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1646 - Baphomets Diener

1646 - Baphomets Diener

Titel: 1646 - Baphomets Diener
Autoren: Jason Dark
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Nein, diese Beerdigung war nicht normal gewesen, obwohl man den Ablauf als durchaus normal bezeichnen konnte. Nur der Schluss hatte Paul Sullivan nicht gefallen können. Darüber grübelte er nach, als er auf der Bank saß.
    Die Trauergäste hatten den Friedhof schon verlassen, nur er war noch vor dem Grab stehen geblieben, um seinem verstorbenen Onkel Jason die letzte Ehre zu erweisen. Er war sogar recht lange am Grab geblieben, hatte den erdigen Herbstgeruch in sich aufgesaugt und auf den Sarg im noch offenen Grab gestarrt.
    Er hatte über seinen Onkel nachgedacht, der ihm praktisch den zu früh verstorbenen Vater ersetzt hatte. Jason Sullivan hatte auch dafür gesorgt, dass er das Priesterseminar besuchen konnte.
    Im Seminar hatte man Pauls besonderes Talent recht schnell erkannt. Er war ein Mensch, der reden konnte, der es schaffte, andere Personen für sich einzunehmen, der zudem über ein großes Wissen verfügte, sodass man ihm eine Spezialaufgabe anvertraut hatte. Er war nach seiner Ausbildung in die Welt geschickt worden, um seinen Glauben zu verteidigen und ihn vielen Menschen nahezubringen.
    Er hatte sich den großen Problemen gestellt. Er war jemand, der sich intensiv mit allen Glaubensfragen beschäftigte und sich für Menschen interessierte, die in die Fänge irgendwelcher obskurer Vereine und Sekten geraten waren.
    Paul hatte sich der Aussteiger angenommen und sie betreut. In vielen Gesprächen, auch in Selbsthilfegruppen hatte er es geschafft, die Aussteiger wieder zurück in ein normales Leben zu führen, was oft mit großen Problemen verbunden war.
    Es war ihm nicht bei allen gelungen, was ihm schon zu schaffen gemacht hatte. Aber er hatte nicht aufgegeben und stand noch immer inmitten seiner Aufgabe.
    Sein Onkel Jason hatte sich darüber gefreut und ihn bei den wenigen Besuchen und Telefonaten immer wieder unterstützt, wenn er mal hatte aufgeben wollen.
    Jetzt war sein Onkel tot. Er würde ihm keinen Rat mehr geben können, und der vierzigjährige Mann merkte, dass er dem Druck der Tränen nicht mehr länger standhalten konnte. Er musste einfach weinen, und das tat ihm auch gut.
    Es war kühl geworden. An manchen Bäumen sahen die Blätter aus wie goldene Taler. Einige schwebten durch die Luft und landeten schließlich auf den Gräbern und Wegen.
    Er bedauerte den Tod seines Onkels zutiefst. Gern hätte er sich noch mit ihm unterhalten. Die Gespräche waren stets sehr fruchtbar gewesen und hatten ihm immer Mut gemacht.
    Das war nun vorbei.
    Paul holte ein Taschentuch hervor und wischte die Tränen ab. Ihm war kalt geworden. Der Mantel war zu dünn. Auf seinem Kopf wuchsen keine Haare, er hatte auch keinen Hut oder eine Mütze aufgesetzt, und so spürte er die Kälte wie einen Hauch.
    Und dann wurde mit einem Mal alles anders.
    Nicht in seiner Umgebung. Nein, es lag an der Stimme, die ihn erschreckt hatte. Er hatte die Person, die ihn angesprochen hatte, auch nicht gesehen. Sie hatte sich von hinten an ihn herangeschlichen und gefragt: »Paul? Sind Sie Paul?«
    Er war zusammengezuckt und hatte sich umgedreht.
    Eine ältere Frau, die er noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte, stand vor ihm. Sie war mit einem grauen Mantel bekleidet und hatte um ihren Kopf ein Tuch gebunden, das ihr faltiges Gesicht noch schmaler erscheinen ließ.
    »Ja, ich bin Paul Sullivan.«
    »Das ist gut.«
    »Und wer sind Sie?«
    Die blassen Lippen verzogen sich zu einem schmerzlichen Lächeln. »Ich bin eigentlich unwichtig und…«
    »Nein, nein!«, widersprach Paul. »Niemand ist unwichtig. So sollten Sie nicht denken, Missis…«
    »Sagen Sie Eartha zu mir.«
    »Gut. Und was kann ich für Sie tun?«
    »Hm.« Eartha überlegte. »Nein«, sagte sie dann, »ich denke nicht, dass Sie etwas für mich tun können. Ich denke da an Ihren Onkel, Paul.«
    Er war etwas irritiert. »Bitte, der ist tot und liegt hier im Grab. Was sollte ich noch für ihn tun können? Obwohl ich es gern tun würde.«
    »Das hört sich schon gut an.«
    »Und weiter?«
    Eartha griff in ihre linke Manteltasche. Sie ließ die Hand noch stecken, als sie sagte: »Ihr Onkel hat mir etwas übergeben, das Sie an sich nehmen sollen.«
    Pauls Neugierde steigerte sich. »Und was ist das, bitteschön?«
    »Ich weiß es nicht.« Endlich zog sie die Hand aus der Tasche. Die Finger umklammerten eine Schatulle, die wie ein Brillenetui aussah.
    Dort, wo sich die beiden Hälften trafen, schimmerte ein Siegel in einem dunklen Rot, das dieses Etui wertvoll und auch
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