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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft
Autoren: Berndt Guben
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Tür.
    Eberstein drehte sich wortlos um und verließ in ohnmächtiger Wut das Zimmer. —
    Grußlos, mit zusammengebissenen Lippen, ging er an einigen in der Nähe stehenden Offizieren vorüber. Die Backenknochen traten weiß aus seinem angespannten Gesicht. Sein stierer Blick war auf die Erde gerichtet.
    »Baum«, murmelten seine Lippen, »Baum, du Hund, du trägst die Schuld an meinem Elend.« Nicht für eine Sekunde dachte er daran, die Ursache für sein unrühmliches Ende bei sich selbst zu suchen. Sein Blick war blind vor Haß. Sein Verstand sagte ihm zwar, daß es das beste wäre, dem Rat des Obersten zu folgen; aber in diesem Moment vermochte er nicht mehr, sein weiteres Tun allein vom Verstand abhängig zu machen. Mit jedem Schritt, den er tat, steigerte er sich in eine leidenschaftliche, zerstörerische Raserei. Plötzlich blieb er stehen. Der Teufel hatte ihm einen Gedanken eingegeben.
    Rache ! Rache ! Rache ! sang es in ihm. Der letzte Funke von Vernunft war erloschen. Der Folgen nicht achtend, änderte er plötzlich seine Richtung und wandte sich der Unterkunft seiner Abteilung zu.
    Das erste Détachement der zweiten Kompanie der Abteilung ritt soeben bei den Ställen vor. Der Befehlshabende ritt an den Grafen heran und meldete salutierend : »Zweites Détachement von Felddienstübung zurück.«
    »Laßt noch nicht absitzen, Leutnant. Ich habe vom Regimentskommandeur soeben Order erhalten, ein Sonderunternehmen durchzuführen. Euer Détachement dürfte dazu genügen. Veranlaßt, daß mein Pferd sofort gesattelt wird.«
    Der Leutnant salutierte, wandte sein Tier und gab den Befehl an einen der Soldaten im letzten
Glied weiter.
»Haben alle Leute Pistolenmunition bei sich?«
»Jawohl, Herr Major.«
»Sie sollen scharf laden.«
    Der Leutnant schien zwar verwundert, gab aber den Befehl weiter.Es waren noch keine drei Minuten vergangen, da wurde das gesattelte Pferd Rudolf von Ebersteins vorgeführt, und dieser schwang sich auf. »Zweites Détachement — Trrrab!« kommandierte Eberstein. Der Reiterzug setzte sich in Bewegung.

    60

    Der Pfeifer war, obwohl er die ganze Nacht über kein Auge zugetan hatte, nicht in seinem Zimmer geblieben.
    »Höre Diaz, wir können uns hier in Kassel jetzt frei bewegen. Wir brauchen nicht mehr Versteck zu spielen«, sagte er zu Ojo. »Amüsier dich, so gut du kannst, oder schlafe, ich muß zu den Ecks.«
    »Verständlich, Señor Doktor«, grinste Ojo. »Nun werdet Ihr wohl bald heiraten, und dann kann Ojo gehen«, fügte er traurig hinzu.
    »Keine Angst«, lachte Michel. »Ich werde zwar heiraten; aber wenn es dir Spaß macht, kannst du bei mir bleiben.«
    »Hier, wo ich kein Wort von dem verstehe, was die anderen reden?« Michel schüttelte den Kopf.
    »Nein, amigo, du weißt, daß es immer mein Plan war, nach Amerika zu gehen. Und den führe ich aus, auch, nachdem ich verheiratet bin. Meine Frau wird mich begleiten.«
    »Ist das nicht das gleiche?« fragte Ojo. »Ihr werdet Euch irgendwo dann in einer Küstenstadt ein Haus bauen, um den Rest Eurer Tage als wohlbestallter Arzt zu verbringen, nicht wahr? Und ich, was wird aus mir?«
    »Sei nicht undankbar, Diaz. Du bist ein reicher Mann. Genauso reich wie Tscham und ich.« »Schon recht«, murmelte Ojo. »Ich werde mir in Eurer Nähe eine Gastwirtschaft zulegen.« »Nun, da wirst du ja wohl selbst dein bester Kunde sein«, lächelte Michel.
    »Ich hoffe, auch Euch des öfteren einen guten Tropfen Wein einschenken zu können.«
»Das ist doch selbstverständlich. Wo meine Freunde sind, da gehöre auch ich hin. — Ich muß
jetzt gehen.«
Er wandte sich der Tür zu und verließ das Zimmer.
    Während er langsam durch die Straßen schlenderte, wußte er, daß er durch das Gespräch in der letzten Nacht einen verläßlichen Freund gefunden hatte. Er konnte sich zwar vorstellen, daß Oberst von Köcknitz nicht gleich ein Verfahren gegen Eberstein eröffnen würde; glaubte aber zumindest, daß der Oberst seinen Einfluß geltend machen würde, Eberstein dazu zu bringen, seine wahnwitzigen Unternehmungen gegen die Familie Baum einzustellen.
    Zum erstenmal seit langer Zeit pfiff Michel wieder fröhlich vor sich hin. Die Leute, an denen er vorbeiging, blieben stehen und wandten sich nach ihm um.
    »Hallo, Vater Eck«, grüßte Michel, als er das Ecksche Haus betreten hatte.
    »Freut mich, mein Junge, dich zu sehen. Ich habe gute Nachricht für dich. Der Pfarrer hat mir zugesichert, daß er euch in spätestens vier Tagen in aller Stille
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