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Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur
Autoren: Susanne Mischke
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dagegen protestieren, dass Menschen Tiere essen, heute Mittag, am Kröpcke, direkt vor dem Mövenpick.«
    Seit einem halben Jahr lebt Wanda streng vegetarisch, schon fast vegan, nur die Eier vom Nachbar Köpcke isst sie noch, weil sie dessen Hühnerschar glücklich wähnt, womit sie wohl recht haben mag. Besonders, was den Hahn angeht.
    »Du magst es doch auch nicht, wenn Leute Lammfleisch essen.«
    »Stimmt«, gesteht Völxen und denkt sich: Aber eine Currywurst …
    Obwohl er es nicht laut ausgesprochen hat, hält ihm Wanda bereits einen Vortrag, den soundsovielten, der stets darauf hinausläuft, dass Fleisch essen verantwortungslos, barbarisch und ungesund ist. Nach einer Weile schaltet Völxen auf Durchzug, auch wenn er sich dafür ein wenig schämt. Sie hat ja recht, aber es ist ihm einfach noch zu früh für weltanschauliche Dispute.
    »… also einverstanden? Dad? Papa!«
    Völxen sieht sich Wandas fragenden Augen gegenüber. Er hat nicht mitbekommen, was sie von ihm will, wahrscheinlich ein Eingeständnis, dass Schwarzwälder Schinken »voll assig« ist oder Ähnliches. Um nicht zugeben zu müssen, dass er ihr nicht zugehört hat, sagt er »Ja«. Dass Wanda daraufhin triumphierend die Faust ballt, gefällt ihm gar nicht, aber ehe er der Sache nachgehen kann, hört er die Stimme seiner Frau.
    »Bodo, ich muss los. Ich komme heute erst um fünf nach Hause. Nimmst du den Hund mit?« Sabine steht mit ihrem Klarinettenkoffer in der einen und dem Autoschlüssel in der anderen Hand vor der offenen Garage.
    »Warte!« Völxen schlappt in seinen Gummistiefeln durch das feuchte Gras. Vor der Veranda blühen noch ein paar späte Rosen, und der Wein rankt sich feuerrot an einer der hölzernen Stützen hinauf.
    »Um fünf«, wiederholt er. »Ja, hm. Dann muss ich ihn wohl mitnehmen. Wanda muss ja die Welt retten.«
    Seit September gibt Sabine wieder mehr Klarinettenstunden und Vorlesungen an der Musikhochschule. Angeblich, weil das Studium ihrer Tochter so viel Geld zu verschlingen droht – »Allein diese Studiengebühren!« –, aber Völxen hat den Verdacht, dass Sabine damit vorsorglich die Lücke füllen will, die Wanda hinterlassen wird, auch wenn Sabine das nie zugeben würde. »Ich bin keine von diesen Klammermüttern, irgendwann müssen Kinder einfach flügge werden«, pflegt sie zu sagen.
    Oscar aber fühlt sich definitiv einsam, wenn niemand im Haus ist, und will man ausgeweidete Kissen, zerrupfte Teppiche und angenagte Stuhlbeine vermeiden, dann lässt man ihn besser nicht allein zurück. Für die Erlaubnis, den Hund mit ins Büro nehmen zu dürfen, hat Völxen beim Vizepräsidenten ganz schön schleimen müssen, was ihm zuwider war, aber letztendlich unumgänglich, wollte er verhindern, was Sabine Oscar angedroht hat, falls der noch ein einziges Mal einen Einrichtungsgegenstand beschädigt: einen Zwinger im Garten.
    »Oder musst du heute nicht zum Dienst?«, fragt Sabine mit einem Blick auf die Uhr. Es ist fast halb acht. Normalerweise sitzt Völxen um diese Zeit schon in der S -Bahn. Aber im Moment gibt es keinen Todesfall, der ihn und seine Leute in Atem hält, also kann man sich schon mal ein bisschen mehr Zeit lassen. Entschleunigung. Darüber hat er dieser Tage einen Artikel gelesen, der ihm ganz und gar aus der Seele sprach.
    »Doch, doch. Ich fahr gleich los.« Er küsst seine Frau auf die Wange, sie steigt in ihren Golf und fährt davon. Völxen legt die zwei Kilometer bis zur Bahnstation täglich mit dem Fahrrad zurück, damit er Bewegung hat, während seine Frau für dieselbe Strecke das Auto nimmt. Trotzdem ist sie eindeutig die Schlankere von ihnen beiden.
    »Na komm, du Mistvieh«, sagt er zu Oscar. Sie gehen ins Haus, Völxen streift sich die Gummistiefel und den Friesennerz ab. Im Bad rasiert er sich sorgfältig mit dem Rasiermesser seines Großvaters, an dem er sehr hängt. Dieses Mal geht die Sache glimpflich aus, er muss nur zwei kleine Schnitte medizinisch versorgen. Montag. Letzte Woche war es ruhig, nur zwei Altenheimleichen, bei denen ein übereifriger junger Notarzt »Todesursache unbekannt« auf dem Totenschein angekreuzt hatte. Wenn es nach Völxen ginge, könnte es genauso bleiben.
     
    Jule macht mit ihrem Handy ein paar Fotos von der Leiche. Zwar wird es eine Menge detaillierter Aufnahmen von der Spurensicherung geben, aber ihr ist es lieber, eigenes Material zur Hand zu haben.
    Danach ruft sie Hauptkommissar Völxen an. Ihr Chef befindet sich offenbar in der S -Bahn, die ihn
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