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Tödliche Mitgift

Tödliche Mitgift

Titel: Tödliche Mitgift
Autoren: Eva Almstädt
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aufgefunden worden, die höchstwahrscheinlich eine Deutsche ist. Die Frau hatte sich unter dem Namen Annegret Dreyling in einem Hotel namens Guarini Palace eingemietet, als Heimatadresse hatte sie Lübeck angegeben.«
    »Oje«, sagte Pia.
    »Ja. Oje. Die italienischen Behörden kommen mit ihren Ermittlungen vor Ort wohl nicht so recht weiter. Die Frau hatte einen deutschen Begleiter, der seit dem Mord verschwunden ist. Der Mann wohnte in einem Hotelzimmer direkt neben dem der Ermordeten, und der Name, den er bei der Anreise angegeben hat, lautet Bernhard Löwgen. Angeblich wohnt er in der Nähe von Ratzeburg. Sie sehen also, Lübeck und Herzogtum Lauenburg – wir sind in jedem Fall involviert. Es geht zunächst darum, die Ermordete zweifelsfrei zu identifizieren und die Angehörigen zu informieren. Außerdem müssen wir überprüfen, ob sich Bernhard Löwgen inzwischen wieder in Deutschland aufhält. Alles Weitere wird sich dann finden. Es dauert den Italienern verständlicherweise zu lange, das alles über offizielle Anfragen laufen zu lassen. Die Formalitäten können auch später noch erledigt werden.«
    »Warum übertragen Sie mir diese Aufgabe?«, wollte Pia wissen. Sie galt im Kommissariat als ausdauernd und hartnäckig, war jedoch nicht gerade für ihre herausragenden diplomatischen Fähigkeiten bekannt. Der neue Auftrag würde aber ein Tanz auf rohen Eiern werden, denn es war immer schwierig, wenn man sich mit ausländischen Behörden auseinandersetzen musste. Dazu kam die Übermittlung der Todesnachricht an die Angehörigen. Eine Aufgabe, bei der sich auch nie jemand vordrängte …
    »Ich halte Sie für geeignet«, sagte Gabler vage. Das Gesuch der italienischen Behörden behagte ihm nicht, so viel war klar. Als er das Stirnrunzeln seiner Mitarbeiterin sah, setzte er hinzu: »Außerdem sprechen Sie doch fließend Französisch und Spanisch, wenn ich die Angaben in Ihrer Personalakte richtig im Kopf habe. Das könnte nützlich sein.« Aus Gablers Mund klang die Tatsache, dass Pia über etwas weiter reichende Fremdsprachenkenntnisse verfügte, als hätte sie einen angeborenen geistigen Defekt.
    »Wenn ich das Fax richtig verstehe, ist der Mord in Perugia in Italien begangen worden. Dort spricht man meines Wissens Italienisch.«
    »Perugia liegt mitten in Italien, in Umbrien, um genau zu sein«, bestätigte Gabler. »Aber diese romanischen Sprachen haben doch alle eine gewisse Ähnlichkeit, nicht wahr?« Er malträtierte erneut seinen Kugelschreiber.
    »Also gut.« Pia faltete das Fax in der Mitte zusammen. »Ist das hier alles, oder bekomme ich noch mehr?«
    »Das ist vorerst alles. Uns wird noch ein Fragenkatalog aus Italien zugesandt, wenn wir Glück haben, in deutscher Übersetzung. Aber bis es so weit ist, sollten Sie keine Zeit verlieren.« Gabler schaute sie erwartungsvoll an.
    Pia erhob sich langsam und sah, dass ihr Chef offensichtlich erleichtert war, weil sie nun mit ihrem neuen Auftrag von dannen ziehen wollte. »Wenn etwas unklar ist, können Sie sich jederzeit an mich wenden, Frau Korittki.«
    Eigentlich ist nichts klar, dachte Pia. Der Widerwille, den Gabler der Anfrage aus Italien entgegenbrachte, ließ sich wohl nicht nur auf die Sprachbarriere zurückführen. Es steckte mehr dahinter. Als sie die Türklinke in der Hand hatte, räusperte sich Gabler.
    Pia drehte sich noch einmal um. »Ja?«
    »Ich vertraue darauf, dass Sie mit viel Fingerspitzengefühl an die Sache herangehen, Frau Korittki. Sie kennen doch Frage eins?«
    »Frage eins – ist das meins?«, zitierte Pia den alten Spruch der Kriminalbeamten mit einem schwachen Lächeln.
    »Genau. Im Grunde ist das nicht unser Fall.« Er schien noch etwas hinzuzusetzen zu haben, würgte aber an dem Brocken wie eine Katze an einer Handvoll Gras.
    »Ich werde es berücksichtigen«, sagte Pia ungeduldig. Das dünne Thermo-Faxpapier klebte inzwischen an ihren Fingern.
    »Der Name Dreyling gibt mir etwas zu denken«, brach es endlich aus Horst-Egon Gabler heraus. »Sie haben bestimmt schon mal was von der Dreyling-Stiftung gehört, Frau Korittki?«
    »Sie meinen, die Ermordete gehörte zu den Dreylings?«, fragte Pia, die sich in diesem Moment ähnlich elend fühlte, wie Gabler aussah. Die Dreylings waren eine der bekannteren Lübecker Familien. Sie hielten sich im Hintergrund, trotzdem wusste man, wer sie waren.
    »Ich möchte es nicht ausschließen«, war die unbefriedigende Antwort, mit der Pia vorerst entlassen war.

4. Kapitel
    D as Kommissariat
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