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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal
Autoren: Dietmar Lykk
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wieder dabei, beim Einbiegen einen kleinen Schlenker zur falschen Spur zu machen.
    Hoyer schien es nicht zu bemerken. Sie schwieg vielleicht, weil sie glaubte, mit dem letzten Satz schon zu viel gesagt zu haben. Oder sie war in Erinnerungen an dieses »Alter damals« versunken. Und in den Vergleichen mit dem Heute. Der Anblick des Schleswiger Domes auf dem gegenüberliegenden Ufer der Schlei beschleunigte wie immer seinen Puls und seine Atemfrequenz, aber er drückte aufs Gas, so viel der Diesel vertrug, bis sie auf die B   77 abgebogen waren.
    Als sie in Kropp in die Seitenstraße abbogen, in der seine Tochter wohnte, glaubte er, sich verfahren zu haben.
    Â»Was ist hier denn los?«, fragte Hoyer.
    Beide Straßenseiten waren vollgeparkt. Sogar in der Ausfahrt standen Autos. An einem überlangen Sprinter stand in stahlblauer Schreibschrift: »Innenausbau – Renovierung – Energieberatung – Hans Brassat«. Darunter zwei Telefonnummern.
    In der Auffahrt vor dem großen Kastanienbaum war noch Platz. Wahrscheinlich weil man hier wegen des immer stärker werdenden Regens die Gäste direkt vor der Dielentür aussteigen ließ und der Fahrer sich dann an der Straße einen Parkplatz suchen konnte. Es sah nach irgendeinem gesellschaftlichen Anlass aus.
    Â»Ich habe keine Ahnung. Sophie hat nichts davon gesagt.« Malbek parkte direkt vor der Haustür.
    Â»Ich warte hier im Wagen«, sagte Hoyer. Sie lächelte wissend. Ihm war es recht, dass sie nicht an seiner Seite das Haus betrat. Man würde es missverstehen.
    Â»Okay, ich beeil mich.« Er sah hilflos auf das Armaturenbrett und suchte nach dem iPod.
    Â»Hier«, sagte Hoyer und gab ihm den MP3 -Player, den sie die ganze Zeit in der Hand behalten hatte. Ihre Hände berührten sich, er schlug danach die Fahrertür etwas heftiger zu, als er beabsichtigt hatte.
    Im Haus war das übliche Partygehabe. Lauter fremde Leute, die sich so benahmen, als ob sie hier schon lange wohnten. Er durchquerte die Diele und betrat den Hof. Auf dem kleinen Hügel hinter dem Haus war ein Bierstand aufgebaut worden und auf der Wiese daneben ein Festzelt, in dem sich das Buffet auf mehreren zusammengeschobenen Tischen ausbreitete. An Tischen und Bänken speiste und trank man und versuchte, gegen die Wellnessmusik anzureden, die aus mehreren Lautsprechern über das Grundstück sickerte.
    Nachbarn, die sich darüber beschweren konnten, gab es nicht. Der Resthof stand einsam an einer kaum befahrenen Straße zu zwei anderen ehemaligen Gehöften. Nach hinten grenzte das Grundstück an die landwirtschaftlichen Nutzflächen, überwiegend Raps und Mais. Der Mais stand schon so hoch, dass man kaum noch den Knick auf der gegenüberliegenden Seite des Feldes sehen konnte.
    Â»Gerson!«, rief eine Stimme verhalten hinter ihm. Maren hatte ihn entdeckt.
    Â»Hallo, Maren!«
    Sie umarmten sich vorsichtig. Ebenso, wie sie es seit fast zehn Jahren getan hatten, kurz vor der Scheidung. Nicht zu dicht, aber auch nicht zu fremd, damit die Umgebung nichts zu deuteln hatte.
    Â»Was …?« Sie verbarg ihre unausgesprochene Frage hinter einem unsicheren Lächeln.
    Â»Sophie hat mich angerufen. Sie hat ihren MP3 -Player im Auto vergessen.« Er hob ihn hoch und ließ ihn an den Kopfhörern vor ihrem Gesicht hin und her baumeln.
    Â»Ach so …« Maren schien erleichtert.
    Â»Weißt du, wo sie steckt?«
    Â»Sie muss hier irgendwo sein.« Sie sah hektisch um sich. »Jedenfalls hab ich sie vorhin in der Küche gesehen.«
    Die Fenster der Küche gingen zur Straße.
    Â»Ich geh mal nachsehen!«, sagte Malbek und lief ins Haus. Hinter sich hörte er wieder dieses hilflos gesprochene »Gerson«, das er so hasste.
    In der Küche drängte er sich an den Gästen vorbei zum Fenster. Er hatte es geahnt: Sophie stand vor der offen stehenden Beifahrertür und unterhielt sich angeregt mit Hoyer. Die beiden schienen sich sympathisch zu sein. Er lief hinaus.
    Â»Sophie!« Er hielt ihr atemlos den MP3 -Player hin.
    Â»Danke, Paps!« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Backe.
    Â»Ich habe Kerstin gerade erzählt, was hier abgeht«, fuhr sie fort und steckte den MP3 -Player achtlos in die Hosentasche ihrer Jeans.
    Â»Ich hoffe, Frau Hoyer hat dir auch erzählt, dass wir gleich nach Kiel zurückmüssen.«
    Â»Ich weiß, ein neuer Fall, gleich am ersten
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