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Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Titel: Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)
Autoren: Jürgen Reitemeier , Wolfram Tewes
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Taschenlampe auf die kleinste Stufe, holte tief Luft und drang leise in das stinkende Haus ein. Vorsichtig schlich er einen Flur entlang. Auch hier lagen Möbel und diverse Gegenstände herum, denen er ausweichen musste. Die Wände waren von der Löschaktion noch triefnass, auf dem Fußboden stand der Schlamm zentimeterdick.
    Er kam nur langsam vorwärts, tastend. Seine Taschenlampe hielt er in der Hand, wagte jedoch nicht, sie einzuschalten. Immer wieder hörte er aus dem Stock über ihm Schritte und Geräusche, als wenn Möbel hin- und hergeschoben würden. Zum Glück war die Treppe aus Beton und hatte den Brand gut überstanden. Vorsichtig schlich er eine Stufe nach der anderen nach oben und stand schließlich vor einem Raum, aus dem die Geräusche kommen mussten. Dieser Raum hatte erstaunlicherweise noch eine Tür, die aber offenstand.
    Perreira lehnte sich mit dem Rücken an die Außenwand des Raumes, entsicherte seine Dienstwaffe und konzentrierte sich auf das, was nun kommen musste. Dann bewegte er sich blitzschnell, schaltete seine Taschenlampe ein. Er drang mit erhobener Waffe durch die Tür und schrie: »Polizei! Hände hoch!«
    Die Gestalt wenige Meter von ihm entfernt riss reflexhaft die Arme hoch. Als Perreira sie im Licht seiner Lampe genauer in Augenschein nahm, stellte er fest, dass eine junge, gutaussehende Frau vor ihm stand. Sie wirkte so zerbrechlich, beinahe durchsichtig, dass er augenblicklich seine Waffe sinken ließ. Die Frau war für das Wetter völlig unpassend gekleidet. Ihr viel zu dünner Mantel war nicht zugeknöpft, und das Kleid darunter ähnelte eher einem Fetzen. In der linken Hand hielt sie einen Beutel, der bei ihr wohl als Handtasche fungierte. An den nackten Füßen trug sie hochhackige rote Schuhe.
    Ein Wunder, dass sie sich damit in den Trümmern noch nicht die Beine gebrochen hat, dachte Perreira. Die junge Frau löste in ihm Hilfsbereitschaft aus. Am liebsten hätte er sie an die Hand genommen und gestützt. Also richtete er die Taschenlampe nicht mehr in ihr Gesicht, sondern auf das Chaos von Backsteinen und Betonbrocken, das ihm den Weg zu ihr so beschwerlich machte. Vorsichtig suchte er mit seinem rechten Fuß nach einem sicheren Tritt, machte einen Schritt nach vorn, rutschte aus, stützte sich mit der freien Hand an einem Mauerrest ab und kam wieder auf die Füße. Von seinem neuen Standort aus leuchtete Perreira wieder zu der Stelle, an der eben noch die völlig durchnässte junge Frau gestanden hatte. Die war ihm einen Schritt entgegengegangen und befand sich nun seitlich von ihm.
    Als Perreira sie mit dem Lichtkegel seiner Taschenlampe erfasste, blieb ihm für den Bruchteil einer Sekunde das Herz stehen. In der rechten Hand hielt die Frau jetzt eine Pistole, mit der sie aus nicht einmal einem Meter Entfernung auf sein Gesicht zielte.
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte in das schwarze Mündungsloch der Waffe. Er wollte etwas sagen, wollte die Frau überzeugen, dass sie von ihm nichts zu befürchten habe, doch er brachte nur ein heiseres Krächzen über die Lippen. Zum ersten Mal in seinem Leben sah er in die Fratze des Todes. Er wollte nicht sterben. Verzweifelt hob er die Hand und wollte sie, obwohl er wusste, dass das der größte Schwachsinn war, schützend zwischen sich und den Pistolenlauf bringen. Doch er hatte die Bewegung noch nicht zu Ende ausgeführt, da brannte sich ein widerlich heller, weißer Blitz in seine Netzhaut ein. Perreira wollte schreien, doch ein wahnsinniger Schmerz sorgte dafür, dass nicht einmal mehr der kleinste Laut über seine Lippen kam.

6
    Die Kaffeemaschine sorgte für brodelnde und zischende Geräusche. Das Ergebnis war eine braune Brühe, die Tropfen für Tropfen in einer Tasse landete. Gleichzeitig breitete sich dieser wunderbare Duft in der Küche aus, der, so empfand es jedenfalls Kükenhöner, die angenehme Seite des Lebens repräsentierte.
    Es war eine Scheißnacht gewesen. Er hatte nur eine Stunde geschlafen, und jetzt saß er schon wieder in seiner Küche und musste sich um die eigene Brut kümmern. Und das Ganze nur, weil seine Frau sich auf einem Egotrip befand. Es war einfach zum Davonlaufen.
    Doch der Kaffee versöhnte ihn ein bisschen. Wie schrecklich wäre es, sinnierte er, wenn er den Geruchsinn verlöre und ihm der Duft von frischem Kaffee verwehrt bliebe?
    »Papa, auch wenn die Dortmunder nicht mehr Deutscher Meister werden, gewinnen die bestimmt die Champions League, da wette ich drauf.« Sein zehnjähriger Sohn
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