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Toedliche Blumen

Toedliche Blumen

Titel: Toedliche Blumen
Autoren: Wahlberg
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Beispiel eine fröhliche Melodie, freundliche Erwachsene und viele Freunde in einem Land, in dem immer die Sonne schien. Wo es einen Swimmingpool gab und ein Pony, das ganz allein ihr gehörte. So schrecklich würde es vielleicht gar nicht sein zu sterben, oder? Es sterben schließlich andauernd Leute. Und außerdem würden dann alle um sie trauern. Mama, Lina, die Lehrerin und all ihre Klassenkameraden. Eventuell auch Gunnar, aber das war ihr egal, denn eigentlich fand sie ihn blöd. Und vielleicht sogar ihr Papa, wer auch immer er sein mochte. Er würde unter einer Palme am blaugrünen Wasser des Swimmingpools stehen und sie umarmen, während er ihr versicherte, dass er sie wahnsinnig vermisst hätte. Er würde viel netter zu ihr sein als Gunnar. Wie Linas Papa. Nur noch ein bisschen netter.
    Sie alle würden ganz schrecklich um sie trauern!
    Während sie sich vorstellte, wie es wohl sein würde, begann sie zu schniefen. Bei ihrer Beerdigung würden alle Reihen bis zum letzten Platz gefüllt sein, und der Hausmeister würde die Flagge auf dem Schulhof auf Halbmast hissen, genau wie bei dem Sportlehrer, der in den Alpen von einer Lawine verschüttet worden war. Damals war es sehr traurig gewesen. Alle hatten geweint. Und jetzt würde es noch trauriger werden.
    Sie wimmerte und heulte, dass die Tränen nur so liefen.
    Gerade als sie versuchte, sie wegzuwischen, spürte sie, wie der Druck auf ihrem Körper nachließ. Sie wurde befreit! Ein Schatten legte sich über sie, als das Gesicht einer unbekannten Person vorbeiflimmerte, doch Viktoria konnte nicht erkennen, wer es war.
    »Du Ärmste!«
    Irgendwo oberhalb ihres Kopfes, im Himmel oder wo auch immer sie sich jetzt befand, vernahm sie eine besorgte Stimme. Sie hörte sich jedoch verdächtig nach einer Frauenstimme an.
    »Wie ist das denn bloß passiert?«, fragte die Stimme, ohne von Viktoria eine Antwort zu erwarten. Und dann umfasste jemand ihren Körper und richtete sie langsam auf. »Kannst du dich bewegen?«
    Die Frau klang genau wie ihre Lehrerin, wenn diese kurz vor einem Wutausbruch stand und furchtbar böse wurde.
    »Versuch es!«, ermahnte sie die Stimme, woraufhin Viktoria das rechte Bein folgsam und so vorsichtig wie möglich anhob, auch wenn sich ihre Knie wie Pudding anfühlten. »Die Autofahrer sind allesamt verrückt«, schimpfte die Frau, während sie Viktorias kläglichen Versuch beobachtete, auf einem Bein zu stehen.
    Langsam dämmerte es Viktoria, dass sie wohl doch nicht von einem Engel gerettet worden war. Aber Mama würde noch viel wütender sein, mutmaßte sie im Stillen. Sehr viel wütender. Sie würde nämlich wahnsinnig werden, wenn sie hörte, was passiert war. Und sie würde nicht aufhören, zu schimpfen und zu schreien.
    Oh nein!, dachte Viktoria und verdrehte die Augen.
    »Du hast offensichtlich einen Schutzengel gehabt«, stellte die Frau nun in einem milderen Tonfall fest.
    Ihre Augen waren fast schwarz und mit grünlichen Ringen darunter versehen, die sie sehr alt wirken ließen. Eine uralte Hexe. Weitaus älter als ihr Körper und ihre Kleidung. Sie trug Jeans und eine Jacke, und bei genauerem Hinsehen merkte Viktoria, dass es sich natürlich nicht um Hexenaugen handelte. Außerdem war sie aus dem Alter heraus, in dem man an Zauberinnen und diesen ganzen Kinderkram glaubte.
    Die Frau sah, dass Viktoria geweint hatte, und begann, ihr die Wangen zu reiben, ungefähr in der Art, wie man einen Küchentisch abwischt. Ihre Hände waren rau, aber es tat dennoch gut, und Viktoria beschloss, nett zu ihr zu sein. Eigentlich hatte Mama ihr eingebläut, dass man immer vorsichtig gegenüber Fremden sein sollte. Diese Frau schien nicht viel älter als Mama zu sein, obwohl sich schon eine Menge Falten um ihre Augen abzeichneten.
    Im selben Augenblick fielen ihr die Maiblumen ein. Was würde ihre Lehrerin bloß sagen? Wahrscheinlich würde sie sie vor allen anderen Kindern in der Klasse ausschimpfen.
    »Und die Maiblumen?«, brachte sie zögernd hervor.
    Die Frau hatte den hellblauen Karton bereits aufgehoben und den gröbsten Schmutz abgewischt. Viktoria öffnete den Deckel und starrte verdrossen hinein. Die Frau meinte, Viktoria hätte Glück gehabt, dass der Inhalt heil geblieben war. Aber Viktoria tat es leid um die Schachtel, die jetzt verkratzt und schmuddelig und richtig hässlich aussah. Sie begann zu frieren und sehnte sich nach ihrer Mama. Egal, ob sie sauer sein würde oder nicht.
    »Wo wohnst du denn?«, wollte die Frau
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