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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: C. S. Forester
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sagte, es sei schon nach neun Uhr gewesen.«
    Mrs Clair hob den Blick vom Teetablett und sah Marjorie in die Augen. Doch ihre Miene war immer noch mild und ausdruckslos.
    »Mutter!«, rief Marjorie.
    Ted verließ das Büro gewöhnlich um sechs Uhr, und während des Sommers, wenn die Dinge ohnehin alle langsamer liefen, war er abends noch nie länger geblieben.
    »Mr Lang sagte, dass Ted sogar selbst noch Witze darüber gerissen habe. Ted sagte, es sei doch wirklich zu komisch, dass er, der sowieso nur im Sommer an den Billardturnieren teilnehmen könne, weil er dann früh genug freihabe, die einzige Anfrage, die ihn seit Monaten länger aufgehalten habe, ausgerechnet am Abend des Halbfinales bekommen musste.«
    Marjorie hatte nichts davon gehört, dass Ted an jenem Abend länger im Büro festgehalten worden sei. Noch am Morgen hatten sie miteinander besprochen, dass er vom Büro aus direkt in den Billardsalon gehen und seine Abendbrot-Sandwiches dort essen würde. Und falls er in Wirklichkeit gar nicht von einer Anfrage aufgehalten worden war, blieb ein Zeitraum von drei Stunden, in denen sein Verbleib ungewiss war.
    »Sicher«, sagte Mrs Clair, ziemlich gelassen, »es mag überhaupt nichts bedeuten. Vielleicht war er letztlich sogar im Büro. Aber in dem Fall ist es seltsam, dass er uns, oder dem Untersuchungsrichter, nichts davon erzählt hat. Und er könnte auch mit einer anderen Frau zusammen gewesen sein.«
    »Ja«, erwiderte Marjorie. »J-ja.«
    Da stieg mit einem Mal aus Marjories Gedankenflut eine Erkenntnis empor. Es gab nur einen einzigen Mann auf der ganzen Welt, von dem Dot ihr nichts hätte erzählen können, wenn er ihr Liebhaber gewesen wäre. Und nun, da sie darauf aufmerksam geworden war, konnte sie sich sogar an ein oder zwei vereinzelte, vage Zwischenfälle in der Vergangenheit erinnern. Einmal war sie plötzlich ins Wohnzimmer getreten,in dem Dot und Ted sich unterhielten, und das Gespräch war abrupt abgebrochen. Und sie konnte sich erinnern, zweimal bemerkt zu haben, wie die beiden sich zulächelten. Nichts davon hatte sie zu jener Zeit irgendwie ernst genommen. Doch nicht Dot und Ted! Sie konnte die beiden einfach nicht verdächtigen. Und dennoch, keine wusste so gut wie sie, was für eine geschickt schmeichelnde Art Ted im Umgang mit Frauen hatte, wenn er wollte. Oh, es war möglich – wenn auch nur möglich.
    »Das Wasser im Teekessel kocht«, sagte Mrs Clair. »Und Anne wird jetzt auch jeden Moment kommen. Wir können den Tee aufgießen und dann mal sehen, was der kleine Rebell in der Zwischenzeit im Wohnzimmer so getrieben hat.«
    Aber Derrick hatte sich in den wenigen Minuten, die er allein gelassen worden war, recht brav benommen. Er war immer ganz aufgeregt und begeistert über die Besuche bei seiner Großmutter, und das Solitärbrett und die Murmeln, mit denen er bei diesen Besuchen spielen durfte, waren sein Lieblingsspielzeug. Er war gesprächig, als Marjorie ihn hochhob und in seinen Stuhl setzte, und er redete so, wie kleine Kinder es tun, ohne Zusammenhang zu irgendetwas, worüber er zuvor gesprochen hatte.
    »Tante Dottie war lustig gestern«, sagte er. »Ganz doll lustig.«
    Marjorie verlor beinahe die Nerven.
    »Du hast Tante Dot gestern nicht gesehen«, wies sie ihn sehr scharf zurecht. Sie hätte es sogar herausgeschrien, schrill herausgeschrien, wenn sie sich im Umgang mit den Kindern nicht eine gewisse Selbstkontrolle auferlegt hätte.
    »Gestern vor vielen Tagen schon«, sagte Derrick vorwurfsvoll. Gestern war für Derrick immer noch dasselbe wie vor einer Woche oder vor einem Monat. Und Derrick wusste nicht,dass Tante Dot tot war. Er sah zu den beiden Frauen auf und war überrascht und begeistert, welchen Eindruck seine Worte machten.
    »Sie war lustig gestern vor vielen Tagen«, fuhr er fort. »Ich hab gehört, dass sie singt, unten, da war ich schon im Bett, und sie hatte Gute Nacht gesagt, und da bin ich runtergerannt. Tante Dottie war lustig, und Daddy war lustig. Krieg ich noch ein Butterbrot?«
    »Mit Marmelade?«, fragte Mrs Clair.
    »Ja, bitte«, sagte Derrick.
    Mrs Clair neigte den Kopf und strich die Marmelade aufs Brot, und mit gesenktem Kopf und ihrer immer noch ruhigen Stimme, die das Zutrauen eines jeden Kindes gewann, stellte sie die Frage, die Derrick weiterplappern lassen würde. Sie zeigte nicht den geringsten Anflug jener Aufregung, die ihn nur verwirrt hätte.
    »Was hat Tante Dot denn Lustiges getan gestern vor vielen Tagen?«, fragte sie.
    »Ganz
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