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Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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den Läden, aus den Cottages. Sie brachten etwas zu essen mit, wie es bei derartigen Anlässen Brauch war, und nach kurzer Zeit stand die Küche voller Brot und Fleisch und Kuchen. Sie tranken auf sein Leben und besangen seinen Tod.
    Die lodernden Feuer in den Kaminen hielten den Sturm, der an den Fenstern rüttelte, und die Kälte der Trauer in Schach.
    Aber Maggie war überzeugt davon, daß ihr nie wieder warm würde. Sie saß neben dem Feuer in dem winzigen Wohnzimmer, als hätte sie mit den zahlreichen Besuchern nicht das geringste zu tun. In den Flammen sah sie die Klippe, die brodelnde See – und sich selbst, ganz allein, wie sie ihren sterbenden Vater in den Armen hielt.
    »Maggie.«
    Überrascht fuhr sie herum und sah den vor ihr kauernden Murphy an. Er drückte ihr einen dampfenden Becher in die Hand.
    »Was ist das?«
    »Vor allem Whiskey, und dann ein bißchen Tee, damit er
wärmer ist.« Sein Blick war sanft und von Trauer erfüllt. »Nun trink schon. Sei ein braves Mädchen. Willst du nicht auch etwas essen? Es täte dir sicher gut.«
    »Ich kann nicht«, sagte sie, aber sie tat, wie ihr geheißen, und trank. Sie hätte schwören können, daß sie spürte, wie ihr jeder einzelne feurige Tropfen durch die Kehle rann. »Ich hätte nicht mit ihm dorthin fahren sollen, Murphy. Ich hätte sehen müssen, daß etwas nicht mit ihm in Ordnung war.«
    »Das ist Unsinn, und das weißt du ganz genau. Er sah wie immer aus, als er den Pub verließ. Und außerdem hatte er ganz schön eifrig getanzt, oder etwa nicht?«
    Getanzt, dachte sie. Sie hatte mit ihrem Vater an seinem Todestag getanzt. Wäre ihr diese Tatsache eines Tages vielleicht ein Trost? »Aber wenn wir nicht so weit weg gewesen wären. So allein …«
    »Der Arzt hat es dir doch erklärt, Maggie. Es hätte keinen Unterschied gemacht. Die Arterienerweiterung hat ihn umgebracht, aber Gott sei Dank ging alles so schnell, daß er wohl kaum etwas davon mitbekommen hat.«
    »Ja, es ging wirklich schnell.« Ihre Hand zitterte, also hob sie den Becher erneut an den Mund. Es war die Zeit danach gewesen, die allzu langsam vergangen war. Die entsetzliche Zeit, in der sie seinen Leichnam vom Meer zurückgefahren hatte, vor Entsetzen keuchend, die Hände am Lenkrad wie erstarrt.
    »Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der auf irgend etwas oder irgend jemanden stolzer gewesen wäre als er auf dich.« Murphy blickte zögernd auf seine Hände hinab. »Er war wie ein zweiter Vater für mich, Maggie.«
    »Ich weiß.« Sie strich ihm sanft eine Strähne aus der Stirn. »Das hat er genauso gesehen.«
    Nun habe ich also zum zweiten Mal den Vater verloren, dachte Murphy. Und zum zweiten Mal lastete das Gewicht der Trauer und der Verantwortung auf ihm.
    »Du sollst wissen, daß du es mir nur zu sagen brauchst, falls ich dir oder deiner Familie in irgendeiner Weise helfen kann.«
    »Es ist nett von dir, daß du das sagst, und vor allem, daß du es auch so meinst.«
    Er hob den Kopf und sah sie mit seinen wilden, keltisch blauen Augen an. »Ich weiß, es war hart, als er zum Verkauf des Landes gezwungen war. Und es war ebenso hart, daß gerade ich derjenige war, der es von ihm übernommen hat.«
    »Nein.« Maggie stellte den Becher beiseite und griff nach seinen Händen. »Das Land war nicht wichtig für ihn.«
    »Deine Mutter …«
    »Sie hätte noch nicht mal einem Heiligen den Kauf der Felder verziehen«, sagte Maggie in brüskem Ton. »Obwohl auch sie von dem für das Geld gekaufte Essen eine Zeitlang satt geworden ist. Ich sage dir, daß ausgerechnet du der Käufer warst, hat die Sache leichter gemacht. Brie und ich mißgönnen dir nicht einen einzigen Grashalm, Murphy, bitte glaub mir das.« Da sie es beide brauchten, setzte sie ein Lächeln auf. »Du hast getan, was er nicht konnte und auch nicht wollte. Du hast das Land fruchtbar gemacht. Also reden wir nicht mehr davon.«
    Mit einem Mal blickte sie sich um, als wäre sie gerade erst aus einem leeren Raum in dieses überfüllte Zimmer spaziert. Jemand spielte Flöte, und O’Malleys Tochter, hochschwanger mit ihrem ersten Kind, sang ein leichtes, verträumtes Lied. Vom anderen Ende des Raums drang lebendiges und freies Lachen an ihr Ohr. Ein Baby weinte. Männer standen in Grüppchen beisammen, sprachen über Tom, über das Wetter, über Jack Marleys kranke Stute und das Loch im Dach des Cottages der Donovans.
    Die Frauen sprachen ebenfalls über Tom und über das Wetter, und außerdem über Kinder und Hochzeiten und
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