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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde
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Sattelgurt fest, und der Bison zuckte zusammen. Joe machte sich auf eine Gewalteruption gefasst und trat unwillkürlich ein paar Schritte zurück. Das Tier drehte seinen Kopf zu Nate und starrte ihn an.
    »So weit bin ich letzte Woche gekommen«, sagte dieser und blickte zu Joe.
    »Und dann?«
    Nate strich sich über ein Auge. »Er hat den Sattel erst nicht gemocht.«
    »Und jetzt mag er ihn?«
    Nate zuckte die Achseln. »Eigentlich nicht. Aber nun versteht er, was ich will, und hat sich anscheinend damit abgefunden. Ich habe versucht, ihn davon zu überzeugen, dass es Spaß macht.«
    Joe nickte. Nate kommunizierte auf einer elementaren Ebene und auf ganz rätselhafte Weise mit Tieren. Er dressierte sie nicht und er brach auch nicht ihren Willen, sondern stellte mit Winken und Gesten eine Verbindung zu ihnen her. Das hatte er bei der Arbeit mit Falken gelernt, die immerhin die (selten gewählte) Möglichkeit hatten, einfach davonzufliegen, wenn man sie freiließ.
    »Dein Sattel liegt auf der Ladefläche«, sagte Nate und schob dem Bison langsam eine Schlinge über den Kopf. »Bist du irgendwohin unterwegs?«
    »Nach Jackson. Der Jagdaufseher dort hat sich umgebracht. Sie haben mich vorübergehend dorthin beordert.«
    Nate blickte auf und versuchte offenkundig, seine Miene zu deuten.
    »Was ist?«, fragte Joe.
    »Jackson ist anders. Ich kenne da einige Leute und hab selbst eine Weile dort gelebt.«
    Joe wartete auf mehr, doch dabei blieb es.
    »Was willst du damit sagen?«, fragte er schließlich.
    Nate zuckte die Achseln. »Ich will damit sagen, dass Jackson anders ist.«
    »Danke für die Information«, sagte Joe und lehnte sich wieder an den Zaun.
    In den nächsten Minuten beruhigte Nate den mächtigen Bullen, strich ihm über den Kopf und redete mit besänftigender Stimme auf ihn ein. Der Bison entspannte sich und bekundete dies mit einem langen Seufzer. Joe roch den warmen, grasigen Atem des Tiers. Nate schwang sich anmutig in den Sattel.
    »Er hat mich zum ersten Mal aufsitzen lassen«, sagte er leise.
    »Es scheint ihm recht zu sein«, meinte Joe, obwohl sie die Ohren des Bisons nervös zucken sahen. »Keilt er aus?«
    »Siehst du mein Gesicht? Ja, er kann auskeilen.«
    Joe wartete darauf, dass etwas geschah. Nichts. Nate saß einfach da.
    »Jetzt muss ich ihn dazu bringen, sich zu bewegen und sich zu drehen«, sagte Nate. »Das wird einige Zeit dauern.«
    Joe sah Romanowski schon bei der blutleeren Parade am Nationalfeiertag mit Schulterholster auf dem Bison durch Saddlestring reiten. Dieser Gedanke ließ ihn auflachen.
    »Wie viele Anrufe dieser Art hast du bekommen?«, fragte Nate im Haus bei einer Tasse Kaffee, nachdem er das Tier abgesattelt und wieder auf die Weide gelassen hatte.
    »Drei. Alle im letzten Monat.«
    »Könnte sich jemand verwählt haben?«
    Joe nickte. »Sicher. Aber das ist doch eher unwahrscheinlich, oder?«
    »Lass die Anrufe doch zurückverfolgen. Oder leg dir ein Telefon mit Display zu.«
    »Das hab ich heute Morgen bestellt. Beim nächsten Mal dürfte sich zeigen, wer anruft. Dann erfahren wir vielleicht auch, warum.«
    »Ich werde während deiner Abwesenheit bei Marybeth vorbeisehen«, sagte Nate.
    »Das wäre mir sehr recht. In der Jagdsaison geht es manchmal etwas wild zu. Sie kommt mit all dem zwar bestens klar, aber es beruhigt mich trotzdem, zu wissen, dass du ein Auge auf sie hast.«
    »Abgemacht ist abgemacht«, erklärte Nate.
    Joe hätte ihn gern daran erinnert, dass Nate die »Abmachung«, Joe und seine Familie zu beschützen, längst zur Genüge erfüllt hatte; und dass Joe selbst sie ohnehin nie vorgeschlagen und auch nicht wirklich akzeptiert hatte. Mit einem Mann wie Nate verbündet zu sein, bereitete Joe bisweilen Unbehagen, weil es seinem Instinkt widersprach. Nate war ein seltsamer, beängstigender Mensch. Aber in Situationen wie dieser brauchte Joe einen wie ihn, jemanden, der stets Wort hielt und sich nicht um den äußeren Anschein, um Beschränkungen oder sogar das Gesetz kümmerte.
    »Danke für den Kaffee«, sagte er und stand auf.
    »Werd mir in Jackson nicht verrückt«, warnte ihn Nate.
    »Und das sagt mir einer, der auf einem Bison durch die Gegend reiten will«, erwiderte Joe lächelnd.
    »Wenn du Hilfe brauchst, ruf mich an.«
    Joe blieb an der Tür stehen und blickte zu Nate zurück. »Und umgekehrt.«
    Am Abend saß Joe am Schreibtisch und erstellte eine Liste mit allen laufenden Projekten und dem jeweils aktuellen Stand, um sie Phil Kiner nach Laramie
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