Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tote Maedchen luegen nicht

Titel: Tote Maedchen luegen nicht
Autoren: Jay Asher Knut Krueger
Vom Netzwerk:
überhaupt an? Warum reiße ich nicht einfach die Kassette aus dem Rekorder und schmeiße alle zusammen in den Müll?
    Ich schlucke heftig. Tränen brennen in meinen Augenwinkeln.
    Weil es Hannahs Stimme ist. Eine Stimme, von der ich glaubte, sie nie wieder zu hören. Ich kann die Kassetten nicht wegwerfen.
    Und natürlich wegen der Regeln. Ich blicke zu der alten Stoffwindel hinüber, unter der sich der Schuhkarton befindet. Hannah sagt, dass sie von jeder Kassette eine Kopie angefertigt hat. Aber wenn das nicht stimmt? Vielleicht hat die
ganze Sache ein Ende, wenn ich sie nicht weiterschicke. Aus und vorbei. Nichts passiert.
    Aber was ist, wenn auf den Bändern doch etwas zu hören ist, was mich belastet? Falls das alles doch kein Trick ist? Dann wird ein zweiter Satz Kassetten an die Öffentlichkeit gelangen. Das hat sie jedenfalls gesagt. Und jeder kann sie dann anhören.
    Der Farbklecks blättert ab wie alter Schorf.
    Wer traut sich zu testen, ob das Ganze nur ein Bluff ist?

    Du warst mit einem Fuß im Rinnstein und hast den anderen auf die Rasenfläche gesetzt. Weil mein Dad den ganzen Morgen über die Rasensprenger angeschaltet hatte, war das Gras noch feucht, und du bist ausgerutscht. Zach starrte in diesem Moment zum Fenster rauf, um einen Blick von Kats neuer Freundin - schönen Gruß auch - zu erhaschen, stolperte über dich und landete neben dir auf dem Bordstein.
    Du hast ihn weggestoßen und dich aufgerappelt. Als Zach wieder auf den Beinen war, habt ihr euch unschlüssig angeschaut, als wüsstet ihr nicht, was ihr jetzt tun solltet. Und wozu habt ihr euch entschieden? Ihr seid einfach weggelaufen, wieder die Straße hinunter, während Kat und ich uns kringelig gelacht haben.
    Ja, ich erinnere mich daran. Kat fand das wahnsinnig komisch. Sie hat mir im Sommer auf ihrer Abschiedsparty davon erzählt.
    Die Party, auf der ich Hannah zum ersten Mal gesehen habe.
    Oh, mein Gott, sie war so unglaublich hübsch. Und neu in der Stadt, das war das Aufregendste. Dem anderen Geschlecht
gegenüber verfiel ich meist in ein unverständliches Stammeln, über das sich jeder Pfadfinder amüsiert hätte. Doch ihr gegenüber konnte ich ein neues und anderes Gesicht zeigen.
    Kat zog noch vor Schulbeginn weg, und ich verliebte mich in den Jungen, den sie zurückgelassen hatte. Und es hat nicht lange gedauert, bis dieser Junge auch an mir Interesse zeigte. Was vielleicht mit der Tatsache zu tun hatte, dass ich ständig in seiner Nähe zu sein schien.
    Wir waren in keinem Kurs zusammen, doch lagen unsere Klassenzimmer in der ersten, vierten und fünften Stunde zumindest nah beieinander. Okay, in der fünften war es doch eine ziemliche Strecke, und manchmal kam ich zu spät, um dich noch zu sehen, aber in der ersten und vierten Stunde gingen unsere Zimmer zumindest vom selben Flur ab.
    Bei Kats Party hingen alle auf der Terrasse herum, obwohl die Temperatur unter null war. Vermutlich war es die kälteste Nacht des Jahres. Und ich hatte natürlich meine Jacke zu Hause vergessen.
    Irgendwann habe ich mich überwunden und angefangen, Hallo zu dir zu sagen. Ein wenig später hast du dir ein Herz genommen und damit begonnen, mein Hallo zu erwidern. Eines Tages bin ich dann grußlos an dir vorbeimarschiert. Ich wusste, dass dich das beschäftigen würde, und diese Situation führte tatsächlich zu unserem ersten richtigen kleinen Gespräch.
    Nein, das stimmt nicht. Ich hatte meine Jacke mit Absicht zu Hause liegen gelassen, damit jeder mein neues Hemd bewundern konnte.
    Was für ein Idiot ich doch war.
    »Hey«, sagtest du. »Willst du gar nicht Hallo zu mir sagen?«

    Ich lächelte, holte tief Luft und drehte mich um. »Warum sollte ich?«
    »Weil du sonst immer Hallo sagst.«
    Ich habe dich gefragt, warum du glaubst, dich bei mir so gut auszukennen. Dann habe ich dir gesagt, dass du wahrscheinlich überhaupt nichts über mich weißt.
    Auf Kats Party habe ich mich während meiner ersten Unterhaltung mit Hannah gebückt, um mir die Schuhe zuzubinden. Aber es ging nicht. Ich konnte keine Schleife binden, weil meine Finger vor Kälte ganz taub waren.
    Zu Hannahs Gunsten muss ich erwähnen, dass sie angeboten hat, es für mich zu tun. Aber natürlich habe ich das abgelehnt. Stattdessen wartete ich so lange, bis sich Zach in unser unbeholfenes Gespräch einschaltete, dann ging ich hinein, um meine Finger unter fließendem Wasser aufzutauen.
    Wie peinlich.
    Früher, als ich meine Mutter fragte, wie ich die Aufmerksamkeit eines Jungen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher