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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: C. S. Forester
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kaufen, aber nicht mieten konnte – eine lange Straße, gesäumt von paarweise freistehenden Reihenhäusern, außen mit Stukkatur verziert und mit Ziegeldächern gedeckt, die je zwei kleine Wohnräume und eine Küche unten und zwei kleine Räume sowie einen noch kleineren und ein Badezimmer oben hatten. Doch jetzt, im leuchtenden Sonnenschein, war es sogar eine recht hübsche Straße, mit all den Blutbuchen am Wegesrand und den roten Ziegeln.
    Marjorie fragte sich, ob sie es ertragen könnte, noch länger hier zu wohnen und in der Küche zu arbeiten, in der Dot gestorben war. Und mittlerweile wusste jeder in der Straße, dass ihre Schwester sich umgebracht hatte, weil sie ein Kind erwartet hatte und unverheiratet war. Es war entsetzlich für sie selbst und würde scheußlich sein für die Kinder – aber da Teds Büro nun einmal in der High Street lag, wäre es dumm, weiter wegzuziehen, selbst wenn sie es sich leisten könnten. Teds kleines Gehalt war für ihre Familie sehr viel mehr wert als das manch anderer Männer, weil Ted keine Fahrtkosten hatte und jeden Tag zum Mittagessen nach Hause kommen konnte.
    Und dann war da ja auch noch Mutter. Darüber hatten sie sich gestern Abend unterhalten. Mutter war die Witwe eines Offiziers, wie Marjorie sich immer wieder stolz ins Gedächtnis rief. Der Vater, an den sie sich kaum erinnerte, war Bankangestellter gewesen und Offizier auf Zeit, der im Weltkrieg gefallen war. Das kleine Haus in der Dewsbury Road hatte ihm gehört, und damit und mit der Pension sowie dem Geld von der Versicherung und der großzügigen Abfindung von der Bank war Mrs Clair in der Lage gewesen, ihre beiden Töchter durchaus anständig aufzuziehen – und seit Marjorie verheiratet war und Dot eigenes Geld verdient hatte, ging es ihr sogar richtig gut. Doch jetzt war Mutter allein. Marjorie hatte, Teds unweigerlichem Wutausbruch trotzend, gestern Abend gefragt, ob Mutter nicht zu ihnen ziehen könnte, aber er hatte mit der sehr vernünftigen Bemerkung abgelehnt, dass es nie gut sei, wenn eine Schwiegermutter mit ihrem Schwiegersohn unter einem Dach wohne (im Grunde ihres Herzens wusste Marjorie natürlich, dass Ted und ihre Mutter sich nicht ausstehen konnten).
    Marjorie bog in die Nummer 77 ein, schloss die Tür auf und überredete Derrick, in den Garten hinauszugehen, allesganz automatisch, sodass ihr Gedankenfluss kaum einen Augenblick lang abbrach. Aber dennoch, Marjorie gefiel die Vorstellung nicht, dass Mutter allein war. Ted hatte den wirklich vernünftigen Vorschlag gemacht, dass Mutter doch vielleicht einen jungen Mann als Untermieter aufnehmen könnte, mehr um der Gesellschaft willen, die sie dann hätte, als des Geldes wegen, das er zahlen würde.
    »Ja«, hatte Mutter gesagt, »das ist eine gute Idee. Aber es ist heutzutage schwierig, junge Männer als Untermieter zu finden.«
    »Der junge George Ely würde einziehen, wenn ich es ihm sage. Du hast doch selbst einmal erwähnt, dass du ihn magst, und er würde sofort einziehen. Jede Wette.«
    Ted hatte den Gesichtsausdruck des harten Geschäftsmanns aufgesetzt, als er das sagte. George Ely war Teds Assistent in der Gas-Gesellschaft.
    »Aber es würde mir nicht gefallen, wenn Mr Ely sich gegen seinen Willen dazu verpflichtet fühlte«, sagte Mutter.
    »Erst letzte Woche hat er noch gesagt, wie miserabel seine Bude ist«, erwiderte Ted. »Ich werde es ihm gegenüber erwähnen.«
    Marjorie hoffte, dass George Ely einziehen würde. Sie mochte ihn. Er war schlank und blond und ruhig und von ausgeglichenem Naturell; in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil von Ted. Er würde sich bestimmt darum bemühen, gut mit Mutter auszukommen.
    Es war schöner, an solche Dinge zu denken als an Dots Tod, aber auch Letzterer kam ihr immer wieder in den Sinn, während sie in der Küche hantierte und das Mittagessen fertig machte. Marjorie erinnerte sich plötzlich daran, dass Ted vor einigen Wochen eine gedruckte Broschüre mit nach Haus gebracht hatte, herausgegeben von der Vereinigung derGas-Produzenten, die das Problem des Selbstmords durch Gasvergiftung aufgriff. Sie selbst hatte sie nicht gelesen, Marjorie wusste aber, dass Dot es getan hatte. Vielleicht war die arme Dot dadurch auf diese Idee gekommen. Ted hatte die Broschüre sehr sorgfältig gelesen, aber das gehörte natürlich zu seinen Aufgaben, denn er musste jeden Tag in der Gas-Gesellschaft Leute davon überzeugen, so viel Gas wie möglich zu verbrauchen, und in der Lage sein, zu jeder Einzelheit
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