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Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi

Titel: Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi
Autoren: emons Verlag
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wir diesen Tod zugelassen hatten, aus Sternenaugen, weil
darin erste Tränen funkelten.
    Noch leicht
benommen stand die Besucherin auf, und als sie ihr Haar aus dem Gesicht strich
und mich herausfordernd anschaute, entpuppte sie sich als eine Frau Mitte
dreißig.
    »Sind Sie Michael
Schubert, der Lektor?«
    »Was wollen Sie
von ihm?«
    »Sind Sie es nun
oder nicht?« Sie stampfte tatsächlich mit dem Fuß auf, was ich unter anderen
Voraussetzungen recht niedlich gefunden hätte.
    »Ja, ich bin
Michael Schubert, und ich wüsste gern, warum Sie Ihr Bett gegen meine Fußmatte
tauschen.«
    Sie zeigte auf den
Schlüssel in meiner Hand und fragte: »Können wir das in Ihrer Wohnung
besprechen?«
    Ich zögerte
zumindest so lange, bis sie eine Ahnung davon bekommen konnte, wie unangenehm
mir dieser Vorschlag war. Als wir eingetreten waren, hängte ich zunächst meine
Lederjacke auf, faltete meine Hemdsärmel ein Stück hoch und begab mich zum
Kaffeeautomaten. Ein ratterndes Geräusch, und der köstliche Duft frisch
gebrühten Kaffees gesellte sich zu ihren Worten.
    »Sie müssen die
Veröffentlichung dieses Buches stoppen. Sofort. Es darf niemals gelesen
werden.«
    Da ich in meinem
Beruf nicht selten mit überdrehten Autoren zu tun hatte, die mich in der Regel
zur Veröffentlichung eines Buches zu drängen versuchten, war ich ein wenig
überrascht über das Anliegen meiner Besucherin. Aber so schnell brachte mich in
dieser Branche nichts mehr aus dem Konzept. Ohne mich ihr zuzuwenden, rührte
ich einen ordentlichen Schluck Milch in meinen Kaffee und bot ihr dann
ebenfalls eine Tasse an. Ungeduldig schüttelte sie den Kopf.
    »Hören Sie mich
an, Herr Schubert. Sie können das Buch doch durchfallen lassen, es ablehnen
oder wie auch immer man das bei Ihnen nennt. Sie sind der Cheflektor, das weiß
ich.« Sie marschierte zur Balkontür und schaute hinaus. Ich betrachtete ihre
etwas üppige, aber wohlgeformte Gestalt. In den letzten beiden Tagen war mein
Beruf ziemlich in den Hintergrund getreten, aber auch wenn ich in meinem Büro
gesessen hätte, hätte ich ein paar zusätzliche Informationen gebraucht, um zu
wissen, von welchem Buch sie überhaupt sprach.
    Ich setzte mich
auf meine Ledercouch, schlug die Beine übereinander und merkte, wie mein Ton
einen gönnerhaften Klang bekam. »Über welches Buch reden wir denn überhaupt,
Frau …?«
    Abrupt drehte sie
sich um und ließ sich mir gegenüber in die Polster fallen. Die Frage nach ihrem
Namen beantwortete sie nicht. »Es geht um das Buch mit dem Arbeitstitel ›Rache
ist nicht genug‹ von Andreas Nüßing.«
    Ich lachte hart
auf. »Dieses Buch ist bereits gedruckt und befindet sich auf dem Weg zur
Frankfurter Buchmesse, wo es neben vielen anderen Neuerscheinungen präsentiert
wird.«
    »Sie haben es
durchgehen lassen?«
    »Nun machen Sie
sich mal keine Sorgen. Das Buch ist gut. Es wird beim Publikum ankommen.«
    Die mir noch immer
unbekannte Frau sackte in dem Sofa sichtlich zusammen. »Können Sie es nicht
zurückrufen?«
    »Warum? Wie
stellen Sie sich das vor? Es ist in den Buchhandlungen angekündigt, Lesungen
sind organisiert und Geld ist geflossen. Die Presseexemplare sind längst an die
Journalisten verschickt.« Ich fügte hinzu: »Wer sind Sie überhaupt?«
    Sie starrte vor
sich hin und wippte mit dem linken Fuß. »Ich bin seine Schwester. Cornelia
Nüßing.« Von einer Sekunde zur anderen nahm sie wieder Haltung an, sprang auf
und lief in meinem Wohnzimmer hin und her. Das ging recht gut, denn ich hatte
ein geräumiges Wohnzimmer, das in einer offenen Küchenecke endete. Meine
Einrichtung bestand aus ausgesuchten Möbelstücken, die ihren Platz brauchten,
um zur Geltung zu kommen.
    Sie war also die
Schwester von Andreas Nüßing, der gerade sein zweites Buch in unserem Verlag
veröffentlichte. Ich hatte keine Ahnung, was an diesem Buch seiner Schwester
solche Sorgen bereitete. Es war ein Historienroman, der Ende des 19. Jahrhunderts hier in Westfalen spielte und in dem es um zwei eng verbundene
Großfamilien ging, die durch ein schreckliches Ereignis plötzlich in Streit
gerieten. Düster, wie es die damalige Zeit mitunter war, gestaltete der Autor
die Entwicklung der Geschichte. Nach einigen unglücklichen Todesfällen,
ausgelöst durch leidenschaftliche Rachegelüste, entschlossen sich die
Oberhäupter beider Familien, ihre beiden Söhne, die Verursacher des Streits, in
die Ferne zu schicken, also quasi zu verbannen, mit der Auflage, sich
frühestens in
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