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Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders

Titel: Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
Autoren: Mark Billingham
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ausnahmsweise biss Thorne diesmal nicht an. Seine Laune konnte kaum noch übler werden. »Der Vater des Jungen war früher bei der Polizei«, erklärte er. Er hupte, als ein Motorroller vor ihm einscherte. Als er weitersprach, spuckte er die Worte aus, als handle es sich hierbei um etwas absolut Widerliches. »Ex-Detective Chief Superintendent Anthony Mullen.«
    Holland trug seine dunkelblonden Haare ungewöhnlich lang. Er strich sie sich aus der Stirn. »Und?«
    »Und das heißt, hier wäscht eine Hand die andere. Seine alten Kumpels sind in der Pflicht und tun ihm einen Gefallen. Und bevor wir uns umschauen, werden wir in eine andere Einheit versetzt.«
    »Andererseits gab es nichts Besseres zu tun«, warf Holland ein.
    Thorne warf ihm einen kurzen Blick zu, der jedoch seinen Standpunkt deutlich machte.
    »Für uns beide, mein ich. Im Moment ist nicht gerade viel los.«
    »Richtig. Im Moment. Aber man weiß nie, wann was Großes reinkommt.«
    »Klingt ja, als ob Sie darauf warteten.«
    »Wie bitte?«
    »Als ob Sie Angst hätten, was zu verpassen …«
    Thorne sagte nichts darauf. Er sah in den Seitenspiegel, blinkte und wartete, bis er die Spur wechseln konnte.
    Die nächsten Minuten sprach keiner von beiden. Regen prasselte auf die Scheiben, durch die man inzwischen nicht mehr Kilburn, sondern das wesentlich feinere Maida Vale sah.
    »Hat der DCI noch mehr rausgerückt?«, fragte Holland.
    Thorne schüttelte den Kopf. »Der weiß nicht mehr als wir. Den Rest erfahren wir, wenn wir dort sind.«
    »Hatten Sie schon mal mit der SO7 zu tun?«
    Wie viele Polizeibeamte hatte sich Holland noch nicht daran gewöhnt, dass die SO-Einheiten offiziell in SCD-Einheiten umbenannt worden waren, nachdem sie nun Teil des sogenannten Specialist Crime Directorate waren. Die meisten verwendeten noch immer die alten Abkürzungen. Schließlich war klar, dass es nicht lange dauern würde, und die Bonzen würden den Namen erneut ändern, wenn ihnen langweilig wurde. SO7 war die Abteilung für Specialist Operations. Der Aufgabenbereich ihrer Einheiten umfasste alles von Auftragsmord bis Drogenhandel. Zu diesen OCUs gehörten neben der Kidnap Unit die berühmt-berüchtigte schnelle Einsatztruppe Flying Squad, das für Geiselnahme und Erpressung zuständige Hostage and Extortion Team sowie das Projects Team, mit dem Thorne letztes Jahr an der Mafiasache zusammengearbeitet hatte, die so übel endete.
    »Gott sei Dank nicht mit der Kidnap Unit. Das sind Überflieger, die wollen mit Leuten wie uns nichts zu tun haben. Die tun so geheimnisvoll.«
    »Es geht wahrscheinlich nicht ganz ohne Geheimniskrämerei, wenn man berücksichtigt, was sie tun. Sie müssen wohl etwas diskreter vorgehen als wir anderen.«
    Thorne schien nicht überzeugt. »Sie finden sich super.«
    Er beugte sich zum Radio und schaltete es an. Er stellte einen Sportsender ein.
    »Dieser Mullen kennt also Jesmond.«
    »Seit Jahren.«
    »Gleich alt?«
    »Ich glaube, Mullen ist ein paar Jahre älter«, sagte Thorne. »Sie waren beide in einer alten AMIP-Einheit südlich der Themse. Der DCI glaubt, dass Mullen Jesmond den Weg geebnet hat. Mullen hat Jesmond den Posten verschafft.«
    »Okay …«
    »Erinnern Sie mich daran, dass ich dem Arsch eine verpasse, ja?«
    Holland grinste unangenehm berührt.
    »Was?«
    »Jemand hat seinen Sohn gekidnappt«, sagte Holland.
    Auf dem letzten Stück der Edgware Road, kurz vor Marble Arch, staute sich der Verkehr. Thorne wurde immer gereizter. Wenn die Staugebühr, die man den Autofahrern in der Londoner City neuerdings auferlegte, irgendeinen Unterschied machte, dann nur im Geldbeutel. Im Radio sprachen sie über das Spiel der Spurs morgen Abend. Der Experte im Studio meinte, sie seien die Favoriten und würden Fulham sicher die drei Punkte abnehmen, nachdem sie bereits dreimal in Folge gewonnen hatten.
    »Das ist der Scheißtodesstoß«, sagte Thorne.
    Holland war offensichtlich noch bei der Bemerkung von vorhin. »Ich glaube, man sieht das anders, wenn man Kinder hat.«
    Thorne knurrte.
    »Wenn jemand anderem etwas zustößt …«
    »Sie halten mich für gefühllos?«, fragte Thorne. »Weil ich das gesagt habe?«
    »Na ja, schon ein wenig.«
    »Falls es wirklich gefühllos war, dann war das göttliche Vergeltung.« Er musterte Holland aus den Augenwinkeln. Diesmal war es kein halbherziges Lächeln, aber es schien nicht so locker zu kommen wie früher.
    Holland war nie so frisch und jung und grün hinter den Ohren gewesen, wie Thorne ihn in
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