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Totenklage

Titel: Totenklage
Autoren: J Sandford
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Zeitschriften bekommen und ein zweites Buch mit dem Titel Neue Eliten geschrieben, eine Studie über professionelle Bürokratien. Das hatte seinen Status als politischer Intellektueller zementiert. Fernsehen machte er grundsätzlich nicht. Beim Fernsehen ging es seiner Meinung nach um Verkaufen. Er beschäftigte sich mit Forschung und Planung.
    Er hatte geheiratet, bevor er verwundet worden war. Die Ehe hatte die Reha nicht überlebt. Hätte wahrscheinlich ohnehin nicht überlebt, glaubte er. Die Frau war ein Raubtier. Wenn sie allerdings gewusst hätte, dass er im Weißen Haus landen würde …
    Seine einflussreichste Veröffentlichung war nie in Buchform erschienen. Auf Drängen eines Militärfreundes hatte er den Winter’s Guide to the Inside geschrieben, einen umfangreichen Überblick über den Militär/Geheimdienst-Komplex. Er wurde zur meistverkauften Pentagon-Eigenveröffentlichung.
    Der Guide hatte ihm außerdem einen Teilzeitjob beim zweitwichtigsten Mann des Landes eingebracht.
     
    Zehn Sekunden, nachdem Gina angerufen hatte, wurde Jake an der Tür des Wartezimmers von einem Captain der Marines abgeholt. Er folgte ihm in den Aufzug nach oben und durch den eierschalenfarbenen Flur zu Danzigs Büro.
    Um mit dem Chef zu sprechen. Der Chef war Bill Danzig, der Stabschef des Präsidenten. Danzig war in der vorletzten Regierung stellvertretender Verteidigungsminister gewesen und hatte, nachdem die Partei die Macht verloren hatte, als Berater des Pentagons gearbeitet. Jemand hatte ihm ein Exemplar
von Winter’s Guide gegeben, und als er im Weißen Haus einzog, landete Jake auf seiner Beraterliste.
    In drei Jahren hatte Jake zwanzig Aufträge für ihn erledigt, Probleme innerhalb der Bürokratie aufgespürt. Je mehr Danzig ihm vertraute, desto schwieriger wurden die Probleme und umso häufiger die Aufträge.
    Nicht gerade ein Fulltimejob, aber lukrativ. Durch den Job erhielt er außerdem Zugang zu interessanten Regierungscomputern. Interessant zumindest für einen Mann, der wissen wollte, was wirklich vorging.
     
    Ein Mann vom Secret Service stand auf dem Flur vor der Tür zu Danzigs Büro. Er trug den üblichen tadellosen Anzug mit weißem Hemd und weinroter Krawatte sowie einen Knopfhörer im Ohr. Er nickte Jake und dem Marine zu, trat in die Mitte des Gangs, so dass er den Zugang zum Amtszimmer des Präsidenten ein Stück weiter den Flur hinunter versperrte, und deutete höflich auf den Eingang zu Danzigs Büro.
    Jake nickte und trat zur Tür. »Schön, Sie mal wieder zu sehen, Mr. Winter«, sagte der Secret-Service-Mann.
    »Schön, Sie zu sehen, Henry«, sagte Jake. Jake konnte sich an jeden Namen erinnern; das war eines seiner Talente.
    Danzigs Vorzimmer war acht Meter breit und sieben Meter tief. Auf einer Seite war ein kleiner Bereich für Drucker und Kopierer abgeteilt. Er hatte drei Sekretärinnen. Zwei saßen an identischen Kirschholzschreibtischen an den Seitenwänden einander gegenüber und starrten auf Computerbildschirme.
    Eine dritte saß unter einem Porträt von Theodore Roosevelt hinter einem breiten Tisch, einem antiken Stück mit verzierten geschwungenen Beinen, neben der Tür zum Chefzimmer. Der Tisch war mit Papieren und gebundenen Berichten übersät, dazu ein paar Familienfotos und eine Vase mit Cattleya-Orchideen, große gelbe Blüten mit roten Sprenkeln.

    Diese dritte Frau war Gina, die wichtige, diejenige, die ihn angerufen hatte. Sie war Mitte vierzig, hatte ein sehr gepflegtes ovales Gesicht, kurz geschnittene Haare, leuchtend blaue Augen und Fältchen am Hals. Sie nickte lächelnd, als ob sie ihm nicht im nächsten Moment die Kehle durchschneiden würde, wenn ihr Boss das von ihr verlangte. »Schicke Krawatte«, sagte sie und berührte einen Knopf auf ihrem Schreibtisch. Jetzt wusste Danzig, dass Jake wartete.
    »Schicker Halter«, sagte Jake. »Ist der neu?«
    Gina berührte den Ausweishalter an ihrem Hals, in dem ihr Dienstausweis vom Weißen Haus steckte, türkise Cabochons in Navajo-Silber eingefasst. »Den habe ich gerade bekommen – mein Mann hat ihn mir zum Hochzeitstag geschenkt.«
    »Hat so was hübsch Antikes«, sagte er. »Gefällt mir.«
    Namensschilder trennten die Washington-Insider von den Touristen. Nun hoben sich die Elite-Insider von den einfachen Insidern mit Edelsteinen ab. Der Absatz von edelsteinbesetzten Ausweishaltern boomte.
    Gina blickte auf ihren Schreibtisch, wo sich eine Leuchtdiode grün verfärbt hatte. Sie sagte: »Du kannst reingehen. Er
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