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Totenblick: Thriller (German Edition)

Totenblick: Thriller (German Edition)

Titel: Totenblick: Thriller (German Edition)
Autoren: Markus Heitz
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unterschiedlichen Gerüchen erfüllt war. Farbe, Lack, Fixiermittel, Bodenpflege, Holz, feuchte Tapete, ein Hauch von Essen und Tabak. Ohne Zweifel hatte das Haus viel erlebt.
    Es gab keinen Fahrstuhl, also begaben sie sich zu Fuß in den vierten Stock, wo Hochstätters Wohnung laut Meldung lag.
    Umgeben von suchenden und fotografierenden Ermittlern, durchschritten sie mit Überziehern an den Füßen die Räume.
    Ares schätzte, dass es sich der ehemalige Kriegsberichterstatter und Fotojournalist auf mehr als 250 Quadratmetern gemütlich gemacht hatte. Altbau. Großzügig. Überbordender Platz.
    Auf den ersten Blick besaß die Wohnung Stil. Es gab viel Extravagantes, aber immer musste es funktional sein; die Lampen stellten durch die Bank Designerstücke dar.
    Damit endete der erste Eindruck, und das Grauen begann.
    Die über drei Meter hohen Wände waren mit Fotos und Bildern regelrecht tapeziert. Hochstätter hatte die moderneren nicht gerahmt, sondern nur mit Stecknadeln angepinnt. In allen Formaten, farbig oder schwarzweiß, und immer spielte dabei der Tod eine Rolle: Erschossene, Erhängte, Gesprengte, Verstümmelte, Flehende, Verbrannte, alles zuerst mit Weitwinkel und danach mit Zoom fotografiert; manche Makros verrieten erst bei genauerer Betrachtung, dass es sich nicht um gefärbte Flüsse, sondern um offene Venen in aufgeplatzten Beinen handelte.
    Ein Schädel mit abgeschlagenem Gesicht und blutigen Hautlappen hing wie eine Fahne auf zwei mal zwei Meter im Wohnzimmer. Daneben lag auf fünf mal drei Meter der verrottende Leichnam eines Weißen in einem Straßengraben, an dem farbige Jugendliche mit Schulranzen vorbeimarschierten, als gäbe es ihn nicht.
    Es existierten viele dieser grausamen Großformate, die Ares auf den Magen schlugen; auch Kinderleichen gab es hundertfach. Ebenso sah man Kindersoldaten um tote Frauen stehen, die sich über die Erschossenen amüsierten und sich über die Abschüsse freuten.
    Sämtliche Grausamkeiten, die Menschen einander zufügen konnten, hatte Hochstätter auf seine Filme und Datenchips gebannt.
    Im Grunde waren die Räume ein einziges Mahnmal, was es umso perverser machte, wenn man wusste, wer die Fotos geschossen hatte und welche Greuel von ihm angerichtet wurden; der Raum mit den klassischen Bildern, wie Marat oder Kleopatra, fiel darunter beinahe gar nicht auf.
    Vier LED-Flachbildfernseher dienten dazu, eine abwechselnde Schau abzufahren, wie ihnen erklärt wurde. Die Länder, in denen die unzähligen Aufnahmen entstanden waren, ließen sich kaum mehr ermitteln.
    Da gab es beispielsweise eine Schießerei zwischen Sicherheitskräften und einer Bande, bei der der Einschlag eines Projektils in den Kopf eines Mannes gestochen scharf festgehalten worden war. Drogenkrieg – aber wo?
    Mexiko?
    Kolumbien?
    USA?
    »Du meine Güte«, murmelte Lackmann blass. »Wenn er sich diese Aufnahmen von morgens bis abends angeschaut hat …«
    »Er war dabei, als sie entstanden«, präzisierte Ares. Das sehr individuelle Ausmaß der unendlichen Gewalt in der gesamten Welt.
    In einem auffällig kleinen Raum gab es weitere Bilder von Ermordeten. Auf sämtlichen Fotos hatten die Leichen die Augen weit aufgerissen, genau wie die Opfer in Leipzig. Notiert waren darunter immer das Land, das Datum, die Uhrzeit. Die Eintragungen reichten bis ins vergangene Jahr.
    Ares schluckte. »Heißt das, auch sie gingen bereits auf sein Konto?«
    »Ich bin kein Psychologe, aber …« Lackmann schüttelte sich und kramte den Flachmann heraus. »Ich denke, ja.«
    Hochstätter hatte viel früher angefangen, als sie dachten. Bereits auf seinen Fotoreisen und Reportagen. Nun machte er einfach weiter. Nur dieses Mal in seiner Heimat.
    Ares’ Smartphone machte sich bemerkbar, und er holte es ebenso aus der Tasche wie Lackmann seins. Sie hatten zeitgleich ein Bild geschickt bekommen, von der BKA-Computerspezialistin namens Jung: Das Programm hatte ein ungefähres Gesicht aus dem Optogramm gezaubert.
    Begleitet wurde die Datei mit dem Hinweis, in der Wohnung des Täters nach Frauenbildern Ausschau zu halten, die eine ungefähre Ähnlichkeit aufwiesen. Jung konnte mit Sicherheit sagen, dass das Optogramm mit Hilfe eines Fotos und nicht durch die reale Person vor Ort erzeugt worden war.
    Lackmann schaute zu ihm herüber. »Sie haben es auch bekommen, Herr Löwenstein?«
    Ares öffnete die Datei.
    In ihm zog sich alles zusammen, ein Eisklumpen bildete sich in seinem Magen, und Schwindelgefühl brachte ihn zum
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