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Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Titel: Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung
Autoren: Barry Eisler
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Weg links von mir vorbei, aber das war es auch schon.
    Nach gut hundert Metern stoppte ich. Direkt vor mir war eine dichte Baumgruppe. Genau dort hätte ich mich auf die Lauer gelegt. Ich kroch näher ran. Da, neben dem dicksten Baum. Flach auf der Erde. Hilger.
    Ich wartete und beobachtete ihn. Er lag auf der Ostseite des Baumes, so dass jemand, der aus westlicher Richtung kam, ihn nicht sehen konnte. Ich hatte richtig gelegen: Er hatte meine Absichten durchschaut. Bloß, ich und der Eismann waren ihm doch noch einen Schritt voraus.
    Das trübe Licht erschwerte die Sicht, aber es sah aus, als hätte er in der rechten Hand eine Pistole. In seiner linken leuchtete etwas in regelmäßigen Abständen auf. Ein kleiner Monitor, vielleicht ein Handy. Ich hatte also auch mit der Kamera recht gehabt, was bedeutete, dass er allein war.
    Langsam, ganz vorsichtig, umkreiste ich ihn und näherte mich dann von hinten. Der Regen dämpfte die Geräusche, aber darauf war ich nicht angewiesen. Wenn mein Körper eines gelernt hatte und nie vergessen würde, dann wie er sich lautlos durch Schlamm bewegte. Hilger hatte gesagt, bei ihm war es die Wüste gewesen. Pech für ihn.
    Zwölf Meter. Zehn. Es konnte leicht passieren, im Augenblick des Tötens übereifrig zu werden, und ich zwang mich, langsam und ruhig zu bleiben.
    »Keine Bewegung«, befahl eine Stimme hinter mir.
    Es war Hilgers Stimme. Ich erstarrte und versuchte nicht, mich umzudrehen. Die Person vor mir auf der Erde rührte sich nicht.
    »Ganz langsam die Pistole hinlegen, weit weg vom Körper. Dann die Hände hoch, Finger gespreizt.«
    Ich tat wie geheißen, warf dann einen kurzen Blick nach hinten. Ich konnte nicht viel mehr sehen als eine Silhouette, die eine Pistole hielt, drei Meter entfernt. Der Lauf war ungewöhnlich lang, und ich begriff, dass es ein Schalldämpfer war. Die Waffe war auf mich gerichtet und der Abstand zu groß, um mich auf ihn zu stürzen. Wenn er meinen Oberkörper traf, schützte mich wahrscheinlich die Dragon-Skin-Weste. Aber wenn er tief oder hoch zielte, hatte ich keine Chance.
    »Wer liegt denn da vorn auf der Erde?«, fragte ich, um ihn in ein Gespräch zu verwickeln, in der Hoffnung, dass sich eine Möglichkeit auftat.
    »Ich hab keine Ahnung.«
    »Sie haben einfach jemanden erschossen, um ihn als Lockvogel zu benutzen?«
    Ich hörte ihn lachen. »Hat aber funktioniert, oder?«
    Das konnte ich nicht abstreiten.
    »Wollen Sie mir deshalb etwa ein schlechtes Gewissen einreden?«, hörte ich ihn sagen. »Wie viele Menschen haben Sie diese Woche getötet?«
    »Ich hatte keine andere Wahl.«
    Er lachte erneut, und ich spürte, wie tief in mir eine seit langem schwelende Wut aufflammte. Er hatte nicht versucht, mich zu durchsuchen, wahrscheinlich weil er mir nach unserem Zusammenstoß in Saigon nicht zu nahe kommen wollte. Ich hatte das Messer, das Boaz mir gegeben hatte, in meiner Vordertasche. Wenn ich mich auf ihn stürzte, könnte ich ihn vermutlich aufschlitzen, noch während er auf mich schoss. Gut möglich, dass ich starb, aber ich würde ihn mit in die Hölle nehmen.
    Tu es. Tu es, na los.
    Es war der Eismann, der da sprach.
    Nein. Es gab eine bessere Möglichkeit.
    Ich musste ihn ablenken. Ja, genau. Um Zeit zu gewinnen.
    »Sagen Sie mir, wo Dox ist«, hörte ich ihn sagen, und ich erkannte meine Chance. Er wusste nicht, wie übel zugerichtet der Scharfschütze war. Er dachte, Dox wäre hier.
    »Bei Boezeman«, sagte ich. »Boezeman hat ihn in den Container gelassen. Er hat die Bombe entschärft.«
    Eine Sekunde lang herrschte Schweigen, während sein Verstand sich gegen die neue Erkenntnis wehrte, wie viel ich doch wusste. Boezeman, Container, Bombe, entschärft … das war nicht so ohne weiteres zu verarbeiten. Seine Gedanken überschlugen sich, und das ging auf Kosten seiner Konzentration.
    »Sie lügen«, sagte er.
    Diesmal war ich es, der lachte. »Sie haben recht. Sie wollen wissen, wo Dox ist? Dox. Schalte ihn aus.«
    Hilger war lange genug beim Militär gewesen und kannte Dox’ tödliche Fähigkeiten zur Genüge, weshalb die Worte Schalte ihn aus eine beinahe pawlowsche Wirkung auf ihn haben mussten. In seinem Kopf schrillten jetzt wahrscheinlich die Alarmglocken: Rain trägt mit Sicherheit eine Schutzweste, Dox ist in der Nähe und schaut durch ein Zielfernrohr, wo ist die Visierlinie, du musst raus aus dem Fadenkreuz Ich wirbelte herum und stürzte mich auf ihn. Ich war anderthalb Meter entfernt, als die erste Kugel meine Brust
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