Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tote essen kein Fast Food

Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food
Autoren: Karin Baron
Vom Netzwerk:
Zimmer, wo ich auf dem Bett das Liebesmahl schon mal vorwegnahm. Nicht schlecht, diese Krebsschwänze. Auch die nackten Nordseekrabben mit Zitrone aß ich bis auf die letzte Babykrabbe auf. Nur die Kingsize-Garnelen ließ ich liegen. Ihre pechschwarzen Stecknadelaugen machten mich immer nervös. Als seien die Biester gar nicht tot, sondern würden sich für den ersten Biss mit einer Attacke ihrer zahlreichen Knickebeine rächen.
    Obwohl es erst halb neun und die Sonne noch immer nicht komplett untergegangen war, verkroch ich mich unter die Bettdecke und vertiefte mich in den blutrünstigen schwedischen Krimi, der auf dem Boden neben meinem Nachttisch lag. Das tat ich immer, wenn ich über etwas nichtnachdenken mochte. So was wie unerwünschte Hausgäste oder unerwartete Strandbegegnungen zum Beispiel. Irgendwann hörte ich Martin unten im Vogelzimmer rumoren. Als er nach oben kam und den Kopf zu mir ins Zimmer streckte, stellte ich mich schlafend. Ein bisschen leiden sollte er schon auch.
    Am nächsten Morgen erwachte ich gegen halb elf, weil mir die Sonne ins Gesicht schien. In Boxershorts und Totenkopf-Schlafshirt tappte ich nach unten, wo Martin schon mit Last-Minute-Arrangements beschäftigt war. Er hatte einen Kornblumenstrauß in einem Bierglas auf dem Küchentisch deponiert und war dabei, mit Tante Hedis vielschwänzigem Feudel den schwarz-weiß karierten Fußboden zu wischen. Zur Begeisterung von Jasper, der versuchte, den Feudel zu fangen, und sich schwanzwedelnd in ihn verbiss, wenn es ihm gelang. Nachdem die beiden Krümel und Staub halbwegs gleichmäßig in der gesamten Küche verteilt hatten, stellte Martin seufzend Feudel und Eimer in die Ecke und blickte mich an. „Na, gut geschlafen?“
    â€žHm.“
    â€žSah aber nach Tiefschlaf aus, als ich gestern Abend bei dir reingeschaut habe.“
    â€žKann sein.“ Ich schlurfte zum Kühlschrank und holte die Milch raus.
    â€žKann ich mich darauf verlassen, dass du was anhast, wenn unsere Gäste kommen?“
    â€žDeine Gäste. Außerdem: Ich hab was an.“
    â€žDu weißt, was ich meine.“
    â€žNee, keine Ahnung.“
    â€žHelena!“
    â€žWer soll das sein? Kenn ich nicht.“ Ich knallte die Kühlschranktür zu und zerrte die Brotschublade aus ihrem Gehäuse. „Ich bin dir doch ganz egal. Du willst bloß nicht, dass ich dich vor deinen Gästen blamiere. Mann, wo sind denn die verdammten Cornflakes?“
    â€žIn Hedis Bonbonglas eine Tür weiter. Ich habe mich noch nie für dich geschämt, Fanny. Das weißt du. Und ich möchte auch nicht heute damit anfangen.“
    Warum kriegen Eltern immer diese distanziert-gediegene Art drauf, wenn sie sauer sind auf einen? „Brauchst du auch nicht. Es reicht vollkommen, wenn ich mich fremdschäme. Und zwar für einen Vater, dem es piepegal ist, ob er seiner einzigen Tochter die Ferien versaut mit einer Tusse, die zwanzig Jahre jünger ist als er. Und von der er vorher nicht ein Sterbenswort erwähnt hat.“
    â€žIch hätte gerne noch mit dir geredet, gestern Abend. Aber wie gesagt: Tiefschlafsyndrom. Im Übrigen ist Svea keine Tusse, sondern eine tolle Frau, wie du in Kürze feststellen wirst.“
    â€žAch ja? Dann ist Klein-Frida wahrscheinlich auch ein Traum von einem Kind, mit dem ich dann immer schön in der großen Sandkiste am Strand spielen darf. Damit die tolle Frau und der tolle Martin ihre Ruhe haben vor der lästigen Brut. Wie alt ist das Gör überhaupt?“
    Martin warf mir einen langen Blick zu. „Zehn“, sagte er. Dann leerte er den Putzeimer in den Ausguss, verstaute ihn mitsamt Feudel im Keller und verschwand nach oben. Ich verrührte meine Cornflakes mit Milch und Kakao zu einer trüben Pampe, die optisch in etwa meiner Laune entsprach,und war dabei, sie auszulöffeln, als er wieder herunterkam. Er hatte ein frisches weißes Hemd an und seine bestsitzende Jeans. Im grau durchsetzten Haar trug er seine tropentaugliche Andy-Warhol-Sonnenbrille.
    â€žWow. Fünf-Minuten-Frischzellen-Kur?“
    â€žEher Fünf-Minuten-Terrine. Jedenfalls dann, wenn ich nicht schnell noch mal bei Gosch vorbeifahre. Vielen Dank auch, dass du alles aufgegessen hast, ohne mir Bescheid zu sagen.“
    â€žDie Riesen-Garnelen sind noch da. Die haben so fies geguckt.“
    â€žDie kannst du jetzt in den Müll werfen. Ungekühlt riskierst
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher