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Tote essen keinen Döner

Titel: Tote essen keinen Döner
Autoren: dtv
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auch kein hieb- und stichfestes Alibi mehr«, gibt Mehmet zu bedenken, »mit dem Flugzeug ist man in zwei Stunden wieder hier.«
    »Am besten, wir fragen Abdullah-Ibrahim, wer im Haus noch Ärger mit Adolf hatte«, schlägt Eminanim vor.
    »Genau! Mehmet, mein Sohn, du druckst jetzt sein |37| neues Gedicht ›Osman Engin, der unerschrockene Held der Arbeiterklasse‹ in deinem neuen Heft ab. Dann hat Abdullah-Ibrahim gute Laune und merkt überhaupt nicht, wenn wir ihn ausfragen.«
    »Plötzlich soll ich also doch ein neues Heft machen?«
    »Das ist ein Notfall! Dieses eine Extrablatt noch, damit die Nachbarn und die Ermittler denken, du hättest was zu tun und würdest nicht den ganzen Tag auf der Straße rumlungern. Schreib doch mal einen hübschen Artikel darüber, dass du die Skinhääds im Grunde deines Herzens eigentlich sehr nett und intelligent findest!«

|38| Auf frischer Tat
    Mitten in der Nacht, als Eminanim neben mir tief und fest schläft, krabbele ich, wie ein Ehebrecher, der sich klammheimlich zu seiner Geliebten schleichen will, leise aus dem Bett. Ich passe höllisch auf, dass meine Frau nicht aufwacht. Eigentlich ist das völlig überflüssig, denn wenn Eminanim schläft, dann schläft sie wie eine Tote. Ich könnte dabei wahrscheinlich pfeifen, springen, singen oder Schlagzeug spielen.
    Aus dem Schlafzimmer habe ich es schon mal unbemerkt rausgeschafft, nun muss ich mich nur noch vorsichtig an Hatices Zimmer vorbei zur Wohnungstür schleichen – das neugierige Gör hört im Gegensatz zu Eminanim nämlich immer alles. Geschafft! Im Hausflur schalte ich vorsorglich kein Licht an und taste mich behutsam, Stufe für Stufe, eine Etage höher. Dort angekommen, schließe ich die Wohnung von Adolf auf. Es war wirklich kein schöner Anblick heute Abend, als ich die Tiefkühltruhe öffnen musste, um an seinen Wohnungsschlüssel zu kommen. Ich glaube, selbst die beiden Hammelköpfe fühlten sich unwohl in seiner Nähe.
    In der Wohnung ziehe ich zuerst die Vorhänge richtig zu und mache meine Taschenlampe an. In den engen Spülhandschuhen von meiner Frau schwitzen meine Hände wie verrückt.
    |39| Mein Gott, was für ein Kaos! Überall leere Bierflaschen. Sogar eine Flasche an der Wand: sein Namensvetter und sein großes Vorbild, dieses hässliche Männchen mit dem kleinen Bärtchen. Hier herrschen schlimmere Wohnverhältnisse als in dem Müllhaufen, den Mehmet sein Zimmer nennt. Eigentlich hätte ich Eminanim hierher mitnehmen sollen. Dann käme ihr unsere Bauruine wie das Paradies vor. Wie kann ein Mensch nur so wohnen? So viel Müll und Dreck hinterlassen nicht mal achtundsechzigtausend Fußballfäns nach einem ausverkauften Pokalendspiel mit Verlängerung und Elfmeterschießen. Wie soll ich hier mit meiner kleinen Taschenlampe einen Hinweis oder eine Spur finden, die mich zu Adolfs Mörder führt? Man muss ja eher aufpassen, dass man hier nicht selbst im Schutthaufen versinkt. Möglicherweise hatte der Täter gar keine bösen Absichten gegen uns, als er Adolfs Leiche in unserem Keller deponierte. Vielleicht machte er sich als verantwortungsvoller Mörder auch nur Sorgen, dass man sein armes Opfer hier niemals finden würde.
    Eine nackte Matratze liegt auf dem Boden, alle Kleider sind auf einen Haufen geschmissen. Ein kleiner Tisch und zwei klapprige Stühle stehen in der Küche, das Spülbecken ist bis oben hin voll mit dreckigem Geschirr. Und es stinkt auch schon ohne eine verwesende Leiche bestialisch. Ich reiße alle Schubladen auf und suche nach Adress- und Telefonbuch. Nichts zu finden. An den Wänden hängen nur Plakate von Konzerten mit hässlichen Männern, es gibt keinen geheimnisvollen Schrank oder Säyf hinter dem teuren Ölgemälde wie bei meinen Kollegen Derrick und Colambo. Es gibt ja nicht mal Ölgemälde. Die beiden recherchieren in piekfeinen Gegenden und ich Armer |40| stehe mit meiner Taschenlampe in einem riesigen, stinkenden Müllhaufen.
    Unter der Matratze entdecke ich einen ganzen Stapel Pornohefte. Als gewissenhafter Detektiv schaue ich mir jedes einzelne Bild ganz genau an. Plötzlich höre ich Geräusche auf dem Flur. Da ist jemand an der Tür. Den Killer treibt es zurück an den Ort des Verbrechens!
    Bei Allah, hier kann ich mich nirgendwo verstecken! Mit großer Sicherheit werde ich dem Adolf bald in unserer Tiefkühltruhe Gesellschaft leisten. Während sich die Tür öffnet, bleibt mein Herz fast stehen. In meiner Verzweiflung halte ich mir die Pornohefte vors Gesicht, in der
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