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Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan

Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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mich mit noch blumigeren Attributen bedacht. Mir ist es egal. Im Lauf der Jahre habe ich gelernt, dass öffentliche Aussagen unweigerlich zu falschen Zitaten führen. Und falsche Zitate führen unweigerlich zu Problemen.
    Und auf Fotos sehe ich nie gut aus.
    »Darf ich dir das aufmachen?« Ryan nahm sich die Dose wieder, zog an der Lasche und gab mir die Coke zurück.
    »Du hast doch sicher ein Exemplar mitgebracht«, sagte ich, stellte die Dose auf die Anrichte und riss die Ofentür auf.
    »Um die Sicherheit der Speisenden zu gewährleisten, findet die Betrachtung erst statt, wenn das Besteck abgeräumt ist.«
    Während des Essens erzählte ich Ryan von meinem Tag im Gericht.
    »Die Kritiken klingen gut.«
    Ryan hat ein Spionagenetz, das die CIA aussehen lässt wie einen Haufen Pfadfinder. Normalerweise weiß er schon, was ich treibe, bevor ich es ihm erzähle. Es macht mich wahnsinnig.
    Und Ryans Amüsement über den Journal- Artikel senkte meine Irritationsschwelle noch weiter ab.
    Krieg dich wieder ein, Brennan. Nimm dich nicht so wichtig.
    »Wirklich?«
    »Die Kritiker haben dir vier Sterne verliehen.«
    Nur vier?
    »Verstehe.«
    »Wie’s heißt, wird Pétit verurteilt.«
    Ich sagte nichts.
    »Erzähl mir von dem Pizzabudenfall.« Ryan legte einen höheren Gang ein.
    »Steht das nicht schon alles im Journal? « Ich nahm mir eine zweite Portion Salat.
    »Die Berichterstattung ist ein bisschen vage. Darf ich auch?«
    Ich gab ihm die Schüssel.
    Volle drei Minuten lang aßen wir Rucola-Salat. Ryan brach das Schweigen.
    »Erzählst du mir von deinen Knochen?«
    Ich schaute ihm in die Augen. Sein Interesse schien aufrichtig zu sein.
    Ich ließ mich erweichen, hielt meinen Bericht aber knapp. Danach stand Ryan auf und holte einen Zeitungsausschnitt aus seiner Jackentasche.
    Beide Fotos waren von rechts oben aufgenommen. Im ersten redete ich mit Claudel, mit wütendem Blick und drohend erhobenem Zeigefinger. Die Unterschrift hätte »Angriff der Widerspenstigen« lauten können.
    Das zweite zeigte die Widerspenstige auf allen vieren, den Hintern in der Luft.
    »Hast du eine Ahnung, woher das Journal die hat?«, fragte Ryan.
    »Von diesem schleimigen Assistenten des Besitzers.«
    »Claudel bearbeitet den Fall?«
    »Ja.« Ich pickte Brotbrösel vom Tischtuch.
    Ryan legte seine Hand auf meine. »Claudel macht sich nicht schlecht.«
    Ich sagte nichts.
    Ryan wollte eben weiterreden, als sein Handy klingelte.
    Er drückte meine Hand, nahm das Gerät vom Gürtel und schaute auf die Anruferkennung. Dann verdrehte er die Augen. Vor Frustration. Oder Verärgerung. Oder etwas, das ich nicht deuten konnte.
    »Ich muss da dran«, sagte er.
    Er schob seinen Stuhl vom Tisch zurück und ging in den Korridor.
    Während ich den Tisch abräumte, hörte ich den Rhythmus der Unterhaltung. Der Wortlaut war unverständlich, aber der Tonfall deutete auf Erregung hin.
    Kurz darauf war er wieder zurück.
    »Tut mir Leid, Babe. Ich muss los.«
    »Du gehst?« Ich war sprachlos.
    »Es ist ein undankbares Gewerbe.«
    »Wir haben deinen Kuchen noch gar nicht gegessen.«
    Die Irischblauen schauten mich nicht an.
    »Tut mir Leid.«
    Ein Küsschen auf die Wange.
    Die Köchin war allein mit der ungegessenen Konditorei-Überraschung.

4
    Als ich aufwachte, war ich deprimiert und wusste nicht, warum.
    Weil ich allein war? Weil mein einziger Bettgenosse ein großer weißer Kater war? So hatte ich mein Leben nicht geplant. Pete und ich hatten vorgehabt, miteinander alt zu werden. Verheiratet ins Jenseits zu segeln.
    Dann teilte mein Ehemann für alle Zeiten das Laken mit einer Immobilienmaklerin.
    Und ich hatte meine eigene kleine Affäre mit der Flasche.
    Was soll’s, wie Katy sagen würde. Das Leben geht weiter.
    Das Wetter vor dem Fenster war grau, stürmisch und wenig einladend. Der Wecker zeigte sieben Uhr zehn. Birdie war nirgends zu sehen.
    Ich zog mein Nachthemd aus, nahm eine heiße Dusche und föhnte mir dann die Haare. Birdie schlenderte herein, als ich eben die Zähne putzte. Ich begrüßte ihn und lächelte dann den Spiegel an, um zu sehen, ob es ein Tag für Wimperntusche war.
    Und dann fiel es mir wieder ein.
    Ryans überstürzter Aufbruch. Der Blick in seinen Augen.
    Ich steckte die Zahnbürste wieder aufs Ladegerät, ging zurück ins Schlafzimmer und starrte das vereiste Fenster an. Kristalline Spiralen und Schneeflockengeometrie. So zart. So zerbrechlich.
    Wie das Hirngespinst eines Lebens mit Ryan, das ich mir zurechtgestrickt
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