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Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen
Autoren: Barry Eisler
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eine Kuppelkamera montiert, und wenn jetzt jemand zuschaute, würde er nichts anderes sehen als einen Mann, der sein Aussehen im Spiegel überprüfte. In Wahrheit hatte ich jedoch unter der linken Kante des Sideboards die Kamera mit selbsthaftender Rückseite befestigt, sodass sie einen Weitwinkelblick auf die Zugänge zu den Fahrstühlen hatte.
    »Wie ist das Bild?«, fragte ich leise.
    »Nicht gut. Zu grobkörnig. Das Signal bricht ab, bevor es den Empfänger erreicht. Wir brauchen doch den Verstärker."
    "Okay. Wird erledigt.«
    Ich ging ein paar Schritte den Flur hinunter, kehrte dann zum Fahrstuhl zurück, bloß irgendein schusseliger Hotelgast, der sich in der Etage geirrt hatte. Diesmal hielt ich im sechsten. Als ich ausstieg, überprüfte ich meinen Zimmerschlüssel, blickte mich leicht übertrieben verwirrt um und dachte, Mensch, diese Etagen sehen ja alle gleich aus, wo ist nochmal mein Zimmer?, nur für den Fall, dass ich beobachtet wurde. Dann brachte ich vor den Fahrstühlen auf die gleiche Weise einen Verstärker an, wie ich auf Mannys Etage die Kamera montiert hatte.
    Kaum hatte ich ihn eingeschaltet, als ich auch schon Dox' Stimme hörte. »Alles klar. Na, das nenn ich eine schöne Aussicht.«
    Ich trat beiseite. »Der Zugang zu den Fahrstühlen?«
    »Ja. Das Weitwinkelbild, das ich vorhin von deinem Schritt hatte, ist nichts dagegen. Damit hätten wir eine Superchance auf den Preis für das lustigste Heimvideo.«
    Ich suchte nach einer schlagfertigen Antwort, aber genau das wollte er ja. Also sagte ich nichts und ging zurück zu meinem Zimmer.

 
2
    DIE ZWEI MÄNNER, von denen mir eine Woche zuvor der Manny-Job angeboten worden war, hatten sich sehr bedeckt gehalten, für wen genau sie tätig waren. Vielleicht für den Mossad, vielleicht aber auch für eine der israelischen Elitespezialtruppen wie die Sayeret Matkal. Ich wusste lediglich, dass sie Landsleute von Delilah waren, die sich für sie verbürgt hatte. Letzteres hatte mir genügt, um mich mit ihnen zu treffen.
    Delilah und ich waren uns in Macau erstmals über den Weg gelaufen, wo wir beide auf Achille Belghazi angesetzt gewesen waren, einen Waffenhändler, den ich ausschalten sollte, den Delilahs Leute hingegen lebend brauchten, um ihm wichtige Geheiminformationen zu entlocken. Wir hatten uns jedenfalls auf einen etwas prekären Waffenstillstand einigen können, und am Ende war alles gut ausgegangen. Sehr gut, wenn ich den Monat hinzurechnete, den Delilah und ich anschließend in Rio verbracht hatten, bevor sie in ihre Welt zurückkehren musste und ich in meine.
    Doch obwohl die Chemie zwischen uns stimmte, hatte ich kein hundertprozentiges Vertrauen zu ihr: Sie war immerhin eine Agentin mit einem eigenen professionellen Programm. Daher hatte ich darauf bestanden, dass ihre Leute nach Nagoya kamen, eine große japanische Stadt zweihundert Meilen westlich von Tokio. Für mich war Nagoya heimatliches Terrain, aber für zwei Israelis auf Besuch und für irgendwelche uneingeladenen Gäste, die sie eventuell noch mitbringen wollten, musste die Stadt unbekannt und unangenehm sein, und sie wären beruhigend auffällig. Tokio hätte sich gleichermaßen für meine
    Zwecke angeboten, aber ich zog es vor, nicht allzu oft dorthin zu fahren. Es war zwei Jahre her, seit ich mich mit Yamaoto angelegt hatte, einem der Strippenzieher hinter der Korruption in Japan, aber ich wusste, dass der Mann ein langes und hasserfülltes Gedächtnis hatte und sicherlich in Tokio nach mir suchte. Nagoya war besser.
    Meine potenziellen Kunden befolgten meine Anweisungen, und zum vereinbarten Zeitpunkt trafen wir uns im Torisei, einer kleinen Yakitoriya in Nakaku. Yakitori ist bodenständige, japanische Kost, in der Hauptsache Hühnerfleisch, andere Fleischsorten und Gemüse, auf Holzkohle gebraten und an Holzspießen serviert. Dazu gibt es in der Regel Chazuke, eine suppige Mischung aus Tee und Reis, und man trinkt reichlich Bier oder heißen Sake. Yakitoriya sind meist klein, gemütlich und schlicht, und sie befinden sich häufig in der Nähe von U-Bahn-Stationen, damit ihre Stammgäste, vor allem sarariman und Studenten, rasch an einem Ecktisch etwas essen oder sich auf einen Plausch an die Theke setzen können.
    Ich saß in einem Teashop auf der anderen Straßenseite, gekleidet in einen unauffälligen marineblauen Anzug, wie sie für sarariman typisch sind, und las die Asahi Shimbun, eine japanischsprachige Tageszeitung, als ich sie aus nördlicher Richtung kommen
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