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Traenen des Kummers, Traenen des Gluecks

Traenen des Kummers, Traenen des Gluecks

Titel: Traenen des Kummers, Traenen des Gluecks
Autoren: Carol Voss
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Mutter in der Stadt will heute offensichtlich neue Schulkleidung kaufen. Könntest du nicht heute Abend zu mir kommen? Am besten erst, wenn die Kinder im Bett sind? Ich möchte nicht, dass sie uns hören.“
    Er biss die Zähne zusammen. Er war gestern Abend erst sehr spät eingeschlafen und hatte dann zu allem Übel auch noch von Nan geträumt. Im Traum hatte er in ihrem Wohnzimmer gesessen, als die Kinder bereits eingeschlafen waren. Was nicht weiter schlimm gewesen wäre. Das Problem war nur, dass sie sich zum Schluss auf dem Teppich geliebt hatten. „Hm, ich glaube, das geht nicht.“
    „Oh.“
    Die Enttäuschung, die in dieser kurzen Silbe mitschwang, traf ihn mitten ins Herz. Er durfte sie nicht im Stich lassen, nur weil seine Hormone verrückt spielten. Nan war eine schöne Frau, es war doch nur normal, dass er von ihr träumte. Er hatte auch schon von allen möglichen anderen Frauen geträumt. Was war daran so falsch? Trotzdem… „Ich könnte dich aber früher treffen, falls dir das möglich ist.“
    „Gut. Ich mache kurz nach siebzehn Uhr hier Schluss. Kannst du mich am Feinschmeckerimbiss in Hilldale abholen?“
    „Klar.“ Er hoffte nur, dass er diesen Imbiss finden würde, ohne das ganze Einkaufszentrum absuchen zu müssen.
    „Es ist genau gegenüber dem Buchladen. Du kannst ihn nicht verfehlen.“
    Er runzelte die Stirn. Nan konnte wohl Gedanken lesen. „Gut. Wir sehen uns also dort.“
    „Danke, David.“
    „Nichts zu da…“ Weiter kam er nicht, sie hatte bereits aufgelegt.
    Während er Nans sanftes Lächeln vor sich sah, beendete er ebenfalls die Verbindung. Dann legte er das Telefon auf den Verandatisch und erhob sich.
    Nach einem Blick auf seine Armbanduhr lief er zum See hinunter. Er hatte noch zwei Stunden Zeit bis zu ihrem Treffen, und Schwimmen half ihm immer, seine Gedanken zu ordnen.
    Das Wasser spritzte auf, als er in den See rannte und schließlich in das kühle Nass eintauchte. Er schwamm, bis er nach Luft rang.
    David hatte an einem der Tische in dem kleinen Restaurant Platz genommen und hielt nach Nan Ausschau. Der Duft von gutem Essen ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Außer Frühstück hatte er heute noch nichts zu sich genommen. Während er einen Schluck Mineralwasser trank, ignorierte er das Lächeln, das die Kellnerin ihm jedes Mal schenkte, wenn sie vorbeikam. Er hatte ihr gesagt, dass er auf eine Freundin wartete, aber das schien sie nicht weiter beeindruckt zu haben, denn sie flirtete trotzdem mit ihm.
    Dann entdeckte er Nan. Sie war bei der Kellnerin stehen geblieben, um sie kurz zu begrüßen. Ihr schlichtes dunkelblaues Kleid endete eine Handbreit über dem Knie, und er konnte ihre schlanken, gut geformten Beine bewundern.
    Sein Adrenalinspiegel stieg, als er an den erotischen Traum von letzter Nacht dachte. Du liebe Güte, hier geht es um Justin, nicht um Nan und dich, ermahnte er sich schuldbewusst und trank rasch einen Schluck Wasser, vielleicht weil er hoffte, dass ihn das wieder auf den Boden der Realität bringen würde.
    Die Kellnerin zeigte in seine Richtung, und Nan kam mit einem Lächeln auf ihn zu. Er erwiderte ihr Lächeln und erhob sich.
    „Hallo“, sagte sie.
    Er nickte nur.
    Sie nahm Platz, und ihm wurde auf einmal bewusst, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er hätte sie irgendwo im Park treffen sollen, wo sie hätten spazieren gehen können, in Bewegung waren – und sich nicht an einem Tisch gegenüber saßen.
    „Darf ich Ihre Bestellung aufnehmen?“ Die Kellnerin lächelte ihm freundlich zu.
    Er schaute Nan an. Das dunkle Blau ihres Kleides betonte ihre tiefblauen Augen.
    Augen, so blau wie das Meer. Augen, in denen man sich verlieren konnte. Was war nur mit ihm los? Er riss rasch den Blick von ihr los und schaute auf die Rose, die auf dem Tisch in einer schmalen Kristallvase stand.
    „Ich hätte gern einen Eistee“, antwortete Nan.
    Schließlich fand er seine Stimme wieder und schloss sich Nan an. „Zwei Eistee, bitte.“
    Die Kellnerin ging.
    „Es ist so ein wunderschöner Tag heute“, meinte Nan. „Ich arbeite im obersten Stock mit einer Klimaanlage, ohne Fenster. Ich weiß nie, was für ein Wetter wir gerade haben.“
    „Arbeitest du viel?“ Eine intelligentere Frage fiel ihm im Moment nicht ein.
    „Jetzt, da Brenda im Kindergarten ist, vier Tage in der Woche. Ich kann mir keine Tagesmutter leisten. Sie würde mehr kosten, als ich verdiene.“
    Die Schatten unter ihren Augen machten ihm Sorgen. Aber war es denn
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