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Tödliche Gier

Tödliche Gier

Titel: Tödliche Gier
Autoren: Sue Grafton
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Das war der 19. September. Offen gestanden habe ich Zeit geschunden, da ich annahm, sie würde bis dahin etwas hören.«
    »Was nicht der Fall war?«
    »Weder damals noch irgendwann seither. Ihrer Aussage zufolge litt er an keinerlei Krankheiten, die zu Besorgnis Anlass gegeben hätten. Weder Herzbeschwerden noch Diabetes noch irgendwelche psychischen Probleme in der Vergangenheit. Sie sagte, sie hätte ihn im Büro angerufen und mit ihm geredet — und zwar am 12. September, kurz nach dem Mittagessen. Purcell hat ihr gesagt, dass es später würde, aber es war nicht die Rede davon, dass er überhaupt nicht nach Hause käme. Am Samstagmorgen war sie völlig außer sich und hat jeden angerufen, den sie kannte — Freunde, Verwandte, seine Kollegen, Krankenhäuser, die Highway Patrol, das Leichenschauhaus — was man sich denken kann. Doch nirgends eine Spur von ihm.
    Ich habe über eine Stunde lang bei ihr gesessen, in dem Haus in Horton Ravine. Sie hat noch ein zweites am Strand, wo sie die meisten Wochenenden verbringt. Ich habe die ganze Latte abgearbeitet — nach Gewohnheiten, Hobbys, Beruf und Mitgliedschaften in Country Clubs gefragt; ich habe mir sein Schlafzimmer angesehen, seine Kommode durchsucht, seine Telefonrechnungen und Kreditkartenabrechnungen studiert. Ich habe auch seine Kreditkartenkonten nach jüngsten Bewegungen abgeklopft, sein Adressbuch und seinen Kalender durchgelesen — einfach alles abgedeckt.«
    »Und es hat sich nichts ergeben?«
    Er hielt einen Finger in die Höhe. »Darauf komme ich gleich. Im Lauf der folgenden zwei Wochen haben wir die Post bei ihm zu Hause und im Pflegeheim durchgesehen, dafür gesorgt, dass seine eingehende Post abgefangen wird, mit seinen Arbeitgebern gesprochen, ihn in die Vermisstendatei eingegeben und sein Autokennzeichen zur Fahndung ausgeschrieben. Sie verstehen doch, dass es hier nach dem Stand der Dinge nicht um ein Verbrechen geht, also ist das alles eine reine Gefälligkeit der zuständigen Stellen. Wir tun, was wir können, aber es gibt keinerlei Indizien dafür, dass wir es mit einem Problem zu tun haben.«
    »Fiona sagt, sein Pass sei verschwunden.«
    Odessa lächelte mitleidig. »Das ist meiner auch — so gesehen. Nur weil seine Frau ihn nicht findet, heißt das nicht, dass er verschwunden ist. Wir haben einen aktuellen Auszug für ein Sparkonto bei der Mid-City Bank gefunden. Und der hat uns stutzig gemacht. Es hat nämlich den Anschein, als hätte er im Lauf der letzten zwei Jahre eine Reihe von Barabhebungen vorgenommen — alles in allem dreißigtausend Dollar. Der Kontostand ist allein in den letzten zehn Monaten von dreizehntausend auf dreitausend gesunken. Der letzte Umsatz auf dem Konto fiel am 29. August an. Seine Frau scheint nichts davon zu wissen.«
    »Sie glauben, er hat seine Abreise vorbereitet?«
    »Tja, es sieht jedenfalls schwer danach aus. Sicher, mit dreißigtausend kommt man heutzutage nicht besonders weit, aber es ist ein Anfang. Vielleicht hat er ja noch andere Konten angezapft, die wir bis jetzt nicht entdeckt haben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Typ ein Spieler ist und das seine Einsätze sind. Sie behauptet zwar, er sei keiner, aber womöglich hat er sie ja darüber im Dunkeln gelassen.«
    »Könnten wir nochmal auf den Pass zurückkommen? Wenn Purcell das Land verlassen hat, müsste dann nicht der Zoll einen Eintrag darüber haben?«
    »Sollte man meinen. Vorausgesetzt, er hat seinen eigenen Pass benutzt. Vielleicht hat er aber seine Papiere — Führerschein, Geburtsurkunde und Pass — auch gegen einen Satz gefälschter Dokumente eingetauscht, was bedeutet, dass er unter einem anderen Namen nach Europa oder Südamerika geflogen sein könnte. Oder er ist nach Kanada gefahren, hat einen Flug gebucht und ist von dort aus weitergereist.«
    »Oder er hält sich irgendwo verborgen«, sagte ich.
    »Gut möglich.«
    »Hätte dann nicht irgendwer sein Auto sehen müssen?«
    »Nicht unbedingt. Er hätte es über eine Steilküste stürzen lassen oder damit nach Mexiko fahren und es einem Hehler verkaufen können. Parken Sie so einen Wagen mal in South Central, und Sie werden staunen, wie schnell er weg ist.«
    »Was für einen Wagen?«
    »Eine viertürige Mercedes-Limousine. Silberfarben. Mit persönlichen Schildern, auf denen DOCTOR P steht.«
    »Die Polizei glaubt also nicht an einen unnatürlichen Tod.«
    »Dazu besteht kein Grund. Schließlich haben wir auf dem Parkplatz vor dem Pflegeheim keine Blutflecken gefunden.
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