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Tödliche Versuchung

Tödliche Versuchung

Titel: Tödliche Versuchung
Autoren: Janet Evanovich
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Schwester, dann sprang man von der Brücke.
    »Hör du mir lieber zu, Stephanie Plum«, erwiderte Carol bibbernd. »Es hat dich keiner eingeladen zu meinem Abschiedsfest.«
    Ich war mit Carol zusammen zur Schule gegangen. Sie war Cheerleader gewesen, ich hatte den Taktstock geschwungen. Jetzt war sie mit Fetti Zabo verheiratet und wollte sich umbringen. Wäre ich mit Fetti Zabo verheiratet gewesen, ich hätte mich auch umgebracht, aber das war nicht der Grund, warum Carol mit einem Ziegelstein am Fußgelenk auf dem Brückengeländer stand. Sie hatte in der Shopping-Mall bei Fredericks of Hollywood einige Slips geklaut, weil sie ein bisschen Schwung in ihr Liebesleben bringen wollte. Solche Höschen hätte sie sich durchaus leisten können, nur schämte sie sich, mit den Teilen an die Kasse zu gehen. In der Eile war sie dem Zivilbullen Brian Simon hinten ins Auto gefahren und hatte Fahrerflucht begangen. Brian hatte im Auto gesessen, als es passierte, hatte sie verfolgt und kurzerhand in Haft genommen.
    Mein Vetter Vinnie, Direktor und alleiniger Eigentümer der Kautionsagentur Vincent Plum, hatte für Carol eine Kaution gestellt und sie aus dem Gefängnis herausgeholt. Sollte Carol jetzt nicht zu ihrem Gerichtstermin erscheinen, verfiel die Summe, die als Sicherheitsleistung für die Freilassung hinterlegt worden war; es sei denn, Vinnie gelang es, Carol innerhalb einer angemessenen Frist aufzuspüren.
    Hier komme ich ins Spiel. Ich bin Kautionsdetektivin, eine vornehme Umschreibung für Kopfgeldjäger. Ich spüre für Vinnie Personen auf, lebend und unverletzt, wenn es eben geht. Vinnie hatte heute Morgen auf der Fahrt zur Arbeit Carol Zabo auf dem Geländer stehen sehen und mich gleich losgeschickt, um sie zu retten, beziehungsweise – sollte jede Rettung zu spät kommen – mir wenigstens die Stelle zu merken, an der sie aufs Wasser geklatscht war. Vinnie befürchtete, seine Kaution zu verlieren, sollte Carol in den Fluss springen und die Polizeitaucher mit ihren Enterhaken die aufgeschwemmte Leiche nicht finden.
    »Da hast du dir ja keine schöne Art zu sterben ausgesucht«, sagte ich zu Carol. »Du wirst schlimm aussehen, wenn sie dich aus dem Wasser fischen. Überleg doch mal: allein deine Frisur, die ist dann völlig hinüber.«
    Sie verdrehte die Augen nach oben, als wollte sie aus der Vogelperspektive auf ihren Kopf schauen. »Scheiße, daran habe ich überhaupt nicht gedacht«, sagte sie. »Ich habe mir gerade erst mein Haar färben lassen, und Strähnen habe ich mir auch machen lassen.«
    Der Schnee fiel in dicken Flocken herab. Ich trug Wanderschuhe mit robusten Gummisohlen, aber die Kälte kroch dennoch in den Beinen in mir hoch. Carol war schicker angezogen: schrille Halbstiefel, kurzer schwarzer Rock, dazu die extravagante Jacke. Nur der Ziegelstein wirkte irgendwie zu salopp für das Outfit, und der Rock erinnerte mich an einen Rock von mir, der zu Hause bei mir im Kleiderschrank hing. Ich hatte ihn nur einmal und nur ganz kurz am Leib gehabt, bevor er an mir herab und zu Boden geglitten und mit dem Fuß zur Seite getreten worden war: die Eröffnungszeremonie einer kräftezehrenden Nacht mit dem Mann meiner Träume. Das heißt, mit einem der Männer meiner Träume. Es ist schon seltsam, was Kleidung für einen Menschen alles bedeuten kann. Ich hatte den Rock angezogen, weil ich damit einen Mann ins Bett kriegen wollte. Carol hatte dieses Kleidungsstück gewählt, um damit von einer Brücke zu springen. Keine gute Entscheidung meiner Ansicht nach. Ich hätte zu diesem Zweck lieber weite Hosen angezogen. Carol würde ziemlich lächerlich aussehen, wenn man sie aus dem Wasser holte, der Rock säße ihr unterm Kinn, die Unterhose wäre ihr auf die Füße gerutscht. »Wie findet Fetti die Strähnen denn?«, fragte ich sie.
    »Fetti gefallen die Strähnen«, sagte Carol. »Er will nur, dass ich mir die Haare wachsen lasse. Er meint, lange Haare wären heute wieder angesagt.«
    Ich persönlich würde ja nicht viel geben auf den modischen Geschmack eines Mannes, der sich seinen Spitznamen eingefangen hatte, weil er sich sexueller Erfahrungen mit Schmierpressen rühmte. Aber das ist meine ganz private Meinung. »Dann sag mir doch endlich, warum du hier auf dem Brückengeländer stehst?«
    »Weil ich lieber tot bin als ins Gefängnis zu gehen.« »Ich habe dir doch gesagt, du kommst nicht ins Gefängnis.
    Und wenn doch, dann bestimmt nicht für lange.«
    »Ein Tag reicht mir! Eine Stunde reicht mir! Sie
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