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Todesspiel

Titel: Todesspiel
Autoren: John Sandford
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wahrlich eine gottverdammt schöne Nacht für dieses Unternehmen ausgesucht.«

    »Wenn du nicht aufs Klo musst …«
    »Nein, das nicht, aber ich könnte ein Coke gebrauchen.«
    Er steckte eine Hand in die Manteltasche und holte eine Dose Diet Coke heraus. »Ist noch kalt. Komm, wir fahren los.«
     
    Als John in der Stadt angekommen war und realisiert hatte, dass ich wegen des Wetters später kommen würde als erwartet, war er durch mehrere Supermärkte gezogen, bis er einen gefunden hatte, der Stadtpläne verkaufte. In seinem Zimmer im La Quinta hatte er die Lage von Bobbys Haus und den Weg dorthin auf der Karte markiert. »Wir sind ziemlich weit weg von unserem Ziel«, sagte er. Er deutete eine breite Straße hinunter, die unter der Interstate hindurchführte. »Wir müssen da lang …«
    Ich bog ab und fragte: »Wie geht’s Marvel?«
    »Gut. Steckt bis zum Hintern in der Politik. Ist immer noch eine verdammte Kommunistin.«
    »Hübscher Hintern jedenfalls«, sagte ich. Marvel war seine Frau, aber John und ich hatten sie zur gleichen Zeit kennen gelernt, und so besaß ich das Privileg, ihre körperlichen Vorzüge freizügig kommentieren zu dürfen.
    »Stimmt. Was macht LuEllen?«
    »Sie ist bei mir unten in Biloxi, aber wir steigen nicht mit’nander ins Bett. Ich hatte, ehm, ich war, ehm, in St. Paul mit einer Frau zusammen. Sie hat die Beziehung vor zwei Wochen abgebrochen. Und ich bin ziemlich kaputt.«
    »Oh, eine ernste Sache?« Er war echt interessiert.
    »Wahrscheinlich. Großartige Frau – eine Polizistin.«
    Ein Moment Stille, dann: »Ich wette, sie hatte zwei hübsche Achtunddreißiger, hmm?«
    Wir lachten beide über den dummen Witz, dann sagte ich: »Was ist mit Bobby?«

    »Ich weiß es nicht«, antwortete John. »Er klang normal, als ich letztes Mal mit ihm sprach. Vor rund zwei Wochen – einer seiner Telefonanrufe aus dem Nichts.«
    »Keine Andeutung von Beunruhigung oder so was?«
    »Nein, nichts. Auf dem Weg hierher habe ich mir noch mal jedes Wort von ihm bei diesem Gespräch durch den Kopf gehen lassen – wirklich alles normal. Er klang einfach wie … Bobby. Heh, vorne an der Ampel geht’s links ab.«
     
    Jackson, Mississippi, mag eine echt hübsche Stadt sein, aber im Moment fuhren wir bestimmt nicht durch ihren schönsten Bezirk. Dieser Teil der Stadt war schäbig, ja sogar regelrecht heruntergekommen. Einige der Häuser, die unsere Scheinwerfer streiften, schienen im Boden zu versinken. Die Zufahrten bestanden aus verschlammten Kieswegen, nur hier und da gab es Garagen oder Carports, ansonsten waren die Wagen, meist große amerikanische Schlitten aus den 1980er-Jahren, vor den Häusern abgestellt.
    Die Schlaglöcher in der Straße wurden immer zahlreicher und tiefer, und schließlich erreichten wir eine Gegend, in der die Straßenränder dicht mit Kudzu bewachsen waren. Das Zeug rankte sich auch an allen Telefonmasten und Hinweisschildern hoch. Regenwasser lief über die Straßenränder, und die Straßenschilder waren wegen des Kudzu immer schwerer auszumachen.
    »Schade, dass man dieses Zeug nicht rauchen kann«, sagte John. »Würde viele Probleme lösen.«
    An einer Stelle erfassten unsere Scheinwerfer einen großen schwarzbraunen Hund, vermutlich einen Dobermann, der durch den Regen trabte und uns mit glitzernden Löwenaugen anstarrte, als wolle er sagen: »Kommt nur, kommt, steigt aus, ihr Feiglinge, dann zeig’ ich’s euch …«
    Wir folgten dieser Einladung nicht. John hangelte sich auf
dem Stadtplan von einem Straßennamen zum anderen und führte uns so zur Arikara Street. »Sein Haus muss ganz in der Nähe liegen, wenn die Nummern stimmen.« Die Straße war voller Schlaglöcher, Bäume reckten ihre Äste darüber; gesäumt war sie von großen Häusern mit dunklen Fassaden und dunklen Fenstern. John hielt die Taschenlampe auf dem Schoß, die ich mitgebracht hatte, aber wir brauchten sie nicht. Wir kamen zu einem bronzefarbenen Briefkasten, dem schönsten, den ich während der Fahrt durch das Viertel gesehen hatte, und die reflektierenden Ziffern der Hausnummer darauf lauteten 3577.
    »Wir sind da«, sagte John.
    Ich fuhr langsam weiter, an dem Haus vorbei, und wir hielten nach Lichtern in den Häusern Ausschau, nach Bewegungen irgendeiner Art, nach irgendwelchen Auffälligkeiten, bemerkten aber nichts dergleichen. Das Haus hatte einen Carport, aber er war leer. Bei einigen der Häuser waren die Vorgärten eingezäunt, hier jedoch nicht. Eine Veranda nahm die ganze
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