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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde
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schnuppern. Und mir dann erzählen, was du denkst.«
    Er schüttelte den Kopf. »Diese Entscheidung treffen wir gemeinsam – genau wie sonst auch.«
    »Das meinte ich damit, dass wir gemeinsam besser sind«, erwiderte sie.
    »Ich rufe Trey an und sage ihm, dass ich dabei bin.«
    Vor der Tür tauschten Sheridan und Lucy einen Blick.
    »Nirgends in Wyoming sind die Kinder so schnöselig wie in Jackson«, flüsterte Sheridan. »Wenn wir gegen sie antreten, wollen wir sie fertigmachen, doch das gelingt nie. Du solltest ihren Bus sehen – einen tolleren gibt’s nicht.«
    »Aber kann man dort nicht Ski fahren?«, fragte Lucy mit großen Augen. »Und gibt es dort nicht ein Kuriositätenmuseum?«
    Plötzlich ging die Tür auf, und ihr Dad stand auf der Schwelle.
    »Die Vorstellung ist vorbei, Mädchen«, sagte er. »Habt ihr keine Hausaufgaben zu erledigen?«
    Joe ging die Pferde füttern. Ein Scheinwerfer tauchte die Koppel in gespenstisches, blauweißes Licht. Die Tiere – der gescheckte Toby und der junge Rotfuchs Doc – wieherten, als sie ihn kommen sahen; sie wussten, dass es gleich Futter geben würde. Joe warf ihnen Heu hin, stützte sich mit einem Bein auf dem Zaun ab und sah ihnen beim Fressen zu. Die Konturen des Wolf Mountain hoben sich schwarz vom dunklen, mit Sternen übersäten Himmel ab.
    Er würde den Berg vermissen. Und den Crazy Woman Creek. Und den Blick von seinem liebsten Aussichtspunkt in den Breaklands, von dem aus sich die Erdkrümmung erahnen ließ.
    Er rieb sich die Augen und überlegte, dass er den Entwicklungen vorgriff. Es war bei Weitem zu früh, um an solche Dinge zu denken. Es gab noch viel zu tun, ehe er sich nach Jackson aufmachen konnte.
    Auf dem Weg ins Haus dachte er über den zweiten Anruf auf dem AB nach, bei dem jemand die ganze Zeit einfach nur ins Telefon geatmet hatte. Wahrscheinlich ein Spinner – oder jemand hatte sich verwählt. Doch da Joe auf dem Band seinen Namen nannte, hatte der Mann gewusst, wen er anrief. Joes Nummer stand im dünnen Telefonbuch von Twelve Sleep County. Der Anrufer mochte ein Jäger gewesen sein, den Joe vorgeladen hatte; oder ein Rancher, mit dem er aneinandergeraten war; womöglich gar ein Staats- oder Bundesangestellter, mit dem er in Fragen der Landnutzung uneins gewesen war. In jedem Fall war der Anrufer mit großer Wahrscheinlichkeit harmlos.
    Doch wenn er nun für ein paar Wochen die Stadt verlassen sollte, wollte er, was Marybeth und seine Töchter anging, nichts riskieren. Er würde also um Hilfe bitten müssen.

4. KAPITEL
    Nach dem Kirchgang hatten Joe und Marybeth den restlichen Sonntagnachmittag über seine Sachen packen wollen, damit er schon früh am Montag losfahren konnte. Irgendwie hatten sie beide angenommen, dass das wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen würde, und Joe war auf eine seltsame Art und Weise enttäuscht, als sie nach einer Stunde fertig waren. Er hatte eine Reisetasche mit roten Uniformhemden und blauen Jeans, Unterwäsche und seiner Outdoor-Weste, dazu Mäntel, einen schweren Parka und Stiefel. Seine Ausrüstung war schon im Pick-up, worin er ohnehin den Großteil des Tages verbrachte. Joe streifte durch Haus und Scheune, um noch auf etwas zu stoßen, das er in Jackson unbedingt brauchte. Doch viel fand er nicht. Er steckte noch ein paar ungelesene Bücher in die Tasche und legte das gerahmte Familienfoto von seinem Schreibtisch dazu, von dem er wünschte, es wäre jüngeren Datums.
    Im Radio lief ein Bericht über die ersten Saisonspiele der American Football League, doch Joe hörte kaum zu, als er über die zweispurige Landstraße am Fluss entlang zu Nate Romanowski fuhr. Stattdessen ging er in Gedanken noch einmal durch, was er alles im Pick-up hatte.
    Seine Standardausrüstung an Waffen bestand aus dem .308er Karabiner unter der Sitzbank, einer .270er Winchester im Gewehrständer hinter seinem Kopf und seiner großkalibrigen Schrotflinte, die zwischen den Sprungfedern hinterm Sitz steckte. Außerdem besaß er eine .22er Pistole mit Platzpatronen, um Wapitis von den Viehweiden zu vertreiben.
    In einer abgeschlossenen Metallkiste auf der Ladefläche befanden sich Schneeketten, Abschleppseile, Werkzeug, ein Spurensicherungskoffer, eine Nekropsie-Ausrüstung, Lebensmittel und Decken für den Notfall, Schaubilder zu Blutspritzern und Munitionskalibern, eine Leuchtpistole und ein Rucksack für Patrouillengänge. Unter den Deckel der Kiste hatte er sein Testament geklebt, das er erst in der Nacht geschrieben hatte.
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