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Todesreigen

Titel: Todesreigen
Autoren: Jeffery Deaver
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Ausnahmen.
    »Winchester«, sagte er gerade, was der Name der Stadt war. Fünf-, sechstausend Einwohner. Wir würden ein leer stehendes Haus suchen, das Auto in der Garage verschwinden lassen und die Suchaktion aussitzen. Bis morgen – Sonntag – Nachmittag warten, wenn all die Wochenendurlauber zurück nach Boston und New York führen und wir in der Menge untertauchen könnten.
    Ich konnte den Wächter jetzt vor uns erkennen, nicht direkt seine Umrisse, eher diese Schwärze, wo keine Sterne waren. Und dann fing der Typ auf dem Rücksitz plötzlich an zu grunzen, so dass ich fast einen Herzinfarkt bekommen hätte.
    »Hey! Ruhe da hinten!« Ich schlug auf den Sitz, und der Typ hinten gab Ruhe.
    Was für ein Abend…
    Wir hatten den Drugstore eine Viertelstunde vor Ladenschluss erreicht. Genau wie es sein muss. Dann sind die meisten Kunden und einige der Angestellten weg. Die anderen sind müde, und wenn man ihnen eine Glock oder Smitty ins Gesicht drückt, tun sie so ziemlich alles, worum man sie bittet.
    Außer heute Abend.
    Wir hatten die Masken runtergezogen und gingen langsam hinein. Toth holte den Manager aus seinem kleinen Büro, einen fetten Kerl, der zu heulen anfing, was mich wütend machte. Schließlich war er ein erwachsener Mann. Toth hielt mit seiner Waffe die Kunden und Angestellten in Schach, während ich dem Kassierer, diesem Knaben, riet, die Kassen zu öffnen. Mein Gott, spielte der sich auf. Als ob er sämtliche Steven-Seagal-Filme gesehen hätte oder so was. Ein kleiner Kuss mit der Smitty auf seine Wange änderte seine Einstellung, und er bewegte sich endlich. Verfluchte mich ständig, aber immerhin bewegte er sich. Wir gingen von einer Kasse zur anderen, und ich zählte die Dollar. Wir waren locker bei ungefähr dreitausend, als ich plötzlich diesen Lärm hörte. Ich drehte mich um und sah, wie Toth einen Ständer mit Chips umwarf. Mein Gott, was soll ich sagen, er holt sich eine Tüte Doritos!
    Ich lasse diesen Knaben eine Sekunde aus den Augen, und was tut er? Er wirft diese Flasche. Allerdings nicht auf mich. Sondern durchs Fenster. Wumm, und schon zerbricht es in tausend Stücke. Ich höre zwar keine Alarmanlage, aber es gibt viele stumme Alarmsysteme, und ich bin jetzt echt wütend. Ich hätte ihn umbringen können. Auf der Stelle.
    Bloß, dass ich es nicht getan hab. Toth hat es getan.
    Er schießt auf den Jungen, peng, peng… Scheiße. Sofort rennen alle anderen durcheinander, und er schießt auf einen anderen Angestellten und auf einen Kunden, einfach so, ohne nachzudenken. Ohne jeden Grund. Er traf eine junge Angestellte ins Bein, aber dieser Typ, dieser Kunde, war tot. Man sah es gleich. Und ich brülle: »Was machst du? Was machst du?« Und er: »Halt’s Maul, halt’s Maul, halt’s Maul…« Und wir beschimpfen uns gegenseitig, bis uns klar wurde, dass wir verschwinden mussten.
    Also hauten wir ab. Und was passiert? Draußen ist ein Cop. Deswegen hatte der Junge die Flasche geworfen: um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Jetzt steht er neben seinem Wagen. Also schnappen wir uns einen Kunden, diesen Kerl an der Tür, benutzen ihn als Schutzschild und gehen raus. Und da steht dieser Cop, hält seine Waffe hoch und sieht den Kunden, den wir bei uns haben. Und der Cop sagt: »In Ordnung, in Ordnung, immer mit der Ruhe.«
    Ich konnte es nicht glauben: Toth schoss auch auf ihn. Ich weiß nicht, ob er ihn getötet hat. Jedenfalls war da Blut, was wohl bedeutete, dass der Cop keine Weste getragen hat. Ich hätte Toth auf der Stelle umbringen können. Warum hatte er das getan? Es war überhaupt nicht nötig gewesen.
    Wir warfen den Typen, den Kunden, auf den Rücksitz und fesselten ihn mit Klebeband. Ich trat die Rücklichter kaputt und raste los. Wir schafften es, aus Liggett Falls zu entkommen.
    Das alles war erst eine halbe Stunde her, auch wenn es mir wie Wochen vorkam.
    Und jetzt fuhren wir diesen Highway entlang und durch eine Million Kiefern hindurch. Direkt auf den Wächter zu.
    Winchester war dunkel.
    Ich verstehe nicht, warum Wochenendurlauber an Orte wie diesen kommen. Ich meine, mein alter Herr hat mich vor langer Zeit mit auf die Jagd genommen. Einige Male, es gefiel mir. Aber an solche Orte zu fahren, bloß um sich Blätter anzusehen und Möbel zu kaufen, die als Antiquitäten bezeichnet werden, auch wenn sie nur kaputter Schrott sind… ich weiß nicht.
    Einen Block von der Main Street entfernt fanden wir ein Haus mit einem Haufen Zeitungen vor der Tür. Ich fuhr die
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