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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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nichts über ihr eigentliches Anliegen verlauten lassen, sondern nur gesagt, sie hätte noch ein paar Detailfragen. Daraufhin hatte er sie gebeten, zu ihm zu kommen, er hätte starke Schmerzen im Bein und könne nicht aus dem Haus gehen. Wenn sie ihn in der Kanzlei treffen wolle, müsse sie bis zum nächsten Tag warten. Dóra wollte die Sache nicht aufschieben und fuhr mit Bella direkt von Arnarnes nach Grafarvogur, wo Snævar in einem langen Block wohnte, der einen neuen Anstrich nötig gehabt hätte.
    Die Wohnung sah auch nicht viel besser aus. Dóra hoffte für ihn, dass die Unordnung auf seinen Beinbruch zurückzuführen war – er konnte froh sein, nicht über den Krempel auf dem Boden gestolpert zu sein und sich auch noch das andere Bein gebrochen zu haben. Snævar entschuldigte sich höflichkeitshalber für den Zustand der Wohnung. Er wirkte froh über die Gesellschaft und musste wirklich einsam sein, wenn er bei diesem Chaos und Lärm überhaupt Gäste empfing. Doch seine Freude bekam einen Dämpfer, als Dóra ihm vorwarf, ihr etwas verheimlicht zu haben.
    »Ich bin mir sicher, dass die Polizei sich auch dafür interessieren wird«, schob sie hinterher.
    Snævar saß einfach nur da und starrte in seinen leeren Kaffeebecher mit eingetrocknetem Schaum.
    »Ich wollte es nicht erzählen. Ich hatte solche Angst, dass Halli in Verdacht gerät. Es kannte ihn ja niemand, und man hätte bestimmt alles geglaubt, was über ihn erzählt wird. Er hat nichts gemacht, auch wenn er mit Karítas geredet hat. Das glaube ich einfach nicht.«
    »Sie haben ja keine sehr hohe Meinung von der Polizei«, erwiderte Dóra und schob mit dem Fuß einen Staubsaugerroboter beiseite, um mehr Platz für ihre Beine zu haben. Anscheinend war der Akku des kleinen Helfers leer, und er hatte es wegen der Hindernisse auf dem Fußboden nicht mehr bis zum Ladegerät geschafft.
    »Man kann denen durchaus zutrauen, die Wahrheit herauszufinden.«
    »Das ist nicht ganz so einfach, wenn es keine Zeugen mehr gibt.« Snævar stopfte sich ein besticktes Kissen in den Rücken, das bestimmt von seiner Großmutter stammte. »Außerdem ist ja gar nichts passiert. Ich hatte diesen Unfall, und Halli war vollauf damit beschäftigt, mir zu helfen und die Yacht für die Abfahrt vorzubereiten. Er hatte einfach keine Zeit mehr, Karítas einen Gefallen zu tun, deshalb dachte ich, es wäre nicht wichtig.«
    »Es ist nicht an Ihnen, zu entscheiden, was wichtig ist und was nicht. Zumindest nicht gegenüber der Polizei. Meine Fragen müssen Sie nicht beantworten, wenn Sie nicht wollen.«
    »Ich will sie ja beantworten«, sagte Snævar zerknirscht, und sein Blick flackerte verständnissuchend zwischen Dóra und Bella hin und her. »Tut mir furchtbar leid, dass ich das nicht früher erzählt habe.«
    »Sie haben es immer noch nicht erzählt«, warf Bella ein. Sie ließ sich von dem Krempel, mit dem sie sich den Stuhl teilte, nicht stören, und schaffte es auf bewundernswerte Weise, sich bequem hinzusetzen. »Sie hätten doch weitergeschwiegen, wenn Karítas uns nichts davon gesagt hätte.«
    »Das müssen Sie verstehen. Wenn man einmal anfängt, etwas zu verschweigen, ist es unglaublich schwierig, es wieder rückgängig zu machen. Außerdem sehe ich nicht, dass das tatsächlich etwas ändern würde.«
    »Wollen Sie uns nicht einfach erzählen, was passiert ist?«, fragte Dóra. Sie konnte die Entschuldigungen und Bitten um Verständnis nicht mehr hören. »Das heißt, falls Sie grundsätzlich dazu bereit sind. Ich weiß, dass die Polizei gerade mit Karítas spricht, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie danach zu Ihnen kommt. Dann müssen Sie sowieso mit der Wahrheit rausrücken.«
    Snævar wurde blass, und die dunklen Ringe unter seinen Augen kamen noch besser zur Geltung.
    »Natürlich rede ich mit denen, da kann ich es Ihnen ja auch erzählen. Es ist sogar besser, wenn ich das mache, bevor ich die Polizei treffe.«
    »Sie wollen Ihre Version also an mir üben?«, fragte Dóra.
    »Nein, so meinte ich das nicht«, entgegnete er gekränkt, sprach aber dennoch weiter: »Karítas war in Lissabon, und Halli wusste garantiert vorher nichts davon. Sie ist auch nicht wegen ihm hingefahren. Er hat sie rein zufällig getroffen.«
    »Waren Sie dabei?«
    »Ja.« Seine Wangen bekamen wieder etwas Farbe. »Es war an unserem ersten Abend, als wir durch die Bars gezogen sind. Sie saß in einem dieser schicken, teuren Läden. Wir wären wahrscheinlich wieder rausgegangen, wenn
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