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Totgelebt (German Edition)

Totgelebt (German Edition)

Titel: Totgelebt (German Edition)
Autoren: Karin Hagemann
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    Erlöser:
    Er kam, um dir zu sagen, dass deine Sünden nicht länger angerechnet werden. Ich werde dir helfen, Leon. Lass uns da weiter machen, wo wir gestern aufgehört haben. Es gibt für alles eine Lösung, wir werden deinen Weg finden, gemeinsam. Denk daran: Ich werde dir Frieden schenken und dich aus dem Leid befreien.
     

9. Kapitel
     
    Das Wochenende war sehr ruhig. Anne und Paula kochten Samstag gemeinsam , gingen einkaufen, sahen sich abends im Programmkino einen Film an und versuchten Konflikte zu vermeiden. Jedes Streitthema wurde vermieden, was beiden gut tat. Anne erwähnte Paulas Verhalten vom Freitagabend mit keiner Silbe. Paula revanchierte sich dafür bei Anne mit übertrieben guter Laune. Für Sonntag hatte sich Paulas Schwester spontan zum Essen angekündigt. Sie war in der Stadt und wollte bei den beiden auf dem Weg nach Hause vorbeischauen. Anne war von dem Besuch nicht begeistert und überlegt e , ob sie spontan etwas außer Haus zu erledigen hatte. Paulas Schwester brachte ihren kleinen Sohn Fynn mit , und Anne konnte mit Kindern nicht viel anfangen. Bei ihr weckten Kinder einfach keinen tiefen, verborgenen Beschützerinstinkt. Im Gegenteil, Kinder nervten sie häufig und strapazierten ihre Geduld bis aufs Äußerste . Sie fühlte sich deshalb auch nicht als schlechter Mensch. Da sie jedoch wusste, wie sehr Paula an ihrem Neffen hing, versuchte sie gelassen zu reagieren. Es sind ja höchstens zwei Stunden, sagte sie sich und begann schon einmal zerbrechliche Dinge, die ihr am Herzen lagen, in Sicherheit zu bringen.
     
     
    „TATÜ TATA“ rief Fynn und noch einmal „TATÜ TATA“. Annes Blicke sprachen Bände, doch Paula versuchte diese Blicke zu ignorieren. Sie wusste nur zu gut, was Anne ihr damit sagen wollte. Stattdessen versuchte sie den kleinen Jungen zu fassen zu bekommen , um ihn an sich zu drücken, seinen Duft einzuatmen und für kurze Zeit die weiche, makellose Haut eines Kleinkindes zu spüren. Doch der Kleine machte sich los , rannte davon und quietschte vor Glück. Paulas Schwester war inzwischen auch an der Türe angekommen. Abgekämpft und gestresst begrüßte sie Paula und verschwand mit Anne in der Küche. Währenddessen versuchte Paula ihren Neffen einzufangen. Sie lockte ihn mit diversen Spielsachen zu sich und drückte ihn noch einmal. Der Kleine verursachte ihr immer Bauchschmerzen. Sie liebte Kinder, über alles. Für sie stand nie zur Diskussion, nie außer Frage, dass sie irgendwann einmal selbst Kinder haben wollte. Sie hatte bisher nie konkret darüber nachgedacht, bis sie auf einmal aufwachte und ihre imaginäre biologische Uhr ticken hörte. Nun wurden ihre Gedanken immer klarer, im Freundeskreis nahm die Anzahl der werdenden Mütter deutlich zu. Sie versuchte gelassen auf diese Neuigkeiten zu reagieren, registrierte aber, dass ihr das zunehmend schwerer fiel. Der Gedanke frustrierte sie. Für Anne waren Kinder kein Thema, ein absolutes Tabu. Sie akzeptierte Kinder, sie waren aber ein Neutrum für sie, sie hatte einfach keinen Draht zu Kindern. Sie teilte Paulas Wunsch nicht und hatte auch nicht allzu viel Verständnis für Paulas Verlangen. Wenn das Thema aufkam, versuchte Anne Paula von der unabhängigen Zweisamkeit zu überzeugen. Somit genoss Paula jede Sekunde, die sie mit dem dreijährigen Sohn ihrer Schwester verbringen konnte. Anne und Paula saßen mit Paulas Schwester im Wohnzimmer und aßen. Paula hatte Fynn auf dem Schoß. „TATÜ TATA“, rief er erneut.
    „Er ist ja heute sehr gesprächig?“, lachte Paula ihre Schwester an.
    „Ja, Polizeisirenen sind im Moment groß angesagt und seine Lieblingsbeschäftigung.“, entgegnete ihre Schwester.“ Sie lachte „Du merkst schon, er ist ein richtiger kleiner sadistischer Teufel.“ Dabei sah sie ihn liebevoll an. Trotzdem beneidete Paula ihre Schwester nicht um ihr Leben. Ihre Schwester wirkte immer gestresst, immer gehetzt, völlig überfordert und chronisch unzufrieden. Das Einzige, was ihr wirklich gut gelungen war und worauf sie mit Recht Stolz sein konnte, war Fynn. Paula hätte Fynn am liebsten auf ihrem Schoß festgebunden und nie mehr hergegeben. Anne sah sie gedankenverloren an und zwinkerte ihr zu. Sie wusste genau, was ihre Freundin in diesem Moment dachte.
     
    Nachdem Paulas Schwester und Fynn gegangen waren, spülten Anne und Paula in der Küche gemeinsam ab.
    „Er ist richtig groß geworden“, stellte Paula fest.
    „Mein Gott, du klingst ja schon wie meine alte Tante,
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