Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt
Autoren: Brian Hodge
Vom Netzwerk:
»Die Arbeitslosenquote in Louisiana lag 1985 bei elf Komma fünf Prozent und war die zweithöchste der Nation, nur übertroffen von West Virginia. 1986 dann dreizehn Komma eins Prozent, die höchste der Nation und beinahe doppelt so hoch wie der Durchschnitt. 1987 zwölf Prozent, die höchste der Nation und beinahe doppelt so hoch wie der Durchschnitt. 1988 zehn Komma neun Prozent, doppelt so hoch wie der US-Durchschnitt.« Mullavey hielt inne, und die Luft war elektrisch aufgeladen vor lauter Schweiß und angespannten Nerven. »In den Jahren danach blieben wir unter neun Prozent, aber sie liegt noch immer über dem nationalen Durchschnitt und gehört zu den höchsten im ganzen Land. Worauf ich hinauswill, ist, dass die Arbeitslosigkeit in diesem Staat nichts ist, worüber man lacht. Und das gilt auch nicht in den Nachbarstaaten. Das ganze Mississippidelta ist die Region der Vereinigten Staaten, die ökonomisch am benachteiligsten ist. Sie ist sogar noch schlimmer dran als die Appalachen.
    Und Sie«, das sagte er Todd direkt ins Gesicht, »Sie wollen, dass mein Unternehmen und mein neues Produkt durch etwas repräsentiert werden, das die Arbeitslosigkeit zu einem gewaltigen Witz macht?«
    Zwei Plätze neben Justin verdaute Todd gerade seine Zunge.
    »Ich«, fuhr Mullavey fort, »ich lache jedenfalls nicht.«
    Justin dankte dem Gott der Projektplanung innerlich, dass er nicht direkt daran teilhatte. Das war ein komplettes Desaster.
    »Sir, könnten Sie uns vielleicht, sagen wir, achtundvierzig Stunden geben, um unsere Konzepte noch einmal zu überarbeiten?«, flehte Greenwald. Die Venen auf seiner hohen Stirn begannen vor lauter Panik zu pochen, und sein Kragen schien plötzlich viel zu eng zu sein.
    Mullavey zögerte. »Ich weiß nicht, Leonard.« Er sah seine drei Vizepräsidenten an und wandte den Blick dann wieder Greenwald zu. »Entschuldigen Sie uns für einige Minuten, ja? Wir müssen die Lage neu abschätzen.«
    »Vierundzwanzig Stunden? Vierundzwanzig?«
    »Bitte entschuldigen Sie uns.«
    Andrew Jackson Mullavey erhob sich und ging voran, während die anderen drei einen Schritt hinter ihm folgten. Justin musste an Entenküken denken, die hinter ihrer Mutter herwatschelten. Sie verschwanden durch eine mit kunstvollen Schnitzereien verzierte Tür und nicht durch die Doppeltür, die zur Halle führte. Dort lag wahrscheinlich das Allerheiligste, an dem die Enthauptungen geplant und die Sündenböcke gesucht wurden.
    »Nun, das ist ja gottverdammt wunderbar.« Leonard griff um Allison herum, um Todd mit der flachen Hand auf den Hinterkopf zu schlagen. »Du verblödeter Trottel! Wie konntest du nur?«
    Todd schien es nicht einmal zu bemerken. »Ich bin tot, ich bin tot.« Das war alles, was er noch herausbrachte.
    »›Abschätzen.‹ Ihr wisst, was das bedeutet, nicht wahr?«, schrie Leonard. »Es besteht die reelle Wahrscheinlichkeit, dass sie uns fallen lassen.«
    »Ich bin tot …«
    Neben Justin holte Nan, die Künstlerin, ihre Handtasche hervor und steckte sich eine Kräuterzigarette an. Sie hielt sie mit Fingern fest, deren Nägel bereits bis aufs Nagelbett abgekaut waren. Sie paffte herzhaft und blies die Rauchwolken in den Pony ihres schwarz gefärbtes Haars, das in einem postmodernen Pagenschnitt herabfiel.
    »Ich bin tot …«
    Allison Hunter ging auf ihren Stöckelschuhen wie eine Statue quer durch den Konferenzraum und goss sich an der Bar etwas gekühltes Mineralwasser ein. Die Eiswürfel klirrten und zitterten, als sie sich mit dem Rücken gegen die Bar lehnte.
    »Ich bin tot …«
    »Oh Todd, hör doch endlich auf zu jammern, ja?«, sagte Allison.
    »Hey!«, rief er und erwachte aus seiner Trance. »Wenn wir das nicht drehen, dann hängen meine Eier im Schraubstock, sobald wir zurück nach Tampa kommen!«
    »Wenn du nicht aufhörst zu jammern, dann werden deine Eier gar nicht erst in Tampa ankommen.«
    Leonard stütze sich am Tisch ab und erhob sich. Er zog seine Anzugjacke aus und stand nun nur noch in Weste und Hemdsärmeln da. Die Weste war zu eng, sie spannte sich über einem Bauch, dem das Racquetballspielen einmal die Woche nicht Herr werden konnte. Er ließ seine Hände durch die Haare gleiten und ging hinüber zum Fenster. Es war hermetisch versiegelt; zumindest konnte er nicht hinausspringen.
    Todd piekste mit einem Finger gegen Nans Schulter. »Du bist doch noch in Therapie, oder? Hast du ein Valium?«
    Sie drückte ihre halb aufgerauchte Zigarette aus und zündete sich eine neue an.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher