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totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)

totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)

Titel: totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
Autoren: Edda Minck
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Dame am anderen Ende keuchte. »Hab ich grad nicht. Aber ich brauche dieses Schmuckset noch für meine Schwiegermutter ... und ich hab heute Morgen schon was bestellt, suchen Sie das doch raus. Bitte, sonst ist es weg.«
    Würde ich ja, Gnädigste, aber auch dafür bräuchte ich Ihre Kundennummer. Aber was soll man sich lange mit Erklärungen aufhalten, wenn das Lebensglück der Kundschaft von vier Ringen mit unechten Steinen abhing? »Ihre Kundennummer, bitte.«
    Das Pfeifen der Kundin wurde schriller: »Hab ich grad nicht! Sind Sie taub?«
    »Nein, wenn Sie Ihre Kundennummer nicht haben, dann sagen Sie mir bitte jetzt Ihren Namen.«
    »Maria Mayer, geboren am 16.02.1948, mein Geheimwort ist ... ist ... Moment mal ... ich muss ... Mayer mit A Yps... Haatschi!« Ihr Niesanfall gewann die Oberhand, und ich hatte Zeit, wenigstens ihren Namen einzutippen.
    »Wie ist Ihr Geburtsdatum, bitte? Das konnte ich grad nicht verstehen.« Amüsiert verfolgte ich den Countdown auf dem Bildschirm.
    Drei ...
    zwei ...
    eins ...
    Keins! Das Wort
Ausverkauft
leuchtete auf. Meine verschnupfte Kundin entließ mich mit einem »Dumme Kuh!« und knallte den Hörer auf.
    Sonja lächelte in die Kamera und tröstete all jene, die kein Schmuckset mehr abbekommen hatten mit der Ankündigung weiterer exklusiver Preziosen aus dem Kaugummiautomaten.
    »Und jetzt der absolute Hit. Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut, Ihr Weihnachtsfest zum Strahlen zu bringen ... Ein Dreier-Sortiment von diamantierten Panzerketten für den gepflegten Gentleman. Welche Frau würde da nicht schwach?«
    Ich sehnte einen Ohnmachtsanfall herbei und betete meinen Begrüßungsspruch herunter.
    »Passt die Panzerkette wohl auch an mein Arko sein Hals?«, wurde ich unwirsch gefragt.
    »Hat der Köter eine Kundennummer?«, antwortete ich und malträtierte die nächste Büroklammer.
    »Jasija. Dem sein Hals is achtendreißig Zentimeter im Umfang. Wie viel hat die Kette?«
    Ohne mich zu vergewissern, sagte ich: »Ja. Die hat über fünfzig. Das passt dicke.« Wer seinem Köter goldene Panzerketten zu Weihnachten kauft, hat es nicht besser verdient.
    Die Frau blökte in den Hörer: »Arko, willze gezz die Ketten? Arko?! ... Sach do ma!«
    Mir lief es eiskalt den Rücken herunter – hatte ich etwa im Anfall geistiger Umnachtung soeben ihren Gatten einen Köter genannt? Ich hörte schon das Donnerwetter anrollen, denn unserer Gespräche wurden zwecks Qualitätskontrolle mitgeschnitten, und wir Neuen hatten beinahe täglich Monitoring-Termine. Eine Formulierung, die nicht im Telefonscript stand, wurde schon mit zehn Punkten Abzug geahndet. Für den Köter, sollte es denn jemand mitbekommen haben, könnte ich wahrscheinlich meine Papiere abholen.
    Ein lautes Bellen am anderen Ende der Leitung erlöste mich aus der Schockstarre.
    »Er hat wirklich einen guten Geschmack«, sagte ich und nahm die Bestellung auf.
    Sechsunddreißig Panzerkettensets später loggte ich mich mit Trick 17 (Null drücken, auf die Gabel hauen, Pausentaste betätigen) aus und ging zur Toilette, um eine Zigarette zu rauchen.
    Leider hatte die Vollpfostenfraktion dieselbe Idee schon vor mir gehabt.
    Als ich zur Tür hereinkam, erstarb das Gespräch auf der Stelle, und ich wurde von drei Augenpaaren kritisch beäugt. Danuta, eine wasserstoffblonde Polin auf hochhackigen, pinkfarbenen Pumps, die über und über mit den hauseigenen unechten Brillanique-Diamanten behängt war, schnippte ihre Zigarette ins Waschbecken, quetschte sich an mir vorbei und sagte: »Aaaah ... meine RTL ...« Sie warf mir einen vernichtenden Blick zu, und die dicke Walburga, die mit mir im Einführungsseminar gesessen hatte, lachte mit und verließ hinter Danuta den Waschraum. Den Namen der dritten Frau wusste ich immer noch nicht – ich nannte sie »Das Schäfchen«.
    »Den Witz versteh ich nicht.« Nie hatte ein Name besser gepasst.
    »Es ist auch kein Witz«, sagte ich. »Kommt ’ne Polin zur Polizei und sagt: Mein Auto wurde gestohlen. Das wär’n Witz. Und jetzt mach mal die Klotür frei, bitte.«
    Ich drängte sie zur Seite, ging in die Toilettenkabine und knallte die Tür hinter mir zu.
    »Was?«, fragte das Schaf, und ich konnte das drei Meter große Fragezeichen über ihrer pickeligen Stirn direkt vor mir sehen.
    »Frag Danuta, die ist hier für die Volksbelustigung zuständig.«
    Ich hörte die Tür auf- und zugehen und zündete mir eine Zigarette an. Irgendjemand aus der Personalabteilung musste die Information
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