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Tränen im Regen

Tränen im Regen

Titel: Tränen im Regen
Autoren: Mathilda Grace
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ausziehen?“
    „Ja.“
    „Und wieso gibt es deswegen Stress?“, hakte Kilian nach, denn das konnte unmöglich der einzige Grund für Liams Frage sein. Irgendwas war in Baltimore im Busch, das spürte er.
    „Na ja, es geht nicht nur darum, dass wir ausziehen, sondern eher darum, wo wir hinziehen wollen“, erklärte Liam ausweichend und aus Erfahrung wusste Kilian, jetzt kam es gleich ganz dick.
    „Und?“, hakte er nach, als ihm die künstlerische Pause am anderen Ende der Leitung etwas zu lang dauerte.
    „New York City.“
    Kilian setzte sich abrupt auf. „New York?“, fragte er verdattert und laut, worauf Mikael und Colin zu ihm sahen. Er ignorierte ihre fragenden Blicke. „Was wollt ihr denn in New York City?“
    „Leben? Vielleicht arbeiten? Spaß haben?“
    Kilian blinzelte verdutzt. „Könnt ihr das nicht auch in Baltimore?“
    Liam seufzte. „Jetzt klingst du wie Dad.“
    „Ich mein' ja nur. Warum denn ausgerechnet New York?“
    „Kilian, wir sind alt genug, um woanders hinzuziehen.“
    Kilian seufzte. Natürlich waren die Beiden mit Mitte zwanzig alt genug, um ihr eigenes Leben zu leben. Um ehrlich zu sein, wunderte ihn sowieso, dass Liam und Noah noch immer zusammen ein Zimmer bei Nick und Tristan bewohnten und sich trotzdem nicht ständig an die Gurgel gingen, so wie er es von seiner Zeit bei David und Adrian kannte, in der Isabell und er sich jeden Morgen um das Badezimmer gezankt hatten. Er konnte aber auch Nick und Tristan verstehen, weil er das Thema schon vor Jahren mit seinen eigenen Vätern durch hatte.
    „Habt ihr da einen Job, oder so was?“
    Liam lachte leise. „Wieso glaubt eigentlich jeder, wir wollten da oben sofort arbeiten. Nein, darum geht es nicht. Eigentlich wollen wir uns nur eine Weile treiben lassen. Eine Pause machen nach dem Studium. Wir hatten an ein Jahr gedacht, solange wird das Geld in etwa reichen, das wir dafür gespart haben.“
    „Ach so“, meinte Kilian und runzelte die Stirn, als ihm etwas einfiel, das ihm an der Sache nicht behagte. „Aber ihr zieht nicht nach Queens oder in die Bronx, damit das klar ist.“ Liam prustete los. „Das ist nicht lustig. New York ist gefährlich. Na ja, manche Ecke jedenfalls. Wann soll es überhaupt losgehen?“
    „Ähm...“
    Kilian roch den Braten sofort. „Wann, Liam?“
    „Nächste Woche.“
    „Nächste Woche?“, schimpfte er und sprang auf. „Und das erzählt ihr mir erst heute?“
    „Es hat sich irgendwie nicht früher ergeben“, konterte Liam, was Kilian empört schnauben ließ.
    „Hallo? Was war denn vor drei Wochen? Und wozu gibt’s Telefone?“
    Liam seufzte. „Zwischen dem Schnapsladen, dem Anschreien und der Aussicht auf Knast, fanden wir, es wäre ein schlechter Zeitpunkt, um so eine Neuigkeit mitzuteilen.“
    Kilian stöhnte und ließ sich wieder auf die Liege sinken. „Meine Fresse.“
    „Was ist denn los?“ Colin kam auf ihn zu und sah besorgt aus, als Kilian ihm daraufhin nur das Telefon hinhielt. „Kilian?“
    „Das sollen die Zwillinge dir besser selber erzählen. Ich brauche auf die Neuigkeit erstmal ein Bier.“
    Colin sah ihn überrascht an und nahm das Telefon ans Ohr. „Liam? Was ist los?“
    Kilian kam bis zur Terrassentür, da schallte Colins empörtes „New York?“ durch ihren Garten, was ihn grinsen ließ, während er in die Küche ging und sich ein Bier aus dem Kühlschrank nahm. Ja ja, eine große Familie zu haben, in der einfach jeder auf jeden aufpasste, konnte in manchen Dingen durchaus mal Nachteile haben. Und wenn es darum ging, dass die Kinder flügge wurden, gab es eigentlich immer Nachteile. Kilian lehnte sich gegen die Küchentheke und kicherte, als ihm einfiel, wie seine Väter ihn angegafft hatten, nachdem er ihnen mit fünfundzwanzig den Kaufvertrag für sein Haus vorgelegt hatte, samt der Ankündigung nächsten Monat auszuziehen. Da war er gerade erst von David und Adrian zurück in sein altes Kinderzimmer gezogen, nachdem er sein Kunststudiums abgeschlossen hatte.
    Noch am selben Tag waren zwischen seinen und Isabells Vätern die Fetzen geflogen, weil Adrian ihm beim Hauskauf geholfen und David das nötige Geld dafür vorgestreckt hatte. Heute hatte Kilian keine Schulden mehr bei David, denn seine Bilder brachten ihm genug Geld ein, um gut davon leben zu können. Und er schätzte, dass das auch einer der Hauptgründe war, warum Nick und Tristan von der New York Idee so wenig begeistert waren, denn Liam und Noah wussten derzeit überhaupt nicht, was sie aus
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