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Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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verspüre er mit einem Mal das Bedürfnis, sie sich so genau einzuprägen, daß er sie niemals mehr vergaß  – das kantige, trotzige Kinn, die sanft gerundeten Wangen und die Augen, die so grün und rastlos waren wie die See, die unter ihnen gegen die Felsen krachte.
    »Du bist stark, Maggie. Hart und stark, aber mit einem weichen Herzen unter all dem Stahl. Gott weiß, daß du clever bist. Ich verstehe nichts von all den Dingen, die du weißt, und ebensowenig verstehe ich, wie sie dir in den Kopf gekommen
sind. Maggie, du bist mein leuchtender Stern, so wie Brie meine kühle Rose ist. Ich möchte, daß jede von euch dorthin geht, wohin ihr Traum sie führt. Das wünsche ich mir mehr, als ich es sagen kann. Und wenn ihr eure Träume verfolgt, verfolgt ihr sie ebensosehr für mich wie für euch selbst.«
    Das Dröhnen der Wogen in seinen Ohren wurde leiser, und das Zwielicht des Sturms in seinen Augen wurde matt. Maggies Gesicht verschwamm, und dann verblaßte es.
    »Was ist los?« Alarmiert umklammerte sie seinen Arm. Er war so grau wie der Himmel, und mit einem Mal wirkte er entsetzlich alt. »Bist du krank, Dad? Komm, ich bringe dich zum Wagen zurück.«
    »Nein.« Aus Gründen, die er nicht wußte, war es unbedingt erforderlich, daß er hier, an der äußersten Spitze seines Heimatlandes, stehenblieb und das, was er begonnen hatte, beendete. »Es ist alles in Ordnung. Ein leichtes Stechen, mehr nicht.«
    »Du frierst.« In der Tat fühlte sich sein drahtiger Körper unter ihren Händen wie ein Sack eisiger Knochen an.
    »Hör mir zu.« Sein Ton wurde vehement. »Laß dich durch nichts davon abhalten, deinen Weg zu gehen und das, was du tun mußt, zu tun. Drück der Welt deinen Stempel auf, und zwar so fest, daß er nicht mehr auszuradieren ist. Aber…«
    »Dad!« Panik wallte in ihr auf, als er schwankte und in die Knie ging. »O Gott, Dad, was ist los? Dein Herz?«
    Nein, nicht sein Herz, dachte er durch einen Nebel verschwommener Schmerzen hindurch, da er sein hartes, schnelles Pochen laut und deutlich vernahm. Aber gleichzeitig hatte er das Gefühl, daß in seinem Inneren etwas zerbarst und ihm entglitt. »Verhärte nicht, Maggie. Versprich es mir. Verliere niemals, was in dir steckt. Du wirst dich um deine Schwester kümmern. Und um deine Mutter. Versprich es mir.«
    »Du mußt aufstehen.« Sie zerrte an ihm herum, da es ihr schien, als könne sie nur auf diese Weise ihre Angst bekämpfen.
Das Peitschen des Meeres klang wie ein Sturm, wie ein alptraummäßiger Sturm, der sie beide über den Rand der Klippe auf die spitzen Felsen schleudern würde, brächte sie ihn nicht zum Wagen zurück. »Hörst du mich, Dad? Du mußt aufstehen.«
    »Versprich es mir.«
    »Ja, ich verspreche es. Ich schwöre bei Gott, daß ich mich um die beiden kümmern werde, allezeit.« Ihre Zähne klapperten, und brennende Tränen rannen über ihr Gesicht.
    »Ich brauche einen Priester«, keuchte er.
    »Nein, nein, du mußt nur aus dieser Kälte raus.« Aber noch während sie sprach, wußte sie, daß es eine Lüge war. Egal, wie fest sie ihn umklammert hielt, glitt sein Innerstes davon. »Laß mich nicht einfach so zurück. Nicht einfach so.« Verzweifelt blickte sie über die Felder und die ausgetretenen Pfade, über die Jahr um Jahr eine Unmenge von Menschen wanderte, um auf das Meer hinauszusehen. Aber es war niemand da, so daß sie auch nicht um Hilfe schrie. »Versuch es, Dad, los, versuch aufzustehen. Ich bringe dich zu einem Arzt.«
    Er lehnte seinen Kopf an ihre Schulter und stieß einen erstickten Seufzer aus. Er spürte keine Schmerzen mehr, sondern fühlte sich vollkommen taub. »Maggie«, sagte er, dann sprach er noch einen Namen – den Namen einer Fremden –, und dann verstummte er.
    »Nein.« Wie, um ihn vor dem Wind zu schützen, dessen Kälte er nicht länger empfand, schlang sie die Arme um ihn und wiegte ihn schluchzend hin und her.
    Und der Wind posaunte aufs Meer hinaus und brachte die ersten Nadelstiche eisigen Regens mit zurück.

2. Kapitel
    Über Thomas Concannons Totenwacht würde man sicher noch auf Jahre hinaus sprechen. Es gab gutes Essen und schöne Musik, wie es von ihm für das Fest zu Ehren seiner Tochter geplant gewesen war. Das Haus, in dem er seine letzten Jahre verlebt hatte, war über und über mit Besuchern angefüllt.
    Tom hatte keine Reichtümer besessen, sagten manche von ihnen, aber er war immer reich an Freunden gewesen.
    Sie kamen aus seinem und aus dem Nachbardorf. Von den Farmen, aus
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