ist Ernie?«
    »In der Stadt, um die letzten Vorräte zu besorgen.« Susan sah lächelnd zu ihm auf. »Wir kommen alle nach Hawks Head«, erklärte sie. »Es soll ein neuer Anfang werden, und dein Bruder freut sich auf die Herausforderung.«
    George strich sich über den Bart und grinste. »Passt genau! Wir haben in den letzten drei Monaten gearbeitet wie die Tiere, und das Haus ist fast fertig. Es ist höchste Zeit, dass uns jemand ordentlich bekocht – ich bin völlig vom Fleisch gefallen.«
    Lachend betrachtete sie die breite Brust und die stämmigen Schultern.
    George stimmte in ihr Gelächter ein und kam dann auf den Grund seines Besuchs zu sprechen. »Ich habe Neuigkeiten, die Vater vielleicht aufheitern«, sagte er und griff in die Innentasche seines Mantels. »Reverend Johnson bat mich, ihm das zu geben.«
    Susan las die Notiz. Es war eine Einladung, zu Reverend Johnson zu kommen, um Gouverneur Grose kennenzulernen und mit ihm über die Möglichkeit zu sprechen, eine Missionsstation am Hawkesbury River zu gründen. Richard Johnson musste Hellseher sein, dachte sie, denn woher sollte er gewusst haben, dass sie dorthin umziehen wollten?
    Sie schaute zu ihrem Mann hinüber, der anscheinend nicht merkte, was um ihn herum vor sich ging. Das könnte die Antwort auf seinen Kummer sein, die Chance, mit einer neuen Herausforderung ganz von vorn anzufangen. Ob er sie aber annehmen würde? »Du siehst, wie es ihm geht«, sagte sie niedergeschlagen. »Ich weiß nicht, ob er die Energie oder auch den Glauben für so etwas noch aufbringt.«
    George küsste sie auf die Wange. »Keine Bange, Mutter«, sagte er. »Ich bringe ihn dahin, dass er es kaum erwarten kann.«
    Er schritt über den Rasen mit dem schlingernden Schritt eines Mannes, der
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