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Tote Männer Milch (German Edition)

Tote Männer Milch (German Edition)

Titel: Tote Männer Milch (German Edition)
Autoren: Simone Malina
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Wachsspuren vom Finger und eilte über den Hintereingang in ihren Garten hinaus. Trotz der Dunkelheit, brauchte sie sich beim Laufen nicht in Acht zu nehmen, weil vom Nachbargrundstück aus ein gedämpftes Licht ihren Garten erhellte, das eckig abgegrenzt vom großen Fenster kam. Trotzdem ermahnte sie sich zur Vorsicht. Behutsam ertastete sie die Holzleiter, die wie gewöhnlich an dem alten Baum lehnte, und stieg bedachtsam die Sprossen hinauf. Zwanzig Sprossen hätte sie erklimmen müssen, um den Brief bequem in ihr Vogelhäuschen einwerfen zu können. Für Isolde war das kein waghalsiges Unterfangen. Sie kannte keine Höhenangst, hatte Kraft und war gelenkig. Doch jetzt erklomm sie nur zehn Sprossen, weil sich genau in dieser Höhe eine verblüffende Aussicht bot. Sie hatte jetzt völlig freie Sicht, direkt auf die langgezogene Glasfront, die das hell erleuchtete Wohnzimmer von der Terrasse trennte. Sie blickte direkt auf eine Rückenansicht ihrer Nachbarin, die einen schwarzen Kimono trug und eine bauchige Kristallkaraffe in der Hand wog. Mit der holte sie gerade aus und warf sie nach ihrem Mann. Der konnte gerade noch rechtzeitig ausweichen, bevor das Wurfgeschoss gegen die Wand donnerte und einen Fleck hinterließ. Isolde schnappte nach Luft, schlug sich vor Schreck beide Hände auf den Mund. Dabei geriet sie aus dem Gleichgewicht und ergriff mit knapper Not einen Ast, an dem sie sich wieder Halt verschaffte.
    „Der zweite Akt...“, keuchte sie entsetzt.
    Ihre Augen tränten, weil sie zu blinzeln vergaß und mit starrem Blick der unheimlichen Dinge harrte, die in einem Fiasko zu enden drohten. Sie verstand das alles nicht.
    Die haben sich doch gerade erst geliebt, wieso schlagen die sich jetzt tot, ging ihr durch den Kopf, während Wortfetzen zu ihr hinüberfauchten. Eisig klang das. Verbale Tiefkühlkost, aus der untersten Schublade, die für Isolde keinen sinnvollen Zusammenhang ergab, aber bei dem Opfer offensichtlich einen Gefrierschock auslöste.
    „Bei allen Heiligen ... Eisheiligen...“, verbesserte sie sich, „vor ein paar Stunden waren die noch heiß wie ein Waffeleisen und jetzt...“
    Isolde verstummte, weil es plötzlich unangenehm still wurde. Es dauerte einige Augenblicke, bis sich der Mann aus seiner Erstarrung löste. Auftaute. Das unschuldige Weiß seines Bademantels konnte nicht über die fragliche Stille hinwegtäuschen. Der Schürhaken in seiner Hand war Antwort genug. Beängstigend langsam schritt er auf die nunmehr unbewaffnete Widersacherin zu. Aber die lief nicht weg. Blieb breitbeinig stehen. Provozierte, indem sie ihren blonden Haarschopf hochmütig in den Nacken warf und ihr Gegenüber mit einem verächtlichen Lachen verhöhnte.
    Hält die sich für unverwundbar? Ist die sich nicht bewusst, was der da für eine Mordwaffe in der Hand hält? Oder kennen Stadtweiber nicht die Schlagkraft von Schürhaken? Isolde fühlte sich angesichts der zuspitzten Lage völlig überfordert.
    „Schlappschwanz!“, hörte sie die Frau keifen.
    Isolde verzog schmerzlich berührt ihr Gesicht. Es war ein kollegiales Empfinden, das sie dem Mann gegenüber verspürte. Nur allzu gut, konnte sie nachfühlen, wenn Menschen in der Lage waren, jemanden im Affekt zu töten.
    „Schlag zu“, rutschte Isolde heraus.
    Sie biss sich jedoch sogleich auf die Lippen, weil sie sich nicht ganz sicher war, ob sie über telepathische Kräfte verfügte. Der Mann jedenfalls war plötzlich wie fremdbestimmt stehengeblieben. Seine Augen waren starr auf die Frau gerichtet. Dieser Mann hatte offensichtlich mehr zu verlieren als seine Beherrschung, mutmaßte Isolde erregt. Sie konnte nicht erkennen, ob die Augen dieser Frau ihn anflehten oder frostig anblitzten. Noch immer konnte Isolde ihr nur auf den Rücken schauen. Isoldes Augenmerk war noch hochkonzentriert auf die Seitentasche des Kimonos gerichtet, in der die Frau verdächtig ihre Hand vergraben hielt, als plötzlich der Schürhaken zu Boden schepperte. Jetzt wird er sie eigenhändig erwürgen, dachte Isolde schockiert und stieß einen gurgelnden Laut hervor. Sie wollte einschreiten, irgendwas tun. Aber was? fragte sie sich. Schreien. Einfach losbrüllen, so laut du nur kannst, fiel ihr ein. Aber was dann? Die beiden würden vermutlich alarmiert aufhorchen. Auf die Terrasse laufen, dem Geräusch nachgehen – wie all die anderen Nachbarn aus der Umgebung. Man würde die Polizei verständigen. Isolde malte sich bildlich aus, wie sie von einem Rudel Spürhunde umzingelt,
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