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Toter geht's nicht

Toter geht's nicht

Titel: Toter geht's nicht
Autoren: Faber Dietrich
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Berlusconi nicht mehr sehe. Och nee, bitte nicht, denke ich, stelle mich neben das Gipfelkreuz, rufe seinen Namen und pfeife ins Tal. Da man vom Brönigipfel nicht abstürzen kann, bleibe ich recht gelassen und rufe einfach immer weiter. Ich kann ihn nirgends sehen. Ich denke an die Berlusconi-fällt-in-die-Nidda-Story und erinnere mich daran, dass er sich damals selbständig auf den Heimweg machte. Also gehe ich nun auch davon aus, dass er alleine zurück zur Hütte gelaufen ist. Ich beginne mit dem Abstieg, rutsche gleich einmal aus und gehe mit nassem Hintern weiter. Auf halber Strecke sehe ich ihn, allerdings etwa hundert Meter abseits des Wanderweges, das Bein heben. Erleichtert laufe ich zu ihm, habe keine Lust, ihn zu maßregeln, und sehe ihn, mich kaum beachtend, an einem Gegenstand schnuppern. Es ist eine Videokamera, nur nachlässig unter Geröllsteinen begraben. Eine Videokamera? Wieso findet mein Hund mitten in den Alpen eine Kamera? Wieso riecht er daran? Weil sie nach Franziska riecht? Dann bleibt mein Herz stehen. Und alles andere auch. Nur ich nicht. Ich muss mich setzen. Und das zu Recht.
    Es ist die gleiche Marke. So weit kann ich noch denken. Es ist die Marke von Klaus Drossmanns Kamera. Es ist die Marke der Kamera, die wir seit dem Mord an Klaus Drossmann vergebens suchen. Die Kassette fehlt. Mir wird schwindelig. Ich lege meine Ellenbogen auf die Knie und mein Gesicht in die Hände und heule. Durch mein Hirn rast die Erinnerung des Moments, als Franziska ging. Ich sehe ihren entrückten Gesichtsausdruck vor mir, als sie mich anbrüllte. Ich heule weiter. Etwas Besseres fällt mir nicht ein. Dann spüre ich plötzlich eine Hand auf meinem Kopf. Eine Hand, die ich kenne. Eine Hand, die kalt ist und mich doch wärmt. Sie setzt sich neben mich und blickt auf die Kamera. Dann heulen wir beide.
    «Wo ist die Kassette?», frage ich irgendwann.
    «Im Ofen», sagt sie.
    «Warum?», frage ich.
    Dann erzählt sie. Alles.
    Manchmal wird sie von Laurin unterbrochen, der unten am Haus nach seiner Mama ruft.
    «Wir kommen gleich», ruft sie dann mit freundlicher Mutterstimme, so neutral, als berichte sie mir gerade von einem Schuhkauf. Doch stattdessen erzählt sie mir davon, wie sie einem Mann die Wut der letzten Jahre auf den Schädel brezelt.
    Immer näher rücken unsere Oberschenkel und Schultern zusammen.
    «Und nun?», frage ich.
    «Verhafte mich», antwortet sie leise.
    «Warum?», frage ich. «Der Fall ist längst geklärt und abgeschlossen. Herr Bärt hat beide Morde begangen. Er ist heute Nacht im Gefängnis gestorben.»
    Franziska blickt zu mir.
    «Das ist wirklich wahr», sage ich weiter. «Und warum sollte ich nun dem wirren Geschwätz einer durchgeknallten Lehrerin irgendein Gewicht geben?»
    Franziska reagiert nicht. Ich hoffe sehr, dass sie zumindest ein ganz klein wenig nach innen lacht. Sie legt ihren Kopf auf meine Schulter.
    Ich sage: «Hast du das verstanden? Der Fall ist abgeschlossen. Ab-ge-schlos-sen.»
    «Ja, ich hab’s verstanden. Du warst schon immer ein schlechter Polizist», sagt sie, und ich spüre sie an meiner Schulter lächeln.
    «Lass es uns weiter versuchen», sage ich. «O.k.?»
    «Nicht weiter, sondern anders», flüstert sie.
    «Komm mit uns nach Hause», flüstere ich zurück.
    «Ich weiß nicht, ob das gut ist», erwidert Franziska.
    «Ich auch nicht», sage ich, «aber ich lass auf jeden Fall schon einmal den Flügel stimmen.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Nachbemerkung
    Dies ist mein erster Roman.
    Und der Hesse hat recht, also der Hermann, als er behauptete, dass jedem Anfang ein Zauber innewohne.
    Es war eine zauberhafte Zeit, von der ersten Idee über das einsame Schreiben bis zu dieser Veröffentlichung.
    Dafür bin ich dankbar.
    Und nicht nur dafür …
     
    Ich danke meiner Frau Andrea dafür, dass sie mich bestärkt hat, diesen Weg zu gehen, und mir den Raum dafür gab und gibt.
    Ich danke meinem Sohn Ben dafür, dass er so ist, wie er ist, und dass er beim dicken Waldemar so lachte.
    Ich danke Tine Faber, die nicht nur eine grandiose Schwester ist, sondern auch eine sensationelle Managerin.
    Ich danke meinen Eltern, dass sie nicht so sind wie die von Henning Bröhmann, sondern gefördert haben, was ich heute abrufen kann.
    Ich danke Marc Kreischer für seine nicht überbietbare freundschaftliche Fähigkeit, sich mitfreuen zu können, und für hilfreiche Rückmeldungen von Beginn an.
    Ich danke meinem FaberhaftGuth-Kollegen Martin Guth für Loyalität, hilfreiche
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