Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Kick

Tödlicher Kick

Titel: Tödlicher Kick
Autoren: Lucie Flebbe
Vom Netzwerk:
raus
    Der Fall war gelöst?
    Und Bordell-Stani konnte sich dank Kaution wieder um sein Geschäft kümmern. Hoffentlich kühlte er friedlich seine Eier und ließ Curly in Ruhe.
    Gittas Flüstern lenkte meine Aufmerksamkeit zurück in die Kapelle.
    Der Bestatter philosophierte vorn mit Begräbnismiene über den Fluch des Alkohols, während Danners Mutter raunte: »Es tut mir so leid, dass ich mich nie gemeldet hab.«
    Ich erstarrte.
    »Ich hab geglaubt, du würdest genauso werden wie er. Ich wollte das nicht noch mal mitmachen.«
    Danners Miene blieb ausdruckslos.
    »Ich hab dir auch gesagt, dass du bist wie er, oder?«
    »Höchstens ein oder zwei Mal«, brummte Danner.
    Seine Mutter kaute auf ihrer Unterlippe. »Ich bin stolz auf dich«, sagte sie dann.
    Die Worte trafen mich wie Hammerschläge gegen den Kopf. Plötzlich fiel mir auf, dass das bleiche Teiggesicht des Bestatters beinahe unnatürlich weiß wurde. Als hätte ihn ein blitzartiger Magen-und-Darm-Infekt ergriffen. Dann wurden die bunten Bleiglasfenster hinter ihm dunkler und dunkler. Der Kontrast zwischen Gesicht und Glas verschärfte sich, bis nur noch ein heller Fleck in der Dunkelheit übrig war.
    Ich kippte vornüber.
    Das Nächste, was aus der Finsternis wieder auftauchte, war mein Turnschuh. Ungewöhnlich dicht vor mir. Unter mir?
    Einen Moment lang hatte ich Orientierungsschwierigkeiten. Meine Hände berührten den gefliesten Boden der Kapelle neben meinem Schuh.
    Als sich mein Bewusstsein verabschieden wollte, war mein Oberkörper nach vorn auf meine Oberschenkel gesunken. Glücklicherweise hatte durch diese Sitzhaltung anscheinend ein wenig Blut, der Schwerkraft folgend, in meinen Kopf strömen können.
    Im gleichen Moment tauchte Molles Mondgesicht hinter dem bunten Wickelrock von Danners Mutter auf. Der Dicke sah besorgt zu mir herüber.
    Konnte ich mich aufrichten?
    Rasch begann ich, an meinen Schuh zu fummeln, als wollte ich ihn zubinden. Meine Hände fühlten sich taub an.
    Locker bleiben. Ich brauchte nur ein wenig frische Luft.
    Zu meinem Glück griff der Bestatter in diesem Moment nach der Urne und schaukelte im Wiegeschritt aus der Kapelle. Die kleine Trauergemeinde erhob sich.
    Ich blieb ein Stück hinter den anderen zurück und hoffte, dass ich nicht taumelte.
    Draußen wartete ich, bis die anderen um die Ecke in Richtung des anonymen Urnenfeldes verschwunden waren. Dann ließ ich mich auf die flache Stufe zum Eingang der Kapelle fallen.
    Ich rieb meine Hände am rauen Stoff meiner Jeans. Lieber hatte ich Schmerzen als diese Art von Taubheit. Ein Schmerz bestätigte mir wenigstens, dass ich noch in der Lage war zu fühlen.
    Mit zitternden Fingern kramte ich den Federhalter aus meiner Jackentasche und zog die Kappe von der scharfkantigen Stahlfeder. Kurzerhand zog ich die Spitze über meinen Daumenballen und ritzte die Haut auf.
    Das Blut ließ nicht lange auf sich warten. Aber wo blieb der Schmerz?
    Dass Danner zurückgekehrt war, merkte ich erst, als er mein Handgelenk packte. Erschrocken fuhr ich zusammen und versuchte, meinen Arm aus seinem Griff zu drehen. Klappte nicht.
    Sein Blick traf mich wie eine Ohrfeige. Blut schoss mir ins Gesicht.
    Danner nahm mir den Federhalter weg, als wäre ich ein Kleinkind, das sich an der Besteckschublade bedient hatte.
    »Was soll der Scheiß?«
    »Kleiner Unfall«, hörte ich mich selbst antworten. Ich ließ meine blutverschmierte Hand im Ärmel verschwinden. »Schon in Ordnung.«
    »In Ordnung?« Das Zittern in Danners Stimme verriet mir, wie viel Mühe es ihn kostete, nicht die Beherrschung zu verlieren. »Glaubst du, ich lass mich verarschen?«
    Er packte mich am Arm und zerrte mich in Richtung Friedhofsausgang.
    »Was ist mit der Beerdigung?«, wandte ich zaghaft ein.
    »Ist gelaufen. Der Bestatter wird schon nicht am Grab vorbeilaufen und sich mit der Urne nach Panama absetzen.«
    Danner drückte mich auf die polierte Haube unseres Spitfires. Das Blech gab unter meinem Gewicht knackend nach.
    »Seit Tagen trinke ich Tee, statt mich volllaufen zu lassen«, schnauzte er mich an. »Ich versuche echt, diese Kommunikationssache auf die Reihe zu kriegen – und du sagst ›in Ordnung‹? Ich muss ein Vollidiot sein!«
    Seine Augen waren dunkel geworden vor Zorn.
    »Ich will jetzt eine Erklärung hören.« Er deutete auf meine blutende Hand. »Und zwar eine verdammt gute. Du hast dreißig Sekunden, um dir eine einfallen zu lassen.«
    Er öffnete die Beifahrertür und kramte unter dem Sitz nach dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher