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Tote Maedchen luegen nicht

Titel: Tote Maedchen luegen nicht
Autoren: Jay Asher Knut Krueger
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auf mich ziehen könnte, sagte sie: »Tu so, als seiest du schwer zu haben.« Also habe ich ihren Rat befolgt. Und es hat tatsächlich funktioniert. Du fingst an, vor meinen Klassenzimmern herumzulungern und auf mich zu warten.
    Ich glaube, es hat Wochen gedauert, bis du endlich nach meiner Telefonnummer gefragt hast. Aber ich wusste, dass du es irgendwann tun würdest, deswegen hatte ich geübt, sie so gelassen und beiläufig auszusprechen, als würde es mir nichts bedeuten. Als würde ich sie jeden Tag hundert verschiedenen Leuten geben.
    An meiner alten Schule hat es schon Jungs gegeben, die mich danach gefragt hatten, aber hier, an meiner neuen Schule, warst du der Erste.

    Nein, das stimmt nicht. Aber du warst der Erste, der meine Nummer bekommen hat.
    Im Grunde hätte ich sie auch den anderen geben können. Aber ich war vorsichtig. Du weißt schon … neue Stadt, neue Schule. Und diesmal wollte ich selbst darüber entscheiden, wie ich von den anderen gesehen wurde. Wie oft bekommt man schon eine zweite Chance?
    Bevor du mich gefragt hast, Justin, habe ich immer alle Zahlen richtig gesagt - bis auf die allerletzte. Dann geriet ich plötzlich durcheinander … absichtlich schusselig sozusagen.
    Ich öffne den Rucksack, der auf meinem Schoß liegt.
    Ich war viel zu aufgeregt, um zuzusehen, wie du meine Nummer notierst. Zum Glück warst du viel zu nervös, um das zu bemerken. Als ich schließlich die letzte Zahl über die Lippen brachte - die richtige Zahl! -, strahlte ich von einem Ohr zum andern.
    Doch deine Hand zitterte so heftig, dass ich fürchtete, du würdest die Zahlen durcheinanderbringen, und das konnte ich nicht zulassen.
    Ich ziehe ihre Karte aus dem Rucksack und falte sie auf der Werkbank auseinander.
    Ich zeigte auf die Zahlen, die du hingekritzelt hattest. »Das muss eine Sieben sein«, sagte ich.
    »Ist es auch«, sagtest du.
    Ich benutze ein hölzernes Lineal, um die Falten zu glätten.
    »Na gut, solange du deine eigene Schrift lesen kannst …«
    »Kann ich«, sagtest du. Trotzdem hast du die Zahl durchgestrichen und eine zittrige Sieben hingekritzelt, die noch schwieriger zu lesen war.
    Ich zog die Enden meiner Ärmel in die Länge und war drauf und dran, dir damit den Schweiß von der Stirn zu wischen
… etwas, was meine Mutter bestimmt getan hätte. Doch ich konnte mich gerade noch beherrschen. Wahrscheinlich hättest du nie wieder irgendein Mädchen nach seiner Telefonnummer gefragt.
    Durch die seitliche Garagentür höre ich, wie Mom meinen Namen ruft. Ich drehe die Lautstärke runter, bereit, auf die Stopptaste zu drücken, falls sie sich öffnet.
    »Ja?«
    Als ich nach Hause kam, hattest du schon angerufen. Zwei Mal!
    »Ich finde es ja schön, dass du arbeitest«, sagt Mom. »Ich wollte nur wissen, ob du mit uns zusammen zu Abend isst.«
    Meine Mom hat mich gefragt, wer du bist, und ich hab geantwortet, dass wir einen Kurs zusammen haben. Wahrscheinlich, sagte ich ihr, wolltest du dich nur nach den Hausaufgaben erkundigen. Genau das hättest du auch gesagt, erzählte sie mir.
    Ich betrachte den ersten roten Stern. C4. Ich weiß, wo das ist. Soll ich dort hingehen?
    Ich konnte nicht glauben, dass du meine Mutter angelogen hast.
    Doch warum machte mich das so glücklich?
    »Nein«, entgegne ich. »Ich gehe noch zu einem Freund und helfe ihm bei seiner Projektarbeit.«
    Weil wir uns dieselbe Lüge ausgedacht hatten. Das war ein Zeichen.
    »Das ist aber nett von dir«, sagt Mom. »Dann stell ich dir was in den Kühlschrank, was du später aufwärmen kannst.«
    Meine Mutter fragte, welchen Kurs wir denn zusammen hätten, und ich sagte »Mathe«, was zumindest nicht völlig gelogen war. Schließlich hatten wir beide Mathe. Nur eben nicht zusammen.

    »Schön«, sagte Mom. »Das hat er mir auch erzählt.«
    Ich habe ihr vorgeworfen, ihrer eigenen Tochter nicht zu glauben, riss ihr den Zettel mit deiner Telefonnummer aus der Hand und rannte nach oben in mein Zimmer.
    Ich werde dorthin gehen. Dorthin, wo sich der erste Stern befindet. Doch vorher, nachdem ich diese Seite zu Ende gehört habe, werde ich Tony einen Besuch abstatten.
    Tony hat seine Musikanlage im Auto nie aufgerüstet und hört beim Fahren immer noch Kassetten. Auf diese Weise, sagt er, bestimmt er auch weiterhin, was gespielt wird. Wer weiß, was die Leute, die er mitnimmt, sonst so für Musik dabeihaben.
    Als du dich am Telefon gemeldet hast, sagte ich: »Justin? Hier ist Hannah. Meine Mutter hat gesagt, du hättest wegen der
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