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Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Titel: Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)
Autoren: Jürgen Reitemeier , Wolfram Tewes
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stand in der Tür. Kükenhöner war stolz auf ihn. Der Junge war einer der Besten in der E-Jugendmannschaft des FC Dahl/Dörenhagen.
    Seine Frau ging seit August wieder arbeiten und versuchte ihn seitdem dazu zu bewegen, die Hälfte der Verantwortung für die Familie und die Hälfte der Hausarbeit zu übernehmen. Das führte im Moment zu ständigen Streitereien. Wenn er es sich recht überlegte, musste er sich eigentlich immer dem Diktat der weiblichen Familienmitglieder unterwerfen. Kükenhöners Argument, er besorge schließlich das Geld, von dem die ganze Familie gut leben könne, entlockte seiner Frau und seinen Töchtern lediglich ein verächtliches Lächeln.
    Christine, seine Älteste, wurde nächsten Monat achtzehn und ging meist ihre eigenen Wege. Kükenhöner hatte es aufgegeben, ihr erzieherisch zur Seite zu stehen. Seitdem kam er einigermaßen mit ihr aus.
    Die fünfzehnjährige Christine hingegen steckte mitten in der Pubertät. Bemalt wie ein Sioux-Indianer und ausgestattet mit einem Parfümgeruch, der die Blumen auf der Fensterbank erblassen ließ, betrat sie die Küche.
    »Oh Mann, ey, schon wieder kein Müsli da?«, moserte sie. »So ein Fuck, ey.«
    Kükenhöner musste sich zusammenreißen. »Dann iss ein Butterbrot!«, versuchte er seine aufsteigende Wut zu unterdrücken.
    »Nee, das macht dick!«, entgegnete sie patzig.
    »Dann eben nicht.«
    »Haste mal einen Zehner?«
    »Nee!«
    »Oh, fuck, ey, Papa! Ich brauch Geld für Passbilder!«
    »Wozu brauchst du Passbilder?«, fragte Kükenhöner trotzig. Er wollte dieser verzogenen Göre nicht schon wieder Geld in den Rachen schmeißen. Vielleicht hatte es doch sein Gutes, überlegte er, dass er bei seinen Kindern mal die Möbel geraderückte. Seine Frau ließ ihnen einfach zu viel durchgehen.
    »Für einen Schülerjob!«
    Hatte Kükenhöner richtig gehört? Wollte seine etwa Tochter arbeiten? Begann heute der erste Schritt in Richtung Erwachsenwerden?
    »Schülerjob? Was für ein Schülerjob?«
    »Beim ASP«, kam es genervt über Marens Lippen.
    »ASP?«, hakte Kükenhöner nach und kramte nach seinem Portemonnaie.
    »Abfall- und Stadtreinigungsbetrieb Paderborn, Grüne Tonnen kontrollieren«, antwortete seine Tochter in einem Tonfall, der Kükenhöner vermuten ließ, dass sich Eisblumen auf dem Küchenfenster bilden würden, sollte er weiter insistieren.
    Kopfschüttelnd legte er einen Zehner auf den Tisch. Eigentlich wollte er noch sagen: »Ziehe ich dir vom nächsten Taschengeld ab«, doch als er aufsah, um Blickkontakt aufzunehmen, waren Geldschein und Tochter schon im Hausflur verschwunden.

7
    In seinem Kopf breiteten sich höllische Schmerzen aus. Es fühlte sich an, als wollte der Schädel zerplatzen. Dann fingen seine Augen an zu tränen, und der Schmerz verlagerte sich dorthin.
    Fühlte sich so der Tod an? Perreira hatte immer geglaubt, wenn er das Leben hinter sich gelassen hätte, wäre es vorbei mit den Schmerzen. Bislang war er der Meinung gewesen, dass das Sterben zwar schrecklich sei, aber das, was danach kam, um so wunderbarer. Und jetzt das! Diese unerträglichen Schmerzen! Sollte er sich so geirrt haben? Dann fiel ihm die Hölle ein. War er etwa in der Hölle gelandet? Das konnte doch nicht sein. So ein schlechter Kerl war er nun auch wieder nicht gewesen.
    Oder war er etwa gar nicht tot? Perreira tastete mit seinen Händen die Umgebung ab. Er fühlte nassen Stein, Dreck und Matsch. Er lebte! Zu den Tränen, die ihm diese höllischen Schmerzen verursachten, kamen jetzt die Freudentränen. Ja, er lebte! Er fühlte, wie ihm widerliche, dicke, eiskalte Regentropfen in sein Gesicht klatschten. Was für ein wunderbares Gefühl.
    Plötzlich wurde ihm klar, was geschehen war: Die Frau hatte gar keine echte Knarre, nur eine Gaspistole. Mit der hatte sie auf ihn gezielt und mit der hatte sie ihm eine volle Ladung ins Gesicht verpasst.
    Diese Schlampe! Von jetzt auf gleich wurde Perreira wütend. Er hatte ihr helfen wollen, hatte sich Sorgen um sie gemacht. Doch sie hatte seine Gutmütigkeit bestraft. So etwas machte man nur einmal mit ihm. Er trug immer noch den unermesslichen Stolz seiner portugiesischen Vorfahren in sich. Wer den verletzte, dem gnade Gott. Trotz der höllischen Schmerzen, die seine Augen und vielleicht auch sein Kopf verursachten, suchte er nach seinem Handy. Der Alten würde er die gesamte Armada Paderborner Streifenwagen auf den Hals hetzen. Die würde nicht entkommen! Und wenn sie die Schlampe erwischt hatten, würde er
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