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Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)
Autoren: Georges Flipo
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auch gesehen zu haben, dass er braune, gelockte Haare hatte. Er glaubt, das gesehen zu haben. Ich habe das nicht aufgenommen, weil… von hinten, mit der Kapuze über dem Kopf, das fand ich fragwürdig. Hätte ich das aufgenommen, hätten Sie mir die Meinung gegeigt.«
    » Braun und gelockt«, wiederholte die Kommissarin tonlos.
    Es folgte argwöhnische Stille. Viviane hoffte auf einen neuen Anstoß. Monot war erst acht Tage hier, was hatte er für Ideen? Aber er schwieg, er war gerissen, der Kerl, mit seinem Unschuldsblick.
    Sie seufzte und reichte ihm das Blatt. » Verstehen Sie, warum die ganze Truppe auf Sie sauer sein wird?«
    Der Lieutenant erblasste. Der arme Wurm, er verstand es nicht.
    Sie seufzte wieder. Mit seinem Abschluss in Literaturwissenschaften würde er einen Verfahrensverstoß nach dem anderen begehen. Selbst den Assistenten mit Jura-Abschluss passierte das manchmal. » Es kommt noch schlimmer, Sie waren übereifrig. Den Alten, den hätten Sie nicht vom Fleck schaffen dürfen. Solange er an der Ecke der Brücke lag, wäre er ein Fall für die Kollegen von der Rive Droite gewesen. Dank Ihnen lag er schließlich am Quai Conti, und Sie haben die Aussage aufgenommen. Also ist es jetzt unser Fall. Als hätten wir nicht genug zu tun. Ihr Pennbruder ist tot, wenn ich richtig verstanden habe?«
    » Ja, ich war noch im Krankenhaus Pitié-Salpêtrière, um ihn zu befragen. Da war er gerade seinem Schädel-Hirn-Trauma erlegen. Ich habe um einen Totenschein gebeten und ihn ins Leichenschauhaus bringen lassen. So ist doch das übliche Prozedere?«
    » Wenn identifiziert, wäre es perfekt.«
    » Ich habe in der Tasche seinen Ausweis gefunden, bevor ich ihn ins Leichenschauhaus habe bringen lassen: Pascal Mesneux, zweiundfünfzig Jahre alt. Gemeldet in der Rue Diderot in Asnières, aber dort wohnt er nicht mehr. Ich habe dort angerufen, seine Exfrau ist rangegangen. Er hat das gemeinsame Heim vor acht Jahren verlassen. Seitdem lebte er auf der Straße.«
    » Haben Sie den Erkennungsdienst um ein Foto gebeten?«
    Lieutenant Monot biss sich auf die Lippen, Kommissarin Viviane Lancier seufzte und biss sich dann auch auf die Lippen: Sie sollte sich gar nicht erst angewöhnen zu seufzen, sobald Monot mit ihr sprach.
    » Sie meinen also, mein kleiner Augustin, Akte geschlossen, bis sich ein Mörder findet? Ja?«
    Der Augustin war Viviane herausgerutscht. Der Lieutenant hatte es nicht gehört, er hob den Kopf, lächelte dümmlich.
    » Stört Sie da nichts, Monot?«
    » Doch, natürlich, ein Toter in unserem Revier, das ist immer störend.«
    » Das auch, aber stellen wir uns einmal vor, Sie gehörten zu diesem Vorstadtgesindel und das Stadtzentrum von Paris wäre Ihr Jagdrevier. Auf welche Art Opfer würden Sie abzielen?«
    Monot machte große Augen. Er schien ob dieser undenkbaren Vorstellung in Panik zu verfallen. Er tat Viviane leid, sie musste ihm auf die Sprünge helfen. » Ich meine, würden Sie es mitten auf einer Brücke auf die Tasche eines Penners absehen? Nicht eher auf die Handtasche einer reichen Dame, die gerade von Chanel kommt, oder auf die Brieftasche eines Touristen auf der Terrasse vom Deux Magots?«
    Sie schaute ihn zärtlich an: Über seinem blonden Engelsköpfchen schien der Heilige Geist zu schweben. Halleluja! Er kam herab!
    » Ja, das ist merkwürdig, Commissaire. Aber in der Tasche war nichts Interessantes. Übrigens habe ich sie zusammen mit der Leiche ins Leichenschauhaus bringen lassen.«
    Wenn Blicke töten könnten! Die der Kommissarin waren waren auf einmal sehr finster.
    » Ach, entscheiden jetzt Sie, ob ein Element aus diesem Fall interessant ist?«
    » Ich sage das, weil ich die Tasche sorgfältig durchsucht habe– ich erinnere mich an: ein Buch von Victor Hugo, eine Unterhose und Socken, ein paar Utensilien zur Körperpflege, seine alte Brieftasche mit ein paar Euro, Klopapier. Und eine Art Pfannkuchen.«
    » Und doch wollte man ihm das klauen. Haben Sie heute Abend schon etwas vor, Lieutenant?«
    » Ja, ich will mit einer Freundin…«
    » Na, dann haben Sie jetzt etwas anderes vor, Sie gehen ins Leichenschauhaus. Aber nicht alleine, keine Sorge: Ich spiele Ihre Freundin, ich fahre Sie hin.« Der letzte Satz erregte in ihr eine gewisse, beinahe schelmische Leichtigkeit.
    Fast den ganzen Nachmittag saß sie ihren Männern im Nacken, sie wollte wissen, was mit José Tolosa war, dem Gangster, der von Europol 1 gesucht wurde und den man angeblich bei Denfert-Rochereau gesehen hatte.
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