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Totenflut

Titel: Totenflut
Autoren: Bent Ohle
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gesehen?«
    Â»Heute ist Donnerstag. Am Montag auf dem Weg zur Schule. Es ist ja nicht ganz ungefährlich, da dachte ich, ich ruf dich besser mal an.«
    Â»Schon richtig. Ist auch verboten, seinen Wagen so abzustellen.«
    Â»Aber warum macht einer so was?«
    Â»Das wird sich rausstellen.«
    Winkler blickte in den Wagen, drückte den Türknopf, und tatsächlich sprang die Tür auf.
    Â»Hoppla!«
    Jansen blickte noch einmal auf die Uhr, ging dann aber näher an das Fahrzeug heran, weil auch er neugierig war. Winkler saß bereits im Wagen und inspizierte das Handschuhfach, Mittelkonsole, Seitenfächer und die Sonnenblende. Neben diversen Quittungen, CD s, einem Eiskratzer und einem Kalender fand er auch einen Lippenstift.
    Â»Scheint einer Frau zu gehören.«
    Er stieg aus und sah sich in der Gegend um. Nirgends waren Spuren zu erkennen. Keine Fußspuren, keine Bremsspuren, keine Kleidungsstücke, gar nichts.
    Â»Und jetzt?«, fragte Jansen in die Stille hinein.
    Â»Lass ich das Ding abschleppen, bevor noch einer reinfährt!«
    Â»Brauchst du mich noch? Ich würd gern …«
    Â»Nein, vielen Dank! Fahr ruhig weiter.« Und mit einem Blick in den Himmel fügte er hinzu: »Sieht nach Regen aus.«
    Â»Ja, und ich dachte, es wird ein schöner Tag.«, antwortete Jansen und schwang sich auf den Sattel.
    Â»Mach’s gut!«
    Â»Wiedersehen!«
    Winkler ließ seinen Blick ein letztes Mal über das Feld schweifen und stieg wieder in seinen Streifenwagen. Kaum hatte er die Tür geschlossen, zerplatzte der erste Regentropfen auf der Windschutzscheibe.
    Die Zeit des Regens begann. Es würde eine lange Regenperiode werden. Das Wasser würde endlos vom Himmel fallen. Der Himmel würde weinen, wie er noch nie geweint hatte. So viel Wasser.
    Kapitel 4
    Dr. Petri war Schröders einziger Freund. Schröders Beruf ließ kein Privatleben zu, und bei den Kollegen auf dem Revier war Schröder nicht unbedingt in die engere Auswahl für den beliebtesten Kollegen gekommen. Außerhalb des Reviers verbrachte er die meiste Zeit beim Arzt. Es war also nicht weiter verwunderlich, dass sein Knochendoktor irgendwann zu seinem Vertrauten geworden war.
    Petri hatte Schröder bereits bei seinem ersten Besuch gemocht. Ein unbeirrbarer Sturkopf, verschroben, aber amüsant und überdies ein sehr einträglicher Patient. Die Ecken, an denen sich die meisten Leute stießen, brachten Petri zum Lachen. Schröder hatte einen staubtrockenen Humor. Wenn er eine witzige Bemerkung fallen ließ, tat er das meist mit einer todernsten Miene. Kannte man ihn nicht so gut, und das traf wohl auf jeden zu, der ihn nicht länger als ein paar Jahre erlebt hatte, konnte man leicht in Unsicherheit geraten, wann er Ernst machte und wann er einen auf den Arm nehmen wollte. Petri hatte Schröder eigentlich nie wirklich lachen sehen. Ein Lachen hätte man in Schröders Gesicht allenfalls in den Augen sehen können, doch dass sich seine Mundwinkel mal mehr als zu einem Lächeln angehoben hätten, so etwas gab es nicht. Und zu seiner eigenen Überraschung vermisste es Petri auch nicht.
    Als er im Wohnzimmer die Spritze aufzog, hämmerte der Regen bereits gegen die Scheiben. Karl wendete sich ab, als Petri die Spritze in den Rücken seines Sohnes stieß. Es gab ein knirschendes Geräusch, und Schröder stöhnte durch die Nase. Langsam drückte Petri die leicht gelbliche Flüssigkeit in die Wirbelsäule, zog die Spritze heraus und wischte mit einem Tupfer einen kleinen Blutstropfen fort, der aus dem Einstichloch hervorquoll.
    Â»Ich fürchte, allzu lange wirst du dich nicht mehr um eine Operation drücken können.«
    Â»Hab ich keine Zeit für«, sagte Schröder harsch.
    Â»Hör lieber auf den Doktor!«, sagte Karl.
    Â»Du klingst langsam wie Mama, Papa!«, sagte Schröder, und in diesem Moment klingelte sein Handy. Petri reichte es ihm.
    Â»Ja?« Schröder horchte einen Moment in den Hörer, bevor er antwortete.
    Â»Ich will, dass ihr den Wagen untersuchen lasst! Das ganze Programm! Ich mach mich auf den Weg!«
    Kaum hatte er aufgelegt, versuchte er sich aufzurappeln.
    Â»Ich sag ja, ich hab keine Zeit!«
    Â»Kannst du dich nicht krank melden?«, fragte sein Vater und ließ es wie einen energischen Ratschlag klingen.
    Â»Ach, Papa …«
    Â»Dein Vater hat recht. Lange hältst du das nicht
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