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Toedlicher Staub

Toedlicher Staub

Titel: Toedlicher Staub
Autoren: Massimo Carlotto
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geht dich nichts mehr an.«
    »Dann sind wir wohl quitt?«, traute Pierre sich zu fragen. »Und können uns Lebewohl sagen …«
    Deidda grinste vielsagend. »Wir sind mit dir fertig. Aber du kriegst eine andere Aufgabe zugeteilt.«
    Pierre gingen die Nerven durch. Er beschimpfte Deidda, bis der ihn bei der Gurgel packte und an die Wand drückte: »Hast du vergessen, was Capitano Porrà über Huren und Deserteure gesagt hat?«
    Nazzari bekam keine Luft mehr und konnte nur nicken.
    »Du hast zwanzig Jahre Militärstrafe abzusitzen«, fuhr der Tenente fort. »Dass du jetzt nicht in Santa Maria Capua Vetere oder schlimmer noch in Gaeta sitzt, ist ein Geschenk des Himmels, das du nicht verdienst. Du hast die Uniform verhöhnt, du Dreckstück.«
    Der Carabiniere ließ ihn los, und Pierre rutschte zu Boden, hustend und um Luft ringend. Deidda kritzelte eine Adresse auf die Ecke einer Zeitungsseite. »Morgen früh um neun. Pünktlich.« Er steckte das geliehene Handy ein, dann die Autoschlüssel. Schließlich nahm er die Geldkarte aus Nazzaris Portemonnaie.
    »Die Wohnung kannst du erstmal behalten.«
    Er schloss leise die Tür hinter sich. Pierre rappelte sich auf, wankte zum Waschbecken und ließ sich kaltes Wasser über den Kopf laufen. Im Grunde hatte er immer gewusst, dass sie nie geplant hatten, ihn laufen zu lassen. Jetzt warf diese Gewissheit allerdings eine Frage auf: An dem Tag, da sie keine Verwendung mehr für ihn hatten, was wurde dann aus ihm? Er blickte auf seine Hände. Sie zitterten.

    Nazzari erschien pünktlich am angegebenen Ort. »Ich will zu Sebastiano«, sagte er der jungen Frau hinterm Tresen des Flamingo .
    »Er ist noch nicht da.« Sie goss einem Kind einen Ananassaft ein. »Du bist Marco, der Neue?«
    Pierre antwortete nicht, fragte sich aber, woher das Mädchen seinen Decknamen kannte.
    »Ich bin Cristina.« Sie wandte sich zur Kaffeemaschine und machte einen Cappuccino. »Einen, der sich mit Cocktails auskennt, können wir wirklich gut brauchen«, sagte sie. »Sebastiano hat viel investiert, damit die Bar das richtige Image kriegt. Gemütlich, aber nicht zu exklusiv … Verstehst du? Morgens und nachmittags Familien, abends und nachts ein gepflegtes Publikum, das relaxt essen, trinken und tanzen will.«
    Pierre sah sich verblüfft um. Die Gäste saßen unter großen weißen Sonnenschirmen oder lagen in ringsherum angebrachten Hängematten. Er hätte einen oder mehrere Bullen erwartet und nicht gedacht, tatsächlich als Barkeeper angestellt zu werden. Er betrachtete Cristina. Zwanzig, zweiundzwanzig Jahre. Hübsch. Wahrscheinlich puderte sie sich gern das Näschen, sie war allzu aufgekratzt, das war nicht nur jugendlicher Schwung.
    »Heute ist schwer was los.« Sie holte ein Blech mit Croissants aus dem Ofen. »Die Logouts spielen am Abend. Kennst du die?«
    »Nein.«
    »Werden dir gefallen, die sind total super. Sie mischen alle möglichen Stilrichtungen, von Surf bis Garage, dazu Soundtracks von Krimis aus den Siebzigern …«
    Dann deutete sie mit dem Zeigefinger hinter ihn: »Da kommt Sebastiano!«
    Pierre stand vor einem rund Fünfundvierzigjährigen, schmal und mittelgroß, aber mit definierten Muskeln, graumeliertem Haar und Bärtchen, der ihm die Hand gab und ihm bedeutete, er solle ihm folgen.
    »Keine Ahnung, wer du bist und was du eigentlich in meiner Bar sollst«, setzte er an. »Vergiss nur eins nicht, ich hab hier alles reingesteckt, was ich hatte, und ich hab keine Lust auf Ärger.«
    »Was soll ich denn tun?«
    »Sie haben gesagt, du bist hinterm Tresen zu gebrauchen, um Cocktails zu mischen. Angeblich bist du sogar richtig gut.«
    »Und was erzählen sie sonst noch?«
    »Das erfährst du am besten von den beiden in dem weißen Alfa da draußen.«
    Nazzari schaute zu dem Wagen hinüber. Der Typ am Steuer winkte ihm gelangweilt.
    Noch so welche von Deiddas Sorte, dachte er.
    »Komm heut Abend gegen sechs wieder, dann kannst du alles für den Apero vorbereiten«, sagte Sebastiano.
    Nazzari setzte sich in den Alfa, der langsam losrollte. Die Temperatur im Innenraum war perfekt geregelt, doch es stank nach Rauch und Schweiß. »Tore«, stellte sich der Mann auf dem Beifahrersitz vor. »Und das da ist Mario. Einfache Namen, die kann sogar ein Arschgesicht wie du sich merken.«
    Pierre blieb still. Er hatte nichts zu sagen. Die Bullen waren alle gleich: Erstmal mussten sie klarmachen, dass sie das Kommando hatten. Mit der Zeit wurden sie dann weniger pissig.
    »Du arbeitest für
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