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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger
Autoren: David Moody
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waren, rumpelten dahin und folgten dem befahrbaren Weg, der in dem Chaos geräumt worden war, wie die Waggons eines Zugs der Lokomotive auf den Schienen. Da sie immer noch die Firmenlogos und Werbeflächen der Unternehmen trugen, denen sie vor dem Krieg gehört hatten, wirkten sie durch die bunten Farben extrem auffällig und verwundbar im staubigen Grau, das alles andere bedeckte.
    Mark betrachtete die Rückseite einer Häuserzeile, die sie gerade passierten, und war überzeugt, dass er kurz eine Gestalt in hastiger Bewegung erblickt hatte. Da war sie wieder, man sah sie immer nur Sekundenbruchteile zwischen zwei Gebäuden, ein unvermittelter, blitzschneller und farbiger Schemen. Und als er gerade versuchte, die erste Figur wiederzufinden, tauchte eine zweite auf. Es war eine schlanke, mittelgroße Frau. Sie kletterte behände auf eine Geröllhalde, sprang auf eine Stelle verdorrten Grases, verlor kurz den Halt, richtete sich wieder auf und rannte umso schneller weiter. Sie lief neben dem Konvoi her, sodass ihr Haar wie eine Mähne flog, und erreichte beinahe das Tempo der fünf Fahrzeuge. Mark zuckte auf dem Sitz zusammen, als ein Betonklumpen, von der anderen Straßenseite geworfen, die Tür der Lastwagens traf und das Fenster, durch das er hinausschaute, nur um wenige Zentimeter verfehlte. Erschrocken warf er einen Blick in den Rückspiegel und sah, dass sie verfolgt
wurden. Sein Blickfeld war eingeschränkt, doch er entdeckte mindestens zehn Verfolger auf der Straße hinter dem Konvoi, die ihnen hinterherliefen. Die würden sie natürlich nie einholen, aber vielleicht ahnten sie, dass die Fahrzeuge bald anhalten würden? Sie liefen so hartnäckig und verbissen wie Spürhunde und wurden nicht langsamer, obwohl die Distanz zu der Fahrzeugkolonne sich zunehmend vergrößerte. Nervös sah Mark von einer Seite zur anderen und entdeckte immer mehr, die sich durch die Schatten der Straße näherten. Wegen ihrer hektischen, unberechenbaren Bewegungen war es schwer, ihre tatsächliche Anzahl zu schätzen. Es schienen Hunderte zu sein.
    Marshall kannte die Stelle, der sie sich näherten, noch von vor dem Krieg. Ein modernes Bürogebäude mitten in einem Industriegebiet außerhalb der Stadt, in das ihn sein Beruf in jenem anderen Leben bei zahllosen Gelegenheiten mit Zustellungen geführt hatte. Heute freute er sich, dass er nur folgte und nicht voranging. Hier draußen fiel es schwerer zu manövrieren, und er redete sich ein, dass sie in Wahrheit weiter vorstoßen mussten als geplant. Hier, jenseits des Sperrgebiets, sah alles so anders aus; nach Monaten unablässiger Kampfhandlungen wirkte die ganze Landschaft verwildert und verwüstet. Die Anzahl unbeschädigter Gebäude nahm ab, während Geröll und Trümmer proportional zunahmen. Und man sah mehr Tote. Manche waren stark verwest, von der Sonne ausgetrocknet oder zu Skeletten zerfallen, andere machten einen frischen Eindruck, als wären sie gerade erst abgeschlachtet worden. Mein Gott, dachte er bei sich, da er seine Ängste und Beobachtungen nicht laut aussprechen wollte, wie würde es hier in einigen Monaten aussehen? Schon jetzt wuchs überall Unkraut aus Rissen und Ritzen in Beton und Asphalt und an den Fassaden halb verfallener
Häuser hinauf, da keine städtischen Arbeiter ihm mehr mit Unkrautvernichter Einhalt geboten. Die jüngsten Regenfälle und die relative Hitze des Frühsommers taten das ihre und beschleunigten sowohl das Wachstum der Vegetation wie auch die Verwesung der Toten dramatisch. Alles schien inzwischen einen Grünstich zu haben, wie Schimmel, der verdorbenes Essen überzog. Die ganze Welt sah aus, als würde sie verfaulen, und der Gestank, der in der Luft lag, war unerträglich.
    Hoch über dem Konvoi der Lastwagen kippte der Helikopter plötzlich scharf nach rechts und ging tiefer. Mark beugte sich vor, verfolgte den hastigen Tiefflug und wusste, die plötzliche Kursänderung bedeutete, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Trotz seiner irrationalen Höhenangst wünschte sich Mark in solchen Augenblicken, er könnte den Feind aus der Entfernung erledigen, statt ihm in Augenhöhe gegenüberzutreten. Natürlich wurde nicht von ihm erwartet, dass er kämpfte, es sei denn, es ging nicht anders. Seine Aufgabe bestand schlicht und einfach darin, so viele Nahrungsmittel, Vorräte, Zivilisten, oder was immer sie gerade bergen wollten, in möglichst kurzer Zeit in den Lastwagen zu verfrachten. Aber er war nicht dumm. Er wusste, diese Einsätze waren
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